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Würzburg/Schweinfurt: Droht nach dem Winter die nächste Dürre? Grundwasserstände in Bayern Anfang März "so niedrig wie seit Jahren nicht"

Würzburg/Schweinfurt

Droht nach dem Winter die nächste Dürre? Grundwasserstände in Bayern Anfang März "so niedrig wie seit Jahren nicht"

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    Zwischen Veitshöchheim und Thüngersheim (Lkr. Würzburg) brauen sich dunkle Wolken zusammen. Der Blick auf die Grundwasserstände in Bayern fällt nach dem schneearmen Winter ernüchternd aus.
    Zwischen Veitshöchheim und Thüngersheim (Lkr. Würzburg) brauen sich dunkle Wolken zusammen. Der Blick auf die Grundwasserstände in Bayern fällt nach dem schneearmen Winter ernüchternd aus. Foto: Ilse Feser

    Der trockene Winter schürt in Italien und Frankreich schon jetzt die Angst vor dem nächsten Dürre-Sommer. Der Pegel des Gardasee ist erschreckend niedrig. Auch in Bayern ist die Lage beunruhigend: Über den Winter haben sich die Pegel von Grundwasser, Flüssen und Bächen bisher nicht in dem üblichen Maße erholt.

    "Wir hatten in den letzten Jahren noch nie Anfang März so niedrige Grundwasserstände wie in diesem Jahr. Die Situation, in der wir uns befinden, ist kritisch", sagt Dr. Jörg Neumann, Leiter des Grundwasser-Monitorings am Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU). Der 52-jährige Diplom-Hydrogeologe hat den Überblick über alle Grundwasser-Messstellen in Bayern. Aktuell sind die Grundwasservorräte in Unterfranken sogar etwas besser gefüllt als im regenreicheren Südbayern, sagt Neumann. Doch dieser Vergleich sei trügerisch, warnt der Wasserexperte im Interview.

    Italien und Frankreich bereiten sich bereits auf den nächsten Extremsommer vor. Wie ist die Lage bei uns in Bayern? Haben wir genügend Grundwasser?

    Jörg Neumann: Das bisherige Winterhalbjahr ist zu trocken, zu warm und zu schneearm. 65 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen und Quellen in Bayern haben aktuell niedrige und sehr niedrige Grundwasserstände. In den tieferen Grundwasser-Stockwerken haben Anfang März 66 Prozent der Messstellen Niedrigwasser gezeigt. Wir hatten in den letzten Jahren Anfang März noch nie so niedrige Grundwasserstände in Bayern. Die Situation, in der wir uns befinden, ist kritisch!

    Warum? Es könnte doch im Frühling noch viel regnen.

    Neumann: Jetzt ist der Zeitraum, in dem sich unsere Grundwasser-Ressourcen erneuern. Neues Grundwasser bildet sich zu zwei Dritteln während der Wintermonate, wenn die Pflanzen noch kein Wasser ziehen und die Verdunstung noch nicht so hoch ist. Wenn aber jetzt schon Anfang März so viele Messstellen auf einem niedrigen Niveau sind, kann die Grundwasser-Situation in einem trockenen und heißen Sommer problematisch werden.

    Bisher ist dieser Winter 2,6 bis 4 Grad wärmer als im Monatsmittel der langjährigen Klima-Referenzperiode 1971 bis 2000. Es gab viel weniger Eis und Schnee als früher. Was hat das für Folgen fürs Grundwasser?

    Neumann: Wenn der Schnee fehlt, fehlt uns ein wichtiger Wasserspeicher. Als Schnee gespeichertes Niederschlagswasser wird im Idealfall über einen längeren Zeitraum an den Boden abgegeben. Wenn die Schneedecke abschmilzt, kann das Wasser langsamer in den Boden sickern, ihn besser infiltrieren und sich mehr neues Grundwasser bilden. Bei Regen kommt weniger Wasser unten im Grundwasser an. Bei Starkregen fast nichts mehr.

    Wenn die Grundwasserneubildung ausbleibt: Spüren das auch unsere Bäche, Flüsse und Seen?

    Neumann: Ja. Das Grundwasser ist wichtig, weil es unsere Gewässer auch während längerer Trockenperioden speist. Aktuell zeigen 49 Prozent der Messstellen unserer Bäche und Flüsse in Bayern niedrige Pegelstände. In Unterfranken sind es bereits 53 Prozent. An etwa 39 Prozent der Seen in Bayern beobachten wir niedrige Wasserstände. Normalerweise haben wir zu dieser Jahreszeit noch hohe Pegel. Diese Wasserstände sind die Startbedingungen für die warme Jahreszeit! Wenn es blöd läuft, könnten im Sommer kleinere Gewässer trocken fallen.

