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Frickenhausen: Der Frost und seine Folgen für den Frankenwein: Winzer am Maindreieck bangen um Ertrag und Qualität

Frickenhausen

Der Frost und seine Folgen für den Frankenwein: Winzer am Maindreieck bangen um Ertrag und Qualität

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    An einer Silvanerrebe zeigt Winzer Matthias Stumpf aus Frickenhausen die Folgen der Aprilfröste. Während eine Traube bereit fast erbsengroße Beeren hat, blüht die andere gerade erst.
    An einer Silvanerrebe zeigt Winzer Matthias Stumpf aus Frickenhausen die Folgen der Aprilfröste. Während eine Traube bereit fast erbsengroße Beeren hat, blüht die andere gerade erst. Foto: Gerhard Meißner

    Zwei Frostnächte Ende April haben in den Weinbergen rund um das Maindreieck großen Schaden angerichtet. Nun stehen die Winzerinnen und Winzer vor einem weiteren Problem: Als Folge des Frosts befinden sich die jungen Trauben inzwischen in sehr unterschiedlichen Wachstumsstadien. Dem geringeren Ertrag steht ein erheblich höherer Arbeitsaufwand gegenüber. Hinzu kommt der Mehltau, dessen Ausbreitung durch das feuchtwarme Wetter begünstigt wird. "Es wird noch ein spannendes Jahr", sagt Matthias Stumpf vom Frickenhäuser Weingut Bickel-Stumpf.

    Februar und März waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, sagt Daniel Heßdörfer, promovierter Önologe an der Landesanstalt von Wein- und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim. "Die Rebe reagiert sofort darauf, und beginnt zu treiben." Rund drei Wochen habe der Vegetationsvorsprung betragen, bevor das Thermometer in der Nacht zum 23. April auf bis zu minus vier Grad sank. Vor allem die zarten Triebspitzen und Blütenstände der Reben - die sogenannten Gescheine - erfroren und starben ab. Ähnlich starken Spätfrost hatte es zuletzt 2011 gegeben.

    Weinreben schalten nach dem Frost in den Notfallmodus

    Die Weinrebe gilt als Überlebenskünstlerin und weiß sich gegen solche Unbilden zu wehren. Sie aktiviert ihren Notfallmodus und entwickelt aus den sogenannten Beiaugen neue Triebe, sagt Daniel Heßdörfer. Allerdings entwickeln die sich entsprechend später und bilden weniger oder gar keine Gescheine. Auch die sogenannten Geiztriebe aus den Blattachseln schießen in einer solchen Situation besonders kräftig ins Kraut.

    Das bestätigte Thomas Schenk, Biowinzer aus Randersacker. Eine seiner Toplagen am Marsberg hat der Frost besonders schlimm getroffen. "Die Stöcke werden zwar wieder grün, aber es hängen keine Trauben dran", sagt er. Überhaupt falle auf, dass vor allem gute Steillagen geschädigt wurden. Normalerweise fließe dort in Frostnächten die kalte Luft schnell ab und sammle sich in Kaltluftsenken. "Das Gemeine war, dass es vor allem die guten Ecken erwischt hat", sagt auch Matthias Stumpf.

    Ein Gescheine im Knopsenstadium hinkt der Hauptblüte rund 20 Tage hinterher.
    Ein Gescheine im Knopsenstadium hinkt der Hauptblüte rund 20 Tage hinterher. Foto: Gerhard Meißner

    Die feuchtwarme Witterung zurzeit begünstigt das Wachstum, aber auch die Verbreitung von Pilzkrankheiten wie den Falschen Mehltau (Peronospera). "Der Pflanzenschutz ist deshalb in diesem Jahr sehr aufwändig", sagt Önologe Heßdörfer. Er rät den Winzern zum moderaten Entblättern der Traubenzone auf der sonnenabgewandten Seite. Das sorgt für Durchlüftung und bremst den Mehltau, birgt aber auch Risiken. "Wenn es wieder eine Hitzeperiode gibt, brauchen wir die Blätter, damit die Trauben keinen Sonnenbrand bekommen", sagt Matthias Stumpf.

