Während die Gäste der Närrischen Weinprobe sich zu den Klängen der "Kellermäster" ihre Brotzeit und den ersten Schoppen schmecken lassen, herrscht im Weinkeller daneben ein wildes Durcheinander. Büttenredner prüfen noch einmal ihr Outfit, Birgit Süß zieht ihren Lippenstift nach, Georg Koeniger bespricht sich mit einem Kollegen. Im Produktionsbüro der BR-Sendung werden letzte Anweisungen gegeben, dann heißt es: "Noch drei Minuten bis zum Warmup! Alle an ihre Plätze."
Moderator Martin Rassau steht hochkonzentriert neben der Bühne, es ist soweit: Nach zwei Jahren Zwangspause wird die närrische Bühne im Gewölbekeller der Würzburger Residenz wieder in buntes Licht getaucht. Raussau klärt sein Publikum schnell noch über die Besonderheiten der Aufzeichnung auf - und dass die Zuschauerinnen und Zuschauer eventuell zweimal über den gleichen Witz lachen müssen, wenn der Regisseur um eine Wiederholung bittet.
Am Ende des Abends aber wird nur er selbst einen seiner Gags zweimal erzählt haben müssen: den Witz vor der Pause, damit der Übergang wieder passt. Denn in der Sendung, die der Bayerische Rundfunk an diesem Freitagabend ausstrahlte, gibt es keine Unterbrechung. Für die 120 Zuschauer im Staatlichen Hofkeller aber ist die Pause ziemlich wichtig - können doch vor allem die vorne während der Aufzeichnung ihren Platz nicht verlassen, ohne vor eine laufende Kamera zu geraten.
Eine Premiere gleich zu Beginn: Das Faschingsdebüt für Birgit Süß
Mit Birgit Süß startet das Programm dieser 20. Närrischen Weinprobe. "Es hat Spaß gemacht", wird die Würzburger Kabarettistin später sagen. Sie gibt beim Dreh im Hofkeller nicht nur ein souveränes Faschingsdebüt, sondern meistert auch die schwierige Rolle der Eisbrecherin mit viel Augenzwinkern. Fastnachtspräsident Marco Anderlik habe ein Soloprogramm von ihr gesehen und sie dann gerne mal auf eine Faschingsbühne bringen wollen, erzählt Süß. Alle bei dieser Weinprobe seien so offen und nett - sie bereue ihre Fastnachtspremiere nicht.

Wobei das Publikum im kühlen Gewölbe am Drehabend etwas braucht, bis es in Fahrt kommt. Sven Bach aus dem mittelfränkischen Zirndorf, der Würzburger Georg Koeniger und Margit Lehner aus Schirnding im Fichtelgebirge bekommen das zu spüren. Lehner, das "Tanzmariechen der ersten Stunde", fordert kurzum alle einfach auf, auch mal zu klatschen. Bei der Generalprobe tags zuvor sei die Stimmung viel schneller deutlich besser gewesen, sagen denn auch einige Künstlerinnen und Künstler nach der Aufzeichnung.
Richtig gute Laune gibt es mit etwas Verzögerung freilich doch. Fasching sei immer eine ganz besondere Herausforderung, sagt Georg Koeniger, der schon öfter bei der Närrischen Weinprobe dabei war. Man habe da ein begeisterungsfähiges Publikum, das sich amüsieren und richtig lachen wolle - da müsse man alles geben und immer voll da sein.
Brandschutzauflagen und mehr Platz: Erstmals in einem größeren Kellergewölbe
Für die 20. Auflage zog die BR-Produktion erstmals vom Stückfasskeller in den größeren Beamtenfasskeller. Grund seien unter anderem Brandschutzauflagen, sagt der verantwortliche Redakteur Rüdiger Baumann. Immerhin ist der Beamtenfasskeller um einiges größer, so bleibt mehr Platz. Ihm gefalle es da besser, sagt Moderator Martin Rassau und lobt vor allem die Beleuchtungstechniker des BR, die ein tolles Licht in den Keller zaubern. Auch Michl Müller lobt die Atmosphäre - und freut sich über die größere Bühne.

