Ein Laden nur für Gitarren und Bässe? Die „musik butik“ von Tommi Neubauer in der Neubaustraße in Würzburg ist ein Treffpunkt für Gitarristen und Bassisten aus der Region. Neubauer hat eine Einzelhandelsnische gefunden. Wie er damit erfolgreich ist, trotz Online-Handel, erzählt er im Interview.
Frage: Sie spielen Bass und Gitarre in vier Würzburger Bands. Sind sie ein Musiker, der nebenher Gitarren und Bässe verkauft oder ein Gitarren-Verkäufer, der auch Musik macht?
Tommi Neubauer: Ich bin Einzelhändler, der hobbymäßig viel Musik macht. Ich habe Kommunikationsdesign studiert und früher in einer Werbeagentur gearbeitet. Nach dem Umbruch in der Werbeszene, als viele Leute entlassen wurden und sich mit eigenen Agenturen selbstständig gemacht und die Preise gedrückt haben, habe ich mich zusammen mit meinem Vater zusätzlich für den Einzelhandel entschieden. Und das einzige, mit dem ich mich wirklich gut auskenne, sind Gitarren. Deshalb ein Gitarrenladen.
Das Hobby zum Beruf machen – ein Traum, oder?
Neubauer: Ganz genau. Ein eigener Laden ist der Wunsch vieler Gitarristen, die sich vorstellen, dort dann den ganzen Tag Gitarre spielen zu können. Das stimmt natürlich nicht. Aber ich habe wenigstens immer wieder Kunden hier, die Gitarre und Bass spielen.
Ein Laden nur für Gitarren und Bässe – ist das ihre persönliche Nische?
Neubauer: Es gibt schon noch ein paar Geschäfte, die nur auf Gitarre machen. Geschätzt sind es in Deutschland vielleicht 20. Den ersten Laden habe ich 2003 in der Pleich eröffnet.
Wie laufen die Geschäfte?
Neubauer: Es ist schwierig, und damit sind wir auch schon genau beim Thema „Lass den Klick in deiner Stadt“. Das Internet ist gerade in meinem Bereich der größte Konkurrent, weil viele Käufer sich erst einmal online schlau machen. Leider gibt es im Netz viele Musik-Foren, in denen unqualifizierte Leute irgendwelchen Quatsch reinschreiben. Das nehmen unbedarfte Kunden häufig als bare Münze und glauben dem Fachhändler nicht, wenn der etwas anderes erzählt. Dass Kunden mit Halbwissen kommen und sich nur schwer überzeugen lassen, passiert mir im Laden immer wieder.
Man muss sich als stationärer Händler auch an die Online-Preise anpassen?
Neubauer: Am Anfang war ich absoluter Gegner von diesen 99-Euro-Preisen. Ich habe aber schnell gemerkt, dass die Leute schon wegen einem Euro Unterschied lieber beim Online-Händler kaufen, selbst wenn da noch Versandkosten dazu kommen und es eigentlich teurer ist. Als stationärer Händler muss ich mindestens denselben Preis wie im Internet bieten, dazu aber auch noch Beratung und Service. Ich kalkuliere keine Preise, sondern schaue nur nach, was ein Instrument im Internet kostet und mache dann denselben Preis. Schwierig, aber ich kenne es nicht anders. Von Kollegen weiß ich, dass es in den 1970er und 1980er Jahren noch ganz anders war. Damals konnten sie Preise machen wie sie wollten, weil es für die Kunden viel schwieriger war, die einzelnen Anbieter zu vergleichen.
Wenn dann der Kunde mal nur eine Saite statt eines ganzen Satzes oder nur ein Plektron statt Zehnerpack haben will, macht das sicher nicht immer Freude.
Neubauer: Das kann man so ausdrücken. Ein Internetanbieter sagt zu seinen Kunden: „Kauf' das oder lass es bleiben.“ Wenn ich nur eine Saite oder nur ein einzelnes Plektron verkaufe, was auch immer wieder vorkommt, muss ich den Kunden vorher oft noch eine Viertelstunde beraten und über die Vor- und Nachteile der Produkte informieren.
Sie können aber trotz aller Schwierigkeiten vom Gitarrenhandel leben?
Neubauer: Wenn meine Frau nicht auch noch berufstätig wäre, dann würde es wahrscheinlich nicht reichen. So reicht es, um durchzukommen. Natürlich darf ich bei der vielen Zeit, die ich reinstecke, nicht meinen Stundenlohn ausrechnen. Dann würde es vielleicht nicht mehr so viel Spaß machen.
Mit einem Laden nur für Gitarren und Bässe kann man aber sicher nicht nur von Musikern aus der Region leben?
Neubauer: Doch, so überraschend es klingt: Das genügt eigentlich. Es wundert mich zwar auch immer, wer die ganzen Gitarren in Würzburg und im Umkreis von etwa 50 Kilometern kauft. Schließlich sind Instrumente nicht wie ein paar Schuhe, die nach zwei Jahren kaputt sind. Eine gute Gitarre kann man 50 Jahre oder länger spielen.
Sie sind mit ihrem Laden auch online aktiv?
Neubauer: Ja, vor allem stelle ich gebrauchte Instrumente auf Facebook und Twitter. Ich nehme Gitarren von Kunden in Zahlung oder verkaufe sie auf Kommission. So etwas machen die großen Händler nicht mehr, weil es sich für sie nicht lohnt. Gerade diese Social-Media-Geschichte funktioniert sehr gut. Oft werden die Instrumente gekauft, kurz nachdem ich sie reingestellt habe. Das sind meistens interessante Einzelstücke. Gitarren, die schon eine Geschichte haben, sind für viele meiner Kunden sehr interessant.
Und sie haben auch einen eigenen Online-Shop unter musik-butik-guitars.de?
Neubauer: Korrekt. Bei mir werden online vor allem Artikel gekauft, die es bei den großen Anbietern nicht gibt. Das ist aber nicht der Hauptgrund für meinen Online-Shop. Ich möchte den Kunden damit vor allem zeigen, was ich aktuell alles da habe. Das war vor ein paar Jahren noch extrem aufwändig. Inzwischen habe ich mein Warenwirtschaftssystem und den Online-Shop so verknüpft, dass ich nur noch auf einen Knopf drücken muss und die Ware erscheint im Internet. Da kommen dann auch tatsächlich Leute in den Laden und schauen sich die neuen Sachen an und probieren sie aus.
Sie sind in der Würzburger Musikszene sehr bekannt und gut vernetzt. Ist das auch ein Grund für den Erfolg?
Neubauer: Das stimmt, und es funktioniert ganz gut. Ich organisiere auch Konzerte im Tiepolo-Keller und arbeite mit dem WüRG e.V. (Würzburger Rock-Gemeinschaft) oder Veranstaltern wie dem B-Hof zusammen. Das mache ich zwar nicht in erster Linie aus geschäftlichem Interesse, aber natürlich entstehen dadurch viele Kontakte, die auch dem Laden nutzen.
Und sie sind ein erfahrener und gern aufgesuchter Gitarren-Mechaniker?
Neubauer: Auch das. Verstärker lasse ich reparieren, bei Gitarren mache ich alles bis auf aufwändige Holzarbeiten selbst. Das ist ein wichtiger Teil des Geschäfts geworden und wird immer mehr. Deswegen habe ich inzwischen die Öffnungszeiten des Ladens verkürzt, um mehr Zeit für die Reparaturen zu haben.