Die Versuchung ist groß, sich auf einen der Gartenstühle zu setzen und einen Schoppen zu bestellen. Allerdings wird es an der Umsetzung hapern, denn das fränkische Wirtshausidyll ist nur zweidimensional.
Fotograf Michael Ehlers hat eine sechs Meter lange Faltwand im Eibelstadter Pflegeheim komplett mit der Außenansicht des Gasthauses „Il Campanile“ beklebt. Weitere Aufnahmen aus Eibelstadt und Umgebung schmücken seit Neuestem die Gänge in dem Seniorenheim.
Dass kahle Wände kein schönes Wohnumfeld abgeben, weiß man bei den Senioreneinrichtungen des Landkreises Würzburg nicht erst seit gestern. Eine Idee zur Gestaltung der langen Gänge in den Seniorenheimen war schnell gefunden. Motive aus Franken sollen dort zu sehen sein, denn sie wecken das Interesse der Bewohner. Die schönsten Motive zu finden wurde Michael Ehlers anvertraut. Der Fotograf und Mediendesigner aus Reichenberg arbeitet schon lange für die >Heime des Kommunalunternehmens.
„Dafür bin ich Tage und Wochen unterwegs“, sagt Michael Ehlers, der mit seiner Kamera zu allen möglichen Tageszeiten durch den Landkreis streift. Er hält Ausschau nach pittoresken Winkeln, efeuumrankten Fachwerkhäusern, romantischen Ausblicken auf den Main. Oft sind es auch nur Details, die er festhält: eine Tür, ein schmiedeeisernes Wirtshausschild oder Trauben in einem Weinberg. Ein Filter bewirkt, dass die Fotos an Gemälde erinnern.
Am eindrucksvollsten wirkt die Faltwand, die im Erdgeschoss des Gebäudes zwei Aufenthaltsräume voneinander trennt. Bisher blickte man von beiden Seiten auf eine weiße Wand. Jetzt zeigt eine Seite der Wand die Fassade des Gasthauses „Il Campanile“. Werner Röder hat vor mehr als 20 Jahren dieses alte Eibelstadter Haus eigenhändig restauriert. Er besucht das Heim, um die Fotowand zu bestaunen.
Er und seine Frau Elke sind schwer beeindruckt, denn auf den ersten Blick könnte man meinen, man stehe direkt vor dem Haus. Nur die weißen Fugen, an denen die Faltwand im Bedarfsfall geknickt wird, stören die Illusion. Auf der anderen Seite zeigt die Wand den Eibelstadter Kirchturm. Zwischen grünen Bäumen guckt er hervor – eine ungewöhnliche Perspektive von der anderen Mainseite. Und ein ungewöhnlicher Ort, fügt Werner Röder hinzu. Er fährt das Boot der Flusspolizei und kennt sich auf dem Main aus.
Kleinere Fotografien hängen an den Wänden des Pflegeheims. Ungefähr 50 Bilder sind es. Sie hätten bereits Diskussionen unter den Bewohnern ausgelöst, sagt Ehlers. Die Menschen erkennen Häuser wieder, in deren Nachbarschaft sie einmal gelebt haben, oder Straßen. Die meisten sind nicht mehr mobil. Sie genießen es, wenn die Heimat durch die Bilder zu ihnen nach innen getragen wird.