Souverän, mit viel feinem Humor, mal nachdenklich, mal deftig, leitet Martin Rassau durchs Programm, das Büttenredner aus dem ganzen Frankenland zusammenbringt. Die ehemalige Fränkische Weinkönigin Nicole Then und die amtierende Eva Brockmann begleiten mit einem kleinen Quiz die Weinprobe. Und werden dabei immer wieder von Wolfgang Huskitsch aus Dorfprotzelten (Lkr. Miltenberg) unterbrochen, der als Tourist seine Reisegruppe im Hofkeller sucht.
Büttenredner aus ganz Franken: Klassisch gereimt
Einen Moulin-Rouge-Showtanz bringt die Tanzsportgarde Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) auf die für so viele Tänzerinnen dann doch etwas kleine Bühne. Die gehört an diesem Abend ansonsten ganz den Büttenrednern: Doris Paul von der Schwarzen Elf in Schweinfurt, Franz Besold aus dem oberfränkischen Staffelstein, der auch schon beim Mainzer Fasching auf der Bühne stand, und Bernd Kleinschnitz aus Greußenheim (Lkr. Würzburg) geben klassisch gereimte Büttenreden zum besten.
Kleinschnitz mit einigen gekonnten Gags als "Fränggischer Comedian", Besold eher deftig vom letzten Urlaub am Gardasee. Da bleibt Doris Paul dann doch lieber in ihrem "Sweet Home" und entdeckt, dass man auf "WhatsApp" mehr erfahren kann als beim Friseur und auf dem Friedhof zusammen.

Als Handwerker versuchen Thomas Klug und Matthias Schmelzer alias "Lubber und Babbo" gar nicht erst, die gängigen Vorurteile abzubauen. Dass die beiden aus Oberschwappach (Lkr. Haßberge) kommen, können sie genauso wenig verheimlichen wie Mathias Schmelzer seinen Onkel, den von "Fastnacht in Franken" bekannten Oti Schmelzer.
Zwischen Narrenfreiheit und den Grenzen des guten Geschmacks
Thomas Väth aus Bischbrunn (Lkr. Main-Spessart) will in seiner Paraderolle als Schmied auch im Hofkeller nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, haut kräftig auf die Pauke - und greift in die Gitarrensaiten. Dass er dabei den umstrittenen Ballermann-Song "Layla" mit neuem Text und einem Seitenhieb auf das Kiliani-Verbot anstimmt, gehört zur Narrenfreiheit. Als er dann aber auch das Donaulied kurz anspielt und seine Witze jede Machokasse zum Überlaufen bringen, fragt man sich schon: Was will der Mann eigentlich sagen?
Wie schon zuvor Franz Besold beim Gardaseeurlaub mit einer furchteinflößenden Frau, kratzt auch Väth gelegentlich an der Grenze des guten Geschmacks. Ob der Fernseh-Fasching solch plumpe Anspielungen und Plattitüden wirklich noch braucht? Offenbar nicht, denn bei der Ausstrahlung am Freitag Abend war vor allem bei Thomas Väth so einiges rausgeschnitten.

Eine mögliche Antwort gibt Moderator Martin Rassau: Wenn sich bei ihm einer beklage, man dürfe ja gar nicht mehr alles sagen, antworte er inzwischen, "dann halt doch deinen Mund". Zum Glück hält sich Michl Müller nicht daran. Wortreich und witzig gelingt ihm ein köstlicher Abschluss des Abends. In neun Minuten serviert er einen kompletten Jahresrückblick auf 2022. Und das in gewohnter Müller-Manier: etwas politisch, frech und immer lustig. Der Höhepunkt der Sendung!
Aber noch nicht ganz der Schluss des Abends im Weinkeller: Traditionell durften Würzburgs Altbischof Friedhelm Hofmann und Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, nach der Aufzeichnung die beiden letzten Witze des Abends erzählen.
Eine Wiederholung der Sendung ist im BR am Faschingsdienstag, 21. Februar 2023, um 10.15 Uhr zu sehen.
