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WÜRZBURG: Der Kampf gegen den Krebs

WÜRZBURG

Der Kampf gegen den Krebs

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    Darmkrebs – nach Lungenkrebs beim Mann und Brustkrebs bei der Frau die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache hierzulande – ist nicht nur gut behandelbar. Er ist heilbar – wenn er rechtzeitig erkannt wird. An diesem Samstag, 20. März, laden das Darmzentrum und das urologische Zentrum des Würzburger Universitätsklinikums zu einem Tag der offenen Tür ein. Ein Gespräch mit Professor Dr. Christoph-Thomas Germer, seit 2008 Direktor der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie des Uniklinikums, über den Kampf gegen Krebs, über Niederlagen und Siege.

    Frage: Sie leiten das zertifizierte Darmzentrum an der Würzburger Uniklinik. Wie wichtig sind solche Zentren für die Patienten?


    Prof. Dr. Christoph-Thomas Germer: Das Konzept der zertifizierten Zentren, das von der Deutschen Krebsgesellschaft erstellt worden ist, ist ein Teil des nationalen Krebsplanes. Ziel war, das Behandlungsergebnis bei den fünf häufigsten Tumoren, das sind Darm-, Haut-, Brust-, Prostata- und Lungenkrebs, an denen die meisten Menschen sterben hierzulande, zu verbessern. Ganz wesentlicher Bestandteil dieser Zentren ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, sie ist heute in der Behandlung von Krebserkrankungen unverzichtbar.

    An Darmkrebs erkranken jedes Jahr etwa 70 000 Menschen neu.


    Germer: Stimmt, das ist einmal das Olympiastadion in Berlin voll, und die Hälfte davon stirbt. Für viele Krebserkrankungen, und da ist der Darmkrebs ein ganz wichtiges Beispiel, ist es erforderlich, dass unterschiedliche Disziplinen zusammenarbeiten und nicht nur per Brief oder E-Mail kommunizieren, sondern sich an einen Tisch setzen und gemeinsam über den Patienten sprechen. Das ist das Herz dieses Darmzentrums, dieses gemeinsame Tumorboard, das gemeinsame Analysieren und Behandeln des Patienten. Und da muss man sich als Chirurg auch einordnen können.

    Chirurgen eilt der Ruf voraus, bisweilen ein sehr eigenes Selbstverständnis zu haben. Ein Klischee?


    Germer (lächelt): Ich glaube, dass in der neuen Generation dieses – ihrem Unterton entnehme ich – etwas überhebliche Selbstverständnis anders geworden ist. Hoffe ich jedenfalls. Auch dass man sich im Tumorboard als Chirurg eben einordnen muss, trägt dazu bei, dass diese von Ihnen so höflich angesprochene Hybris der Chirurgen in der neuen Generation abnimmt, weil man erkennt, dass man nicht mehr Mister Allheilmittel ist, sondern ein Rad in dem Getriebe, das funktionieren muss, und nur wenn das gesamte Getriebe funktioniert, funktioniert der Motor, sprich: Es kann dem Patienten geholfen werden.

    Ist die Behandlung in einem Krebszentrum Erfolg versprechender als die außerhalb eines Zentrums?


    Germer: Für die Darmzentren ist es zwar noch nicht belegt, weil es sie noch nicht lange genug gibt, aber für die Brustzentren ist nachgewiesen, dass die Qualität der Versorgung tatsächlich besser ist. Brustzentren gibt's schon länger, nun wurde erstmals belegt, dass Patientinnen, die in Brustzentren behandelt worden sind, eine bessere Überlebensrate haben als Patientinnen, die außerhalb behandelt worden sind. Und das wird für die Darmzentren langfristig vermutlich auch belegbar sein.

    Was hat Sie an der Chirurgie fasziniert?

    Germer: Die unmittelbare Konfrontation mit den eigenen Erfolgen, leider natürlich auch mit den Misserfolgen. Diese sehr konkrete Folge Deiner manuellen und intellektuellen Tätigkeit. Man kann Menschen sehr gut helfen. Man kann ihnen aber auch sehr schaden. Und damit muss man leben lernen.

