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Würzburg: Das Würzburger Domportal: Wie sich Fritz Koenig die Schöpfung vorstellte - und warum sich Weihbischof Ulrich Boom jetzt freut

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Das Würzburger Domportal: Wie sich Fritz Koenig die Schöpfung vorstellte - und warum sich Weihbischof Ulrich Boom jetzt freut

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    Die "Schöpfung" auf dem Portal des Würzburger Doms im Nachmittagslicht: Weitere Schöpfungen von Fritz Koenig zeigt die Ausstellung im Museum am Dom anlässlich des 100. Geburtstags des Künstlers.
    Die "Schöpfung" auf dem Portal des Würzburger Doms im Nachmittagslicht: Weitere Schöpfungen von Fritz Koenig zeigt die Ausstellung im Museum am Dom anlässlich des 100. Geburtstags des Künstlers. Foto: Thomas Obermeier

    Die Freude war Ulrich Boom im Museum am Dom (MAD) ins Gesicht geschrieben. Der Würzburger Weihbischof im Ruhestand, der sich gerade von einem Herzinfarkt erholt, schätzt den Künstler Fritz Koenig sehr. 1924 wurde Koenig in Würzburg geboren. Er lebte aber seit seiner Kindheit im Süden Bayerns, in Landshut. Zum 100. Geburtstag widmet das MAD dem 2017 gestorbenen Bildhauer eine Kabinettausstellung: "Schöpfungen". Sie sei auf Anregung Booms entstanden, sagt Jürgen Emmert, Leiter der Abteilung Kunst der Diözese, er habe sie "bereits zum 90. Geburtstag angemahnt".

    Im kleinen abgetrennten Raum im hinteren Teil des Museums können Besucherinnen und Besucher in intensive Zwiesprache mit einigen Schöpfungen des Künstlers treten: etwa mit dem "Paar" (1958) aus Bronze, das so ineinander verschmolzen ist, dass es nur drei Beine hat. Auch "Tanzendes Paar" (1991) zeigt diese Innigkeit. Alle Exponate sind Leihgaben der Fritz-und-Maria-Koenig-Stiftung, Landshut.

    Ulrich Boom, Würzburger Weihbischof im Ruhestand, in der Ausstellung "Schöpfungen" mit Werken von Fritz Koenig im Museum am Dom. Rechts ist die Bronzeskulptur "Paar" aus dem Jahr 1958 zu sehen.
    Ulrich Boom, Würzburger Weihbischof im Ruhestand, in der Ausstellung "Schöpfungen" mit Werken von Fritz Koenig im Museum am Dom. Rechts ist die Bronzeskulptur "Paar" aus dem Jahr 1958 zu sehen. Foto: Kerstin Schmeiser-Weiß, POW

    Es besteht auch die Möglichkeit die "Kleine Säulenkaryatide I" ganz aus der Nähe zu betrachten und in Blickkontakt mit dem "Augenvotiv I" (1963) zu treten. Ebenso mit dem kleinen "Winkelepitaph IV für Ikarus" (1980) auf Eisen. Zu sehen ist keine Figur, nur zerschellte Teile, eine Kugel, Zylinderstäbe, Bogensegmente. Ein völlig abstraktes Werk. Laut Christoph Deuter, Kurator der Ausstellung, fällt es "aus der Reihe". Häufiger bewegte sich Koenig zwischen Figürlichem und Abstraktion.

    Studieren beziehungsweise "lesen" lass sich die faszinierenden "Mischwesen", die Fritz Koenig mit Bleistift zum "Paar" oder zum "Augenvotiv" auf Papier gezeichnet hat. Koenig hat sie einst als Begleitarbeiten, geschriebene Zeichnungen, Briefe beziehungsweise Mitteilungen an sich selbst bezeichnet.

    Das Kabinett wirkt zugleich wie ein räumlicher Schutz. Ein Gefühl, das zeitlebens auch Koenig für einen Teil seiner Werke formuliert hat. Helme seien es – wie etwa sein bekanntestes Werk, das sich in New York befindet: die monumentale "Kugelkaryatide N.Y." (1967-1971) beziehungsweise "The Sphere".

    Die Brunnenskulptur hat den Einsturz der Türme des World Trade Centers am 11. September 2001 erstaunlicherweise überstanden, wenn auch "versehrt", sagte Koenig damals. Obwohl in den Dimensionen groß, sei die "Kugel" auf der Plaza zwischen den Türmen aus einer Angst heraus entstanden, sich nicht behaupten zu können gegen "Goliath", wie Koenig die einst über 400 Meter hohen Türme bezeichnete.

    Das "Augenvotiv" in der Ausstellung erinnert an die Kugelkaryatide. Die Augenlider umschließen die Pupille wie eine Perle und scheinen aus der umgebenden Fläche förmlich hervorzubrechen. Seit dem monumentalen Werk für New York taucht laut Kurator Deuter die Kugel immer wieder im Werk Koenigs auf.

