„Die Kirche wurde mit dem Kompass gebaut.“
Fritz Staib, Architekt
Die Außenrenovierung der Bartholomäuskirche in Sommerhausen ist abgeschlossen. 2015 war der Turm instand gesetzt worden, ein Jahr später kam das Kirchenschiff an die Reihe. Am Sonntag, 29. Januar, wollen die Einwohner die gelungene Renovierung mit einem Festgottesdienst um 9.30 Uhr feierlich begehen. Dann wird der Architekt Fritz Staib den Besuchern erläutern, was während der Bauzeit alles gemacht wurde.
Für Fritz Staib ist die Bartholomäuskirche nicht bloß ein augenfälliges Gebäude im Zentrum seines Heimatortes. Direkt nebenan, im alten Apothekerhaus, hat er seine Kindheit verbracht. An den Samstagen war er oft dabei, wenn die Kirchturmuhr aufgezogen wurde. Das Läuten der Glocken hat seinen Alltag begleitet. Und so ist es auch nicht weiter verwunderlich, wenn der Architekt in „seinem“ Kirchturm eine Glucke sieht, die ihre Küken um sich schart.
LED-Lampen in der Türmerstube
„Deshalb habe ich die Türmerstube beleuchtet“, sagt Staib. Von dort oben, wo vor Jahrhunderten der Türmer seinen wichtigen Beruf ausübte und wo bis in die 1950er Jahre Menschen lebten, sollte wieder ein Signal ausgehen. „Der Turm empfängt die Sommerhäuser, wenn sie abends nach Hause kommen.“ So empfindet es Fritz Staib. Und den vielen Rückmeldungen entnimmt er, dass es den anderen Sommerhäusern ebenso geht. Jetzt leuchten in allen vier Fenstern der Türmerstube abends helle LED-Lämpchen.
Die Geschichte der Bartholomäuskirche ist eine Geschichte von Bürgerstolz und lokalem Eigensinn, von Katastrophen und Kriegsereignissen, von Fehleinschätzungen und Pfusch. All das gehört zum Ort, und all das wollte Fritz Staib deshalb erhalten und zeigen. Sowohl die heute noch vorhandenen Holzfenster aus dem Jahr 1740 im Erdgeschoss, in deren Scheiben unternehmungslustige Dorfbewohner ihre Namen eingeritzt hatten, als auch die falsch konstruierten Tragwerke, die das Dach über dem Kirchenschiff an den Rand des Einsturzes brachten.
1739 stürzte die alte Kirche ein
Die auffälligste Neuerung ist die kräftige, ockergelbe Farbe, die übrigens auf die Sturheit der Sommerhäuser im 18. Jahrhundert zurückgeht. 1739 war das alte, aus dem 12. Jahrhundert stammende Gotteshaus eingestürzt – der Überlieferung zufolge aufgrund eines Unwetters oder Erdbebens. Architekt Staib glaubt indessen eher an statische Mängel, die zur Instabilität des Gebäudes führten. Jedenfalls wurde der Ansbacher Baumeister Leopoldo Retty mit der Planung des Neubaus beauftragt.
Retty sah für die barocke Bartholomäuskirche ein eher kühles Erscheinungsbild in grau-blauem Farbton vor. Dafür konnten sich aber die Sommerhäuser nicht erwärmen und beschlossen einen Anstrich in dem damals an den meisten öffentlichen Gebäuden in Mainfranken anzutreffenden dominanten Ockergelb. Auch bei der Innenraumgestaltung setzten sich die Bürger übrigens über die Wünsche ihres Baumeisters hinweg und entschieden sich für den Einbau ihrer alten, aus den Ruinen der eingestürzten Kirche geretteten Holzkanzel. Retty hatte eigentlich einen neuen Kanzelaltar vorgesehen.
Baumeister Retty wurde überstimmt
„Die Sommerhäuser sind stolz“, sagt Fritz Staib. Und waren es auch früher schon, als sie ihre Kirche in den Mittelpunkt des Ortes stellten. Sie sollte etwas Besonderes, sie sollte perfekt sein. Deshalb steht sie, gemessen an der Ausrichtung der übrigen Gebäude im Ort, leicht schief. „Sie wurde mit dem Kompass gebaut und genau nach Osten ausgerichtet“, erläutert der Architekt. Daher scheint es verständlich, dass der Neubau aus dem Jahr 1740 den Vorstellungen der Bürger genau entsprechen sollte.
Nun ist aber Ockergelb nicht einfach Ockergelb. Je nach Farbe und Technik kann das Erscheinungsbild höchst unterschiedlich ausfallen. Fritz Staib hat deshalb eine natürliche Mineralfarbe gewählt, die in der sogenannten Lasurtechnik aufgetragen wurde. „Die Farbe wird nicht gerollt, sondern in Kreuzschlag mit einer Bürste aufgebracht“, erklärt der Architekt. Das könne längst nicht jeder Malerbetrieb, weswegen ein Kirchenmaler in Sommerhausen tätig gewesen sei.
Kein Ziegel gleicht dem anderen
Durch diese Technik verbindet sich die Farbe mit dem Untergrund. Ein unschönes Verblassen, wie es bei der vorhergegangenen Renovierung passiert war, ist somit nicht zu befürchten. Viel Wert aufs Detail hat der Architekt zudem auf die Dacheindeckung gelegt. Wie früher liegen jetzt wieder Biberschwanzziegel auf dem Dach. Doch auch hier hat Staib nicht einfach auf genormte Ware zurückgegriffen. Die Ziegel sollten nicht einer wie der andere aussehen. Eine Ziegelei in der Pfalz konnte dem Architekten diesen Wunsch erfüllen und hat Ziegel in einem sehr dunklen Rot geliefert, die durch Temperaturunterschiede beim Brennen leicht verschiedenfarbig wirken.
Dass ein oberflächlicher Betrachter diese vielen Details vielleicht nicht erkennen kann, findet Staib nicht schlimm. In ihrer Gesamtheit verliehen sie dem Gebäude dennoch eine ganz besondere Wirkung. Rund 850 000 Euro hat die Renovierung gekostet, veranschlagt gewesen war etwas mehr als eine Million. Dass das Projekt innerhalb des Zeit- und Kostenrahmens fertiggestellt werden konnte, ist laut Architekt auch der guten Zusammenarbeit von Kirchen- und politischer Gemeinde zu verdanken. Und auch dank der Spenden, die viele Sommerhäuser großzügig getätigt hatten.