Was auf Facebook, einem sozialen Netzwerk im Internet mit knapp 24 Millionen Mitgliedern in Deutschland, passiert, ist nicht leicht zu kalkulieren. Der eine schreibt was und keinen Menschen interessiert's. Der andere stellt eine simple Frage, und die Post geht ab.
Am Dienstagabend gründete der Journalist Roland Pleier, ein Main-Post-Redakteur, eine Facebook-Gruppe, deren Name eine simple Frage ist: „Du bist ein echter Würzburger, wenn . . .“. 60 Stunden später hat die Gruppe mehr als 660 Mitglieder, denen die Einfälle nicht ausgehen.
Zur Identität eines echten Würzburgers scheint das Dallenbergbad zu gehören, ein Sprung, „Katz“ genannt, vom Zehn-Meter-Brett, und natürlich die verbotenen nächtlichen Besuche, Nacktbaden inklusive. Die Gruppe ist ein Füllhorn, voller Geschichten und Erinnerungen an Erlebnisse in Kneipen, Eiscafés, Diskos, Kinos, Tanzkurse und Klamottenläden, die man besucht, überstanden, genossen und durchlitten haben muss. „Du bist ein echter Würzburger, wenn ...“ du vor dem Bau des Kneipp-Stegs mit der Fähre zwischen Sanderau und Steinbachtal unterwegs warst, wenn du im Main gebadet und im Festungsgraben gespielt hast, den Plural von „Hund“ („Hünd“) und Brot („Bröter“) kennst und durch die Fußgängerunterführung unterm Barbarossaplatz ins Bavaria-Kino gegangen bist, wo der legendäre Plattenladen „Argilo“, später „More“ war, mit dem ebenso legendären Platterverkäufer Helmut G.
Pleier, der Gruppengründer, sagt, er habe die Idee abgekupfert, er kenne sie von anderen Städten. Er halte sie für ein „tolles Forum, weil es das Lebensgefühl von mehreren Generationen wiedergibt“. Tatsächlich lassen die meisten Antworten auf die Frage nach dem echten Würzburger darauf schließen, dass die Schreiber jenseits der 40 sind. Ein offenbar jüngeres Mitglied hat gelästert, „den Kommentaren nach müsste die Gruppe ,Du bist ein alter Sack aus Würzburg, weil ...‘ heißen“. Pleier spricht von Erinnerungen und Gefühlen, die in der Gruppe durch die Anstöße der anderen aktiviert werden. Das sei „alles da in den Gefühlen und Köpfen der Menschen. Das ist Leben pur“. Und das finde er schön.
Ganz nebenbei entsteht eine eigene, vielfältige Definition von Heimat. Und eine Liebeserklärung an Würzburg. Denn du bist ein echter Würzburger, schreibt einer, wenn „dir beim Fahren zwischen der A 7 und dem Greinbergknoten bei Superwetter und klarer Sicht vor Vorfreude auf die tiefer liegende Stadt das Herz aufgeht“.
Im Kasten (links) stellen wir unsere zehn Favoriten vor.
Du bist ein echter Würzburger, wenn . . .
. . . du die Meefischli mit Kopf isst.
. . . du Sätze wie: „fei a weng blöd, gell?“ verstehst.
. . . du im Gutental auf der Keesburg halsbrecherische Schlittenabfahrten unverletzt überstanden hast.
. . . du im Neumannshof in Grombühl am Eisenbahnerstammtisch die Welt nach dem fünften Thüngener Märzen erklärt bekamst.
. . . du im Knarrr & Wuttich Schule und Gottesdienst geschwänzt hast.
. . . du immer noch glaubst, dass ein Sessellift zum Schützenhof gebaut wird.
. . . du immer weg wolltest aus der Stadt, es nie geschafft hast und Dich heute hier pudelwohl fühlst.
. . . du deine Fragen mit „gell“ beginnst.
. . . du mit deiner Oma am Dominikanerplatz ins Café gegangen bist und sie den Pelzhut aufgelassen hat, um jedem zu zeigen, wie teuer der war.
. . . du Heimweh hast – egal, wo du dich befindest.