    Wie lernt man damit zu leben, erfolglos zu operieren, im schlimmsten Fall den Patienten unter den eigenen Händen sterben zu sehen?


    Germer: Das ist nicht einfach. Niederlagen hat jeder Chirurg in seinem Leben erfahren müssen, jeder. Furchtbare Niederlagen, und zwar unabhängig vom Ausbildungsstand. Die hat man als Anfänger und später auch . . .

    Niederlage heißt Tod des Patienten?


    Germer: Es muss nicht immer gleich der Tod sein, belastende Komplikationen sind auch Niederlagen, oder einfach Situationen, bei denen das Ergebnis nicht so ist, wie man sich das vorgestellt hat.

    Und wie geht man damit um? Geht ins Kämmerchen und macht 'ne Flasche guten Wein auf?

    Germer (lacht): Nein, das ist genau der falsche Weg. Wir haben an der Uni-Klinik eine sogenannte „M&M-Konferenz“, eine „Morbidity&Mortality-Konferenz“, da werden alle Komplikationen und Todesfälle, die in einem gewissen Zeitraum eingetreten sind, aufgearbeitet, anhand der Unterlagen, der Röntgenbefunde, der pathologischen Befunde. Um zu sehen, ob wir an irgendeiner Strecke des Weges einen Fehler gemacht haben. Im Nachhinein ist man immer klüger, das gilt natürlich auch in der Medizin. Wichtig ist im Umgang mit Komplikationen und Niederlagen, sich nicht mit der Flasche Wein ins Kämmerchen zu setzen, sondern Transparenz zu schaffen und aus den Fehlern zu lernen.

    Sie sprechen von Niederlagen. In Ihrem Beruf sollten, ja müssen Siege die Selbstverständlichkeit sein.

    Germer: Genau, die Wahrscheinlichkeit, dass der Sieg eintritt, muss immer größer sein, und das ist sie ja in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle auch. Aber je ernster die Erkrankung ist, je lebensbedrohlicher, ein umso höheres Risiko muss man eingehen, um die Chance zu nutzen, dem Menschen zu helfen.

    Welche war Ihre schwierigste OP?

    Germer: Das kann ich Ihnen so gar nicht sagen.

    Es gab doch aber bestimmt bemerkenswerte Operationen, nach denen Sie so richtig stolz waren, weil Ihnen etwas Außergewöhnlicheres gelungen ist?

    Germer: Das kann ich so wirklich nicht sagen. Das würde auch eine ungerechte Wertigkeit hineinbringen. Es ist ganz ganz wichtig, dass man jede Operation mit großer Liebe und großem Engagement macht. Ob das nun der Leistenbruch ist oder die Lebertransplantation – das mag in der Außenwirkung einen Unterschied machen, aber man muss beides mit der technischen Akkuratesse und entsprechendem Engagement machen.   Weil für den Betroffenen die Erkrankung, die er in dem Moment hat, die schlimmste auf der Welt ist. Für Sie ist es vollkommen egal, ob Ihr Zimmernachbar eine neue Leber bekommen hat. Wenn Sie zu mir kommen mit einem eingewachsenen Zehennagel, dann ist es das, was Sie am allermeisten belastet. Und wenn der nicht vernünftig versorgt wird, dann bin ich für Sie kein guter Chirurg, und ich kann dann von mir auch nicht sagen, dass ich ein guter bin.

    Tag der offenen Tür

    „Würzburg gegen Darmkrebs – Vorsorge, Früherkennung, Heilung“ sowie „Männer-Gesundheit“: Unter diesen Mottos laden das zertifizierte Darmzentrum und das urologische Zentrum des Würzburger Universitätsklinikums an diesem Samstag, 20. März, ab 10 Uhr zu einem Tag der offenen Tür ein. In den Hörsälen im Zentrum für Innere Medizin (ZIM), Oberdürrbacher Straße 6, halten Experten auch für Laien verständliche Vorträge über aktuelle Diagnostik, Therapien und Nachsorge bei Erkrankungen des Darms und der Prostata. An Info-Ständen besteht außerdem die Möglichkeit für Diskussionen mit den Experten.

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