Dreikönig, nachmittags um Zwei. Der Termin steht jedes Jahr fest. Absprachen braucht es keine. Es gilt, sich genügend Stärke für das Jahr anzutrinken. Ein alter Brauch, der von Region zu Region unterschiedlich ist.
Meist ziehen beim Stärke-Trinken Männer und Frauen von Wirtschaft zu Wirtschaft – und trinken. Hier ein Bier, dort einen Schnaps, anderswo einen Schoppen. So lange und so viel es geht. Wer es schafft, sich für jeden Monat des kommenden Jahres ein alkoholisches Getränk hinter die Binde zu kippen, der hat ein glückliches Jahr vor sich. Heißt es. Wer nur bis zum Mai kommt, also nach fünf Bier schon platt ist, sollte aufpassen. Denn ab Juni könnte ihm die Stärke für die restlichen Monate ausgehen. Dafür fällