Er hatte sich im vergangenen Jahr auf einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Würzburg geweigert eine Maske zu tragen - und der Polizei bei der Kontrolle ein Attest vorgezeigt. Nachdem die Polizeibeamten schnell Zweifel an der Echtheit des Dokuments gehabt hatten, musste sich der Demo-Teilnehmer nun wegen Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse vor dem Würzburger Amtsgericht verantworten. Dies bestätigte der stellvertretende Amtsgerichts-Direktor Jürgen Reiher auf Anfrage.
Geheimtipp: Atteste aus Freiburg
Im Mittelpunkt des Prozesses stand das angebliche Attest der Praxis "Seelenfrieden". Der angeklagte 47-Jährige "wird in meiner Praxis ärztlich betreut", versichert in dem Dokument eine "Dr. Ursula Müller". Im Internet kursieren unter Gegnern der Corona-Maßnahmen Lobeshymnen über die angebliche Medizinerin aus Freiburg: Mit dem Attest "habe ich jetzt auch einen Joker in der Tasche, wenn mich Befehlsempfänger schikanieren wollen", heißt es da beispielsweise.
Im Telefonbuch indes ist unter dem Namen "Dr. Ursula Müller" keine Praxis in Freiburg zu finden. Und die schnelle Recherche im Internet führt unter der Praxis-Adresse zu einer Buchhandlung. Über diese gelangt man zur Hausverwaltung, die von keiner Dr. Ursula Müller in ihren Räumen weiß.
Ein Fall von Betrug, bei dem mit falschen Attesten Kasse gemacht wird? In der Initiative "Eltern stehen auf", die - "maskenfrei, abstandsfrei" - vielfach zum Protest und zu Demonstrationen in Würzburg aufgerufen hat, sei die Praxis als Geheimtipp weitergereicht worden, so der Angeklagte vor Gericht. Der 47-Jährige gab an, er habe das Attest bis zu der Anzeige für echt gehalten.
Überweisung nach Teneriffa
Seit einem Badeunfall als Jugendlicher gerate er schnell in Panik, wenn er Mund und Nase bedecken müsse, so die Erklärung des 47-Jährigen vor dem Amtsrichter. Er habe sich zwar gewundert, dass er für das Attest nicht zum Arzt musste und das Ausfüllen eines Internet-Formulars ausgereicht habe. Und die verlangten 61 Euro habe er nicht nach Freiburg, sondern auf ein Konto in Puerto de la Cruz auf Teneriffa überweisen müssen.
Im Deutschen Ärztehaus auf Teneriffa heißt es: "Die Dame ist hier nicht bekannt". Die E-Mail-Adresse der angeblichen Psychologin, die auf ihrer Homepage von "Anamese" schreibt, ist nicht mehr erreichbar. Die Initiative „Eltern stehen auf“ antwortet auf die Nachfrage, wie viele ihrer Unterstützer Atteste bestellt hätten: Dazu "können wir keine Aussagen treffen, da wir nicht in diese Vorgänge involviert sind".
Richter reduzierte die Strafe
Der 47-jährige Angeklagte bat wegen seiner finanziellen Situation um eine geringere Geldstrafe. Das Amtsgericht sei darauf eingegangen, so der Sprecher. Der Richter setzte sie von 1200 auf 450 Euro herab. Und ein zweiter Demonstrationsteilnehmer, der ohne Maske und mit Attest eines anderen Arztes unterwegs gewesen war, habe seinen Einspruch gegen einen Strafbefehl inzwischen zurückgezogen.