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WALDBÜTTELBRUNN: Destillationsanlagen für Rohöl und mehr

WALDBÜTTELBRUNN

Destillationsanlagen für Rohöl und mehr

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    Text Foto: Thomas Obermeier

    Am Alkohol kommen die drei Geschäftsführer von Iludest nicht vorbei. Die Abnehmer der Destillationsanlagen der Waldbüttelbrunner Firma finden sich aber überwiegend in der (Petro-)Chemie. Trotzdem liegt bei Betriebsführungen die Frage nach dem Schnapsbrennen natürlich auf der Hand, verrät Udo Interwies, neben Hans Lebahn und Stefan Opis einer der drei Chefs.

    Die Antwort kommt nüchtern und sachlich: „Schnaps brennen wäre zwar prinzipiell und mit einigen Einschränkungen möglich. Dennoch würde niemand Brenngeräte bei uns nachfragen“, sagt Interwies – was bei Preisen von 10 000 Euro aufwärts für eine Apparatur auch nicht weiter verwundert. Stefan Opis ergänzt: „Trotzdem müssen wir jede Lieferung unserer Produkte für die Destillation dem Zollamt melden.“

    Angesichts einer Exportquote von 60 bis 70 Prozent spielt der Zoll auch sonst eine große Rolle im Tagesgeschäft von Iludest. Doch eine andere Behörde ist für den mittelständischen Betrieb aus dem Waldbüttelbrunner Gewerbegebiet fast noch wichtiger: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz BAFA, das in Eschborn bei Frankfurt seinen Sitz hat. „Unsere Anlagen und Komponenten unterliegen aufgrund ihrer Konstruktion und Materialbeschaffenheit der Ausfuhrkontrolle“, sagt Opis.

    Die Firma Iludest in Waldbüttelbrunn konstruiert Destillationsanlagen für die ganze Welt. Hier testet gerade Ingenieur Andreas Balmer eine der ausgeklügelten Anlagen, mit denen auch undefinierbare Gemische feinsäuberlich in ihre Bestandteile zerlegt werden können.
    Die Firma Iludest in Waldbüttelbrunn konstruiert Destillationsanlagen für die ganze Welt. Hier testet gerade Ingenieur Andreas Balmer eine der ausgeklügelten Anlagen, mit denen auch undefinierbare Gemische feinsäuberlich in ihre Bestandteile zerlegt werden können. Foto: Fotos: Thomas Obermeier

    Die Anlagen werden in etwa 60 Länder weltweit geliefert – häufig auch in den Nahen Osten. Eben überall dorthin, wo das Öl sprudelt.

    Zu den Zielregionen zählt bald auch wieder der Iran. „Aufgrund des Embargos ging dorthin in den letzten Jahren überhaupt nichts“, erklärt Opis. Nach der kürzlich erfolgten Lockerung wird sich das nun ändern. „Wir haben unsere Beziehungen in den Iran glücklicherweise nie abreißen lassen und können nun wieder darauf aufbauen.“

    Mit den Destillationsanlagen aus Waldbüttelbrunn ist es möglich, Öl feinsäuberlich in seine Fraktionen zu trennen. Auch aus dem fast schon undefinierbaren Gemisch, das teilweise beim Fracking aus dem Boden geholt wird, können die Ingenieure von Iludest brauchbaren Wertstoff, sprich reine Ölfraktionen wie Benzin und Diesel, machen – teilweise bei Temperaturen von deutlich über 600 Grad Celsius.

    Doch die Abhängigkeit von diesem Rohstoff ist seit einiger Zeit eher Fluch als Segen. Es vergeht kein Tag, an dem Opis nicht die Notierung der einschlägigen Ölsorten am Bildschirm verfolgt. Der massive Einbruch des Ölpreises hat dazu geführt, dass viele Erdölförderer wegen massiver wirtschaftlicher Turbulenzen ihre Investitionen zurückgefahren haben. Teilweise haben sie den Geschäftsbetrieb sogar ganz eingestellt. Während sich die Autofahrer in diesen Tagen freuen, wirkt sich der Rückgang des Ölpreises auf das Geschäft von Iludest negativ aus. Die Umsätze sind in diesem Geschäftsbereich im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. Der teils satte Zuwachs in den anderen Bereichen konnte dies nicht ganz ausgleichen.

    Die Geschäftsführer Udo Interwies (links) und Stefan Opis sind Tüftler und Kaufleute.
    Die Geschäftsführer Udo Interwies (links) und Stefan Opis sind Tüftler und Kaufleute. Foto: Thomas Obermeier

    „Die Petrochemie“, sagt Opis, „macht den Löwenanteil unseres Geschäftes aus.“ Jetzt ist der Geschäftsführer weniger der Tüftler als vielmehr ganz Kaufmann. „Wenn der Ölpreis auf diesem niedrigen Niveau bleibt, müssen wir reagieren und uns entsprechend anpassen“, gibt Opis zu bedenken, auch wenn der Preis für ein Barrel zuletzt wieder angezogen hat und Iludest zudem in anderen Bereichen wie der Pharmazie aktiv ist. Das Unternehmen stattet auch Forschungseinrichtungen und (Hoch-)Schulen mit Destilliergeräten aus.

    „Wir bieten bei unseren Paketen die komplette Bandbreite an – angefangen bei der Destillation einer Probe, über die Herstellung, Montage und Inbetriebnahme der Anlage bis hin zum After-Sales-Service für die Lebensdauer der Apparaturen“, erläutert Opis.

