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HEUCHELHOF: Die Glaswerkstätte Rothkegel lässt seit 130 Jahren Räume erstrahlen

HEUCHELHOF

Die Glaswerkstätte Rothkegel lässt seit 130 Jahren Räume erstrahlen

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    Die Patienten sind dünn, zerbrechlich und sie kommen vom Rhein. Schloss Stolzenfels bei Koblenz ist ihre Heimat, jetzt liegen sie für ein paar Wochen zur Behandlung in Würzburg auf dem Werkstatttisch. Und Anne Kaiser gerät ins Schwärmen: Fein gestaltete Bordüren, zarteste Malerei, filigrane Ornamente – „eine fantastische Verglasung aus dem 19. Jahrhundert“, sagt die Diplom-Restauratorin über die behandlungsbedürftigen Fenster aus Schloss Stolzenfels. Die Malschicht auf dem Glas hat in den vergangenen 170 Jahren stark gelitten. Doch Anne Kaiser ficht das nicht an: „Solch zierliche Malereien machen einfach bei jedem Anblick Freude.“

    Und die Firma Rothkegel weiß ja mit Versehrten umzugehen: In der Würzburger Glaswerkstätte werden die Fenster sorgsam unter dem Mikroskop mit feinen Pinselchen gereinigt, Sprünge werden geklebt, Fehlstellen rekonstruiert, trübe Scheiben zu neuem Glanz gebracht. Rothkegel hat sich einen Namen dafür gemacht, historische Räume in neuen Licht erstrahlen zu lassen: Die Fenster der Ritterkapelle von Haßfurt lagen hier zur Behandlung, Arbeiten aus der Creglinger Hergottskapelle, Glasmalerei aus Würzburger Residenz und Bad Kissinger Luitpoldbad.

    Die Wurzeln der Firma reichen 130 Jahre zurück, bis nach Schlesien: Anno 1880 hatte Thomas Rothkegel in Falkenberg eine Glaswerkstätte begründet, Enkel Johannes ließ sich nach Krieg und Gefangenschaft 1947 in Würzburg nieder. Heute leitet Ururenkel Matthias Rothkegel, Betriebswirt und Glasermeister, den 30-Mann-Familienbetrieb in der fünften Generation. Und die Restaurierung ist nur ein Bereich dessen, was Rothkegel mit dem Material, das erst durch das Rendezvous mit Licht wirkt, betreibt. In den Sandstrahlanlagen, den Brenn- und Schmelzöfen der Werkstatt sind die Ideen und Entwürfe von Curd Lessig, Jürgen Lenssen und zahlreicher anderer Künstler gläserne Wirklichkeit geworden.

    1000 Leuchten im Sortiment

    Apropos Licht: Seit 1978 fertigt Rothkegel Leuchten – in Serien von ein bis einigen hundert Stück. 1000 verschiedene Modelle hat der Betrieb heute im Sortiment. Ist nichts Passendes dabei, entwickeln Leuchtenspezialist Helmuth Schweitzer und seine Kollegen Sonderanfertigungen nach Architektenwunsch. Für die deutsche Botschaft in Sri Lanka haben die Würzburger Lichtgestalter gerade Messingleuchten geschaffen. Im Vatikan und auf Schloss Neuschwanstein leuchten Würzburger Lampen. Und im vergangenen Jahr bestellte das Umweltbundesamt für sein Foyer und Treppenhaus Leuchten made in Würzburg. Über Jahrzehnte sei man als Lieferant für Kirchenleuchten mit freistrahlenden Glühlampen bekannt gewesen, sagt Matthias Rothkegel. Deshalb freute ihn der Auftrag aus Berlin besonders: Habe die Manufaktur damit doch gezeigt, ein historisches Gebäude repräsentativ-elegant beleuchten und gleichzeitig den hohen Anforderungen des Hausherren an Umweltschutz und Energieeffizienz gerecht werden zu können.

    Die größte Veränderung in den vergangenen Jahrzehnten? „Dass wir als Handwerker heute an alles denken“, sagt Matthias Rothkegel. Bauphysik, Mikroklima, UV-Schutz – bei der Restaurierung von Kirchenfenstern vereinigen sich Tradition und Technik, handwerkliches Geschick und akademischem Wissen. Das Ziel sei, ein Objekt „für 40, 50 Jahre stabil“ zu bekommen, sagt Anne Kaiser. Also: „Im eigenen Arbeitsleben nicht noch mal auf den Tisch“.

    Die Glaswerkstätte ist bundesweit gefragt: Derzeit kümmern sich Anne Kaiser, die seit letzten Jahr bei Rothkegel Mitgesellschafterin ist, und und Werkstattleiter Gerhard Winkler um Chorfenster aus dem oberschwäbischen Ravensburg, denen eine problematische Schutzverglasung zusetzt hat. Daneben liegen 100 Jahre alte Fenster aus der Flensburger Nikolaikirche, die den Kitt verloren haben und undicht geworden sind. Nach dem Besuch in Würzburg werden sie wieder strahlen.

    Offene Werkstatt und Vorträge

    Vor 130 Jahren hat der Ururgroßvater des heutigen Geschäftsführers Matthias Rothkegel die Glaswerkstätte Rothkegel gegründet. Den Geburtstag feiert der Würzburger Betrieb an diesem Samstag, 18. September, mit einem Fachkolloquium „Glas & Licht“ in der Residenz: Von 10 bis 18 Uhr sprechen Spezialisten aus ganz Deutschland in zehn Fachvorträgen über Glasgestaltung, Bauphysik, UV- und Lichtschutz und Restaurierung. Teilnehmen können alle Interessierten.

    Zum Werkstattbesuch am Würzburger Heuchelhof, Huberstraße 2a, lädt die Firma Rothkegel bereits am Freitag, 17. September: Von 8 bis 17.30 Uhr kann man beim Tag der offenen Tür den Restauratoren bei laufendem Betrieb über die Schulter schauen, Glasschmelzöfen besichtigen und sich über energiesparende Beleuchtung informieren. Infos zum Betrieb und zum Programm: www.rothkegel.com Tel. (0931) 600 96-0.

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