    Der Brombachsee, ein Speicher für die Main-Donau-Überleitung, ist aktuell nur zu 42 Prozent gefüllt. Was heißt das für Unterfranken, wenn ein Speicher aus dem Süden jetzt schon halb leer ist?

    Neumann: Idealerweise sind die Speicher so konzipiert, dass sie die Niederschlagsspitzen in den Wintermonaten aufnehmen und im Sommer den Abfluss im Main in Unterfranken bei Niedrigwasser stützen. Wir sollten deshalb mit möglichst gut gefüllten Speichern aus dem Winterhalbjahr herausgehen. Das ist in diesem Jahr beim Brombachsee noch nicht der Fall.

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    Wie voll sind jetzt die Grundwasservorräte in Unterfranken?

    Neumann: In Unterfranken ist die Grundwasser-Lage aktuell etwas günstiger als in Südbayern. 40 Prozent der Messstellen der oberflächennahen und 34 Prozent der tieferen Grundwasser-Stockwerke haben niedrige oder sehr niedrige Wasserstände. Dadurch hat Unterfranken derzeit ein klein wenig bessere Voraussetzungen für diesen Sommer als die Regionen südlich der Donau.

    Also können wir entspannen?

    Neumann: Nein, denn es wäre fatal, wenn wir in Nordbayern oder speziell in der sehr trockenen Region Unterfranken über den Winter jetzt Niederschlagsdefizite in einer ähnlichen Größenordnung hätten.

    Laut Regierung von Unterfranken fehlen der Region seit 2003 mittlerweile 400 Liter neues Grundwasser pro Quadratmeter. Das ist fast ein kompletter Jahresniederschlag. Oder umgerechnet: vier Jahre Grundwasserneubildung. Warum dauert es so lange, bis sich neues Grundwasser bildet?

    Neumann: Dazu muss man verstehen, wie Grundwasser entsteht. Das Wasser, das Pflanzen aufnehmen, das verdunstet und das an der Oberfläche abfließt, muss man vom Niederschlag abziehen. Die Grundwasserneubildung ist der Rest, der tatsächlich im Untergrund ankommt. Ein Beispiel: Als im Jahr 2020 in Nordbayern rund 13 Prozent weniger Niederschlag fielen als üblich, bildete sich daraus 31 Prozent weniger neues Grundwasser.

    Wieviel Regen bräuchten wir? Müsste es jetzt Tage, Wochen oder monatelang regnen?

    Neumann: Wir bräuchten vermutlich mehrere überdurchschnittlich nasse Winterhalbjahre, um die Grundwasser-Vorräte wieder nachhaltig aufzufüllen. Seit 2003 haben wir in ganz Bayern ein mittleres jährliches Defizit von 16 Prozent bei der Grundwasserneubildung. Nach den häufigen Trockenjahren - (2015, 2018, 2019, 2020 und 2022 - kann dieses Defizit nicht mehr durch einzelne regenreiche Monate ausgeglichen werden.

    Ist das fehlende Wasser mittlerweile ein Problem in ganz Bayern?

    Neumann: Wenn 16 Prozent Grundwasserneubildung im bayerischen Durchschnitt fehlen, spüren das nicht nur die Unterfranken, sondern auch die Oberbayern. Allerdings ist das Niveau in jeder Region ein anderes. Im Süden Bayerns fallen immer noch viel mehr Niederschläge.

    Bayern erlebte 2022 das wärmste Jahr in einer 142-jährigen Beobachtungsreihe. Verschlimmert das den Wassermangel?

    Neumann: Ja. Höhere Temperaturen lassen mehr Wasser verdunsten. Der Wasserbedarf jedes Einzelnen steigt, je heißer es wird. Das kann Engpässe noch kritischer werden lassen.

    Wird sich der Streit um die Verteilung des Wassers verschärfen?

    Neumann: Wenn Wasser knapper wird, nehmen die Konflikte zu. In Zukunft muss gewährleistet sein, dass die Ressource Wasser nachhaltig bewirtschaftet wird. Wer darf welches Wasser nutzen und für welche Zwecke? Diese Frage wird immer wichtiger.

    Unterfranken: Seit 20 Jahren entsteht immer weniger neues GrundwasserIn Unterfranken hat sich in den vergangenen 20 Jahren weitaus weniger neues Grundwasser gebildet als früher, schreibt Christian Guschker vom Sachgebiet Wasserwirtschaft bei der Regierung von Unterfranken auf Anfrage. Der Region fehle seit 2003 etwa 400 Millimeter neues Grundwasser. Das sind 400 Liter pro Quadratmeter. Dieses Defizit bei der Grundwasserneubildung entspreche in etwa einem Jahresniederschlag in einem trockenen Jahr in Unterfranken und einer durchschnittlichen Grundwasserneubildung in Unterfranken von etwa vier Jahren.Quelle: akl

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