    An einem Rebstock hängen drei Generationen von Trauben

    Die unterschiedlichen Wachstumsstadien, in denen sich die Reben befinden, demonstriert Stumpf in einer Silvaneranlage an der Frickenhäuser Geheusteige. "Wir haben drei Generationen von Trauben an einem Stock", sagt er. Diejenigen, die den Frost überstanden haben, tragen bereits erbsengroße Beeren, andere stehen gerade in der Blüte und die zuletzt getriebenen befinden sich noch im Knopsenstadium. Den Unterschied zwischen den beiden Extremen schätzt Stumpf auf 20 Vegetationstage.

    Das macht die Lese im Herbst kompliziert, weil weder unreife noch überreife Trauben in Wein gelangen sollen. Deshalb sei die Lese mit dem Vollernter kaum möglich, so Daniel Heßdörfer. "Vermutlich werden wir zwei- oder sogar dreimal in jeden Weinberg müssen", schätzt Matthias Stumpf. "Es wird schwierig, den Lesehelfern zu erklären, welche Trauben runter sollen und welche noch nicht."

    Die Weinlese erfordert heuer Erfahrung und ein geschultes Auge

    Thomas Schenk macht sich über die Lese keine Gedanken. "Durch unsere steilen Weinberge sind wir es ohnehin gewohnt, von Hand zu lesen." Er vertraue dabei auf ein eingespieltes Team von erfahrenen Helfern. "Mit der Zeit kriegt man ein Auge dafür, welche Trauben reif sind", sagt Schenk, "und wer neu hinzukommt, der muss eben probieren, probieren, probieren."

    Frostschäden am Frickenhäuser Kapellenberg am Morgen des 23. April. Die Reben reagieren darauf mit neuen Trieben.
    Frostschäden am Frickenhäuser Kapellenberg am Morgen des 23. April. Die Reben reagieren darauf mit neuen Trieben. Foto: Gerhard Meißner (Archivbild)

    Schwieriger werde es für sein kleines Weingut, mit den Ertragseinbußen zurechtzukommen, so Schenk weiter. Auf mindestens 60 Prozent schätzt er den Verlust. "Was echt gut ist, sind die vielen Hilfsangebote, die ich bekommen habe", fährt er fort. Befreundete Biowinzer hätten ihm Trauben angeboten, damit er genügend Wein für seine Kunden produzieren kann. Revanchieren könne er sich im nächsten Jahr. 

    Auf "Minimum 60 Prozent" schätzt auch Matthias Stumpf die Ertragseinbuße. Die zwölf Hektar Rebfläche des Weinguts liegen in Frickenhausen und Thüngersheim. Die beiden entfernten Standorte seien immer ein Vorteil gewesen, weil der Frost selten beide erwischt habe. Diesmal jedoch seien die Schäden überall gleich hoch.

    Zumindest für die Qualität des Jahrgangs ist noch nichts verloren

    Offen bleibt, ob wenigstens die Qualität des Jahrgangs stimmen wird. "Der entscheidende Punkt ist die Lese", meint Matthias Stumpf. Daniel Heßdörfer bleibt optimistisch. "Was die Qualität angeht, ist noch alles offen", sagt er. "Doch der Winzer muss viel Fingerspitzengefühl walten lassen; jetzt werden die Stellschrauben für die spätere Qualität des Weins gedreht." Allerdings geht Heßdörfer davon aus, dass sich Frostschäden durch den immer früheren Austrieb in Zukunft häufen werden. "Das Problem wird durch den Klimawandel verstärkt."

    Tag der offenen Tür in der LWG

    Tag der offenen Tür in der LWGDie Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) lädt am Sonntag, 7. Juli, von 9 bis 17 Uhr an den Standorten Veitshöchheim und Thüngersheim zum Tag der offenen Tür ein. Neben dem Weinbau steht dabei auch der Obst- und Gemüseanbau, die Imkerei und der Zierpflanzenbau im Fokus.Quelle: LWG

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