    Auch der Ersatzteilbereich werde immer wichtiger, da viele Anlagen nun schon mehr als 25 Jahre an Ort und Stelle im Einsatz seien.

    In den Jahren vor dem Einbruch des Ölpreises kannte der Unternehmenserfolg nur einen Weg, den nach oben. „Durch die stetig wachsende Mitarbeiterzahl saßen wir in unserem bisherigen Gebäude fast aufeinander. Deswegen haben wir 2014/15 angebaut“, berichtet Opis.

    In der neuen Halle können bis zu sieben Meter hohe Destillieranlagen aufgebaut werden. Doch auch diese Höhe reicht nicht immer. Erst kürzlich wurde wieder mal eine Anlage draußen im Freien montiert. Die Witterung ist dabei in den hiesigen Breitengraden überhaupt kein Problem: Schließlich müssen die Anlagen viele Jahre unter freiem Himmel laufen, auch in der Wüste Saudi-Arabiens.

    Testläufe auf dem Betriebsgelände über mehrere Wochen sind Usus. Die teuersten Anlagen kosten so viel wie ein solides Einfamilienhaus in Stadtnähe und fassen bis zu 6000 Liter der zu destillierenden Flüssigkeit. „Da darf nichts schief gehen. Die Qualität ist ohnehin unser höchstes Gut“, bemerkt Opis.

    Auch aus kalkulatorischer Sicht mache dieses Credo Sinn, betont der Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb: „Man stelle sich nur mal vor, eine unserer Anlagen irgendwo auf der Welt hat eine Betriebsstörung. Wenn wir sofort ein Serviceteam dorthin schicken würden, wäre der Ertrag zumindest bei den kleineren Anlagen schnell aufgebraucht.“

    Die Lösung: Ein dichtes Netz an weltweiten Vertretungen und Fernwartung via Internet. Bei einem so hochspezialisierten Produkt kann man eben nicht den Handwerker um die Ecke zur Reparatur anrücken lassen.

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    Text Foto: Thomas Obermeier

    „Wir befinden uns in einem absoluten Nischenmarkt. Es gibt weltweit nur eine Handvoll Konkurrenten“, sagt Opis. Iludest habe sich in der thermischen Verfahrenstechnik längst einen Namen gemacht. Die deutschen Chemieriesen BASF, Bayer und Linde zählen laut Opis zum Kundenstamm – genau wie brasilianische, chinesische, koreanische und mexikanische Ölkonzerne.

    „Mit unseren Anlagen kann man auch Gemische destillieren, deren Substanzen ähnliche Siedepunkte haben“, erklärt der gelernte Glasapparatebauermeister einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Dazu würden für die Kunden komplette, schlüsselfertige Systeme projektiert und geliefert.

    Sobald eine neue Problemstellung zur Trennung eines Gemisches in der Firma eingegangen ist, wird getüftelt, was das Zeug hält. „Nur in ganz wenigen Fällen müssen wir passen. Dann ist die Destillation oft aber auch nicht das richtige Verfahren“, weiß Opis. Die Akademikerquote unter den 30 Mitarbeitern liegt bei über 30 Prozent. „Wir sind eher ein produzierendes Ingenieurbüro als ein typischer Anlagenhersteller.“

    Auch wenn die einzelnen Komponenten – mit Ausnahme der Steuerung – nicht bei Iludest gefertigt werden, kommen sie nach eigenen Vorgaben überwiegend von Zulieferern aus der Region.

    Viel Technik gehört bei der Firma Iludest dazu.
    Viel Technik gehört bei der Firma Iludest dazu. Foto: Thomas Obermeier

    Bei allen Verwerfungen an den Ölmärkten gab es im vergangenen Jahr auch jede Menge Grund zu feiern. Denn das 1990 von Interwies und Lebahn ins Leben gerufene Unternehmen existiert seit 25 Jahren.

    Das vielleicht schönste Geschenk stand in keinem direkten Zusammenhang mit dem Jubiläum. Auf der internationalen Leitmesse der Prozessindustrie (Achema) ist das Unternehmen schon zum zweiten Mal mit einem Innovationspreis ausgezeichnet worden.

    Darüber hinaus gab es 2015 noch eine bedeutende Veränderung in der Unternehmensstruktur. Die 2001 gegründete Tochter i-Fischer Engineering mit Schwerpunkt Petrochemie, ist mit Iludest verschmolzen worden. „Es war uns wichtig, dass wir alle unsere Leistungen aus einer Hand anbieten“, sagt Opis: Denn die drei Geschäftsführer haben auch die Nachfolgeregelung schon im Blick.

    Die Braut, die ganz ohne Alkohol auskommt, sie ist nun also ordentlich aufgehübscht.

    Iludest

    Firma: Iludest Destillationsanlagen GmbH
    Standort: Dachdeckerstr. 1, 97297 Waldbüttelbrunn
    Gründungsjahr: 1990
    Mitarbeiterzahl: 30
    Umsatz: 3 bis 5 Millionen Euro;
    Hauptprodukte: Destillationsanlagen, auch nach internationalen Standards, z.B. ASTM D2892, D5236 und D1160
    Gesellschafter: Udo Interwies, Hans Lebahn, Stefan Opis
    Homepage: www.iludest.de, www.i-fischer.de

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