Egal ob „Tatort“, „Der Alte“ oder „Bella Block“: Sibylle Canonica (59) ist regelmäßig in TV-Krimis zu sehen. Im Theater arbeitete die Schweizerin, die in München lebt, mit Regisseuren wie George Tabori und Peter Zadek, fürs Kino mit Caroline Link („Jenseits der Stille“) oder Felix Fuchssteiner („Rubinrot“). Am Sonntag spielt sie im Franken-„Tatort“.
Frage: Wie sind Sie zu der Rolle der Anatomie-Professorin Magdalena Mittlich gekommen?
Sibylle Canonica: Die Produktion schickt einem das Drehbuch zu. Man liest es – und überlegt, ob man das spielen möchte.
Sie spielen häufig in Krimis. Was reizt Sie dabei?
Canonica: Ich wähle die Rollen nie nach dem Genre aus. Das Drehbuch muss gut sein, mich neugierig machen. An diesem „Tatort“ hat mich etwas angezogen, das ich besonders fand.
Was war das?
Canonica: Die Professorin steht an der Schwelle zu einer Welt, die uns in der Regel verborgen bleibt: die Welt der Anatomie. Das hat mich einerseits fasziniert; andererseits hatte ich zunächst eine Scheu, die Rolle zu übernehmen. Nachdem ich gehört hatte, dass wir an Originalschauplätzen in der Würzburger Anatomie drehen, wollte ich den Ort erst einmal sehen. Also sind Regisseur Andreas Senn und ich nach Würzburg gefahren. Wir haben uns das Anatomische Institut angeschaut und uns mit dem Leiter, Professor Süleyman Ergün, getroffen.
Wie waren Ihre Eindrücke?
Canonica: Wir hatten ein wunderbares Gespräch. Wir konnten Professor Ergün alle unsere laienhaften Fragen stellen. Überhaupt waren wir über die freundliche, um nicht zu sagen lebensfrohe Stimmung aller Mitarbeiter überrascht – wir hatten uns das anders vorgestellt. Die altehrwürdigen Räume des Instituts strahlen ja einen großen Ernst aus. Das jahrzehnte- beziehungsweise jahrhundertelange Wirken macht sich bemerkbar. Und das muss man aushalten.
Und nach diesem Besuch haben Sie sich entschlossen mitzumachen.
Canonica: Ja. Andreas Senn und ich saßen hinterher noch zwei Stunden an einem Blumenbeet vor dem Bahnhof. Der Besuch hat unheimlich nachgewirkt. Die Anatomen beschäftigen sich mit den Toten, letztendlich aber dienen sie mit ihrer Forschung und ihrer Lehre dem Leben.
Einsamkeit ist ein Leitmotiv des Films.
Canonica: Jede Figur ist irgendwie allein, egal ob Täter, Opfer oder Ermittler. Das hat Beate Langmaack, die Autorin, sehr schön herausgearbeitet. Dieses Lebensgefühl kommt rüber, ganz unaufgeregt. Natürlich unterliegt der Franken-„Tatort“ als Krimi gewissen Regeln, aber er nimmt sich Zeit für die Menschen. Und, mir gefällt, dass nicht alle Geschichten komplett auserzählt werden.
Wie waren die Dreharbeiten in Franken?
Canonica: In Franken wurden letzten Sommer die höchsten Temperaturen in Deutschland gemessen. Das war nicht nur für unser Team eine Herausforderung während der Dreharbeiten. Wer konnte, flüchtete in den Schatten, aber auch da waren es über 40 Grad. Im Film selbst spielt Wald wieder eine große Rolle. Von Würzburg habe ich leider nicht so viel gesehen, obwohl wir zweimal mit dem ganzen Team abends nach dem Drehen in der Stadt unterwegs waren.
Am Main. Eine schöne Erfahrung, so viel Gemeinsamkeit habe ich selten erlebt bei einer Fernsehproduktion.