Mit Pinsel, Eimer und weißen Maler-Klamotten fühlt sich Wilma Trigatti am wohlsten. Und das, obwohl sie aus purem Zufall eine Ausbildung als Maler- und Lackiererin begonnen hat. "Eigentlich hatte ich mich auf Stellen als Justizvollzugsbeamtin beworben", sagt sie. Am Ende sollte es mit dem Beamtenjob nicht klappen. Heute ist die 20-Jährige froh darüber, denn der Handwerksjob ist für sie zur echten Leidenschaft geworden.
Ihre Ausbildung hat Trigatti mit der Bestnote 1,2 abgeschlossen, gewann den Kammernwettbewerb der Handwerkskammer Unterfranken und durfte im Oktober zum Landeswettbewerb der Maler- und Lackierer in Bayern fahren. Dort musste sie sich in verschiedenen Aufgabenfeldern wie Farben mischen, tapezieren, lackieren und einer Kreativ-Aufgabe beweisen. Am Ende setzte sich die junge Frau aus Eßfeld (Lkr. Würzburg) gegen vier andere durch. Für ein Jahr darf sie sich "beste Maler- und Lackiererin aus Bayern" nennen.

Wilma Trigatti besucht Meisterschule in Würzburg und bildet sich weiter
Der Weg dahin war eine echte Zitterpartie. "Ich war mir wirklich unsicher, ob ich gewinne", erinnert sich die 20-Jährige. Bei der Kreativ-Aufgabe entschied sich Trigatti, passend zum Thema "Handwerk und Künstliche Intelligenz", mit einer Airbrush-Technik ein aufwendiges Wabenmuster auf die Wand zu sprühen. Dabei habe sie sich an einer Stelle vermessen und den Fehler erst bemerkt, als sie die Farbe bereits aufgetragen hatte. "Ich musste die Stelle dann übertupfen. Sowas ist immer sehr schwer zu kaschieren", erklärt sie. Dennoch habe sie bis zum Ende alles gegeben und das wurde belohnt.

Seit September dieses Jahres besucht die 20-Jährige täglich die Meisterschule in Würzburg. Dort bildet sie sich in den Bereichen Betriebswirtschaftslehre, Recht und Fachtheorie weiter. Ob sie danach ihren eigenen Betrieb eröffnen, oder sich bei einer Firma auf eine Führungsposition bewerben will, weiß sie noch nicht. Weil das Handwerk viele Weiterentwicklungsmöglichkeiten biete, wirbt sie für den Beruf. "Junge Leute, sollten einfach mal ein Praktikum machen und sich ausprobiere."
Azubi-Gehälter im Handwerk deutlich unter denen anderer Berufsgruppen
Dass der Berufszweig nach wie vor ein Nachwuchsproblem habe, sei nicht wegzudiskutieren. Sie wünscht sich auch politische Unterstützung, um die Branche attraktiver zu gestalten. Ein wichtiger Punkt sei dabei das Gehalt. Maler- und Lackierer-Azubis verdienen nach Tarifvertrag im ersten Ausbildungsjahr 800 Euro pro Monat. Damit liegen sie beispielsweise deutlich unter den Gehältern im Einzelhandel. Dort verdienen Azubis nach Tarifvertrag im ersten Lehrjahr 1060 Euro (ab 1. September 2024, davor 1010,88 Euro) "Da überlegen sich natürlich viele, ob sie das machen wollen."

Hinzu käme die körperliche Belastung und die hohen Versicherungskosten. "Wir müssen im Handwerk viel mehr für die Versicherung zahlen, weil wir ein höheres Risiko haben verletzt zu werden." Nach allen Abzügen bleibe vom Nettogehalt nicht mehr viel übrig. Das mache den Beruf "doppelt unattraktiv", sagt Trigatti.
Trigatti fährt zum Bundeswettbewerb nach Berlin
Anders hingegen sehe es beim Thema Frauen im Handwerk aus. Ihre anfänglichen Bedenken, dass die Männer im Ausbildungsbetrieb ihr gegenüber Vorurteile haben könnten, seien unbegründet gewesen. "Für sie war es total normal, dass ich als Frau da mitarbeite."

Als Frau im Handwerk habe man gar nicht diese Sonderstellung, "wie die Leute von außen immer denken". Dumme Sprüche oder negative Erfahrungen habe sie nicht erlebt. Aktuell bereitet sich die 20-Jährige auf ihren nächsten Wettbewerb vor. Vom 11. bis 13. November tritt sie beim bundesweiten Maler- und Lackier-Wettbewerb in Berlin an.