    Ein Augenleiden verarbeitete Fritz Koenig in der Arbeit "Augenvotiv"

    Auch das "Votiv 63" (1963) zeigt dieses von außen bedrängt Sein – in flächiger Ausführung: eine breit umrahmte Menschenfigur.  Deuter spricht von Ängsten und Einengung und zugleich davon, dass die Figur eingeschmolzen ist in die Umgebung. Zugleich stehen Votive für Notlagen, "um daraus errettet zu werden". Das zeige sich auch beim "Augenvotiv", denn Koenig habe ein Augenleiden gehabt, als er die Bronze schuf.

    Fritz Koenig legt seine Hand auf das Modell für die "Kugelkaryatide N.Y" (Archivfoto), auch "The Sphere" genannt. Die Brunnenskulptur stand auf der Plaza des World Trade Centers in New York bis zum 11. September 2001. Sie hat den Terroranschlag fast unbeschädigt überstanden und ist heute ein Denkmal.
    Fritz Koenig legt seine Hand auf das Modell für die "Kugelkaryatide N.Y" (Archivfoto), auch "The Sphere" genannt. Die Brunnenskulptur stand auf der Plaza des World Trade Centers in New York bis zum 11. September 2001. Sie hat den Terroranschlag fast unbeschädigt überstanden und ist heute ein Denkmal. Foto: Armin Weigel, dpa

    Nach der New Yorker "Kugel" gibt es ein weiteres bedeutendes Werk des international geschätzten Künstlers – in Würzburg. Täglich wird es von vielen Menschen passiert: das Portal des Kiliansdoms in dem es um die Schöpfung an sich geht.

    Im kleinen Kabinett ist dieses große Werk abgebildet. Daneben werden Stellen aus der Schöpfungsgeschichte der Bronzetür beziehungsweise den beiden Türflügeln und dem hohen Türsturz, dem Tympanon, zugeordnet. Danach ist ein anderer Blick auf das wenige Meter neben dem Museum befindliche Original möglich. Denn nicht allen erschließt sich sofort, was der Künstler erzählt. Viele sehen zunächst ein vielteiliges komplexes Relief aus Wellen, eckigen und gerundeten Erhebungen und tiefen Einkerbungen.

    Szenen der "Schöpfung" auf dem Domportal werden in der Ausstellung zugeordnet

    Wer genauer hinschaut, entdeckt auch Menschenfiguren – und ganz oben eine Hand. Es ist die Hand Gottes. Im Buch Genesis steht: "Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde … und Gottes Geist schwebte über dem Wasser." Koenig stellt diese Szene mit bauschigen Wolken, Wellen und eckigen Steinen dar. Rechts unten ist ein Menschenpaar zu sehen, das aus dem Relief hinausläuft: die Vertreibung aus dem Paradies.

    Das Portal des Würzburger Doms: Was sich der Künstler Fritz Koenig zur Schöpfung überlegt hat, zeigt eine Ausstellung im Museum am Dom. Im Bild Kurator Christoph Deuter.
    Das Portal des Würzburger Doms: Was sich der Künstler Fritz Koenig zur Schöpfung überlegt hat, zeigt eine Ausstellung im Museum am Dom. Im Bild Kurator Christoph Deuter. Foto: Thomas Obermeier

    Kurator Deuter ermöglicht auch Einblicke in die Entwürfe zum Domportal. 1962 wurde ein Künstlerwettbewerb ausgerichtet. Zu sehen ist der Entwurf von Koenig samt der geplanten, aber nicht ausgeführten Windfangtüre. Ebenso die Ideen von Albert Schilling und Otto Sonnleitner. Der emeritierte Weihbischof Boom erinnert sich, dass es wegen Koenig Diskussionen im Domkapitel gab. Er war Protestant. Aber er erhielt den Auftrag.

    Fritz Koenig hatte distanziertes Verhältnis zu seiner Geburtsstadt

    Möglicherweise war sich auch der Künstler selbst nicht sicher, ob er sich an dem Wettbewerb beteiligen solle. Er blieb zeitlebens auf Distanz zu seiner Geburtsstadt. Sein Vater Maximilian Koenig gehörte zur Familie des Druckmaschinenherstellers Koenig & Bauer in Oberzell bei Würzburg. Fritz ist der Ururenkel von Friedrich Koenig, dem Erfinder der Schnellpresse.

    Als Fritz fünf Jahre alt war, zog seine Mutter nach Landshut. Der neue Mann der Mutter soll ihn öfter geschlagen haben, heißt es. Als junger Mann kam er im Zweiten Weltkrieg an die Ostfront und wurde verwundet.  Auch diese Erfahrung, die Fragilität der menschlichen Existenz, beeinflusste sein künstlerisches Werk.

    Die Sonderausstellung "Schöpfungen. Das Domportal und sein Künstler Fritz Koenig" im Würzburger Museum am Dom ist bis 14. Juli zu sehen: Dienstag bis Sonntag 12 bis 17 Uhr. Informationen zum Begleitprogramm für alle Altersgruppen gibt es im Internet: www.museum-am-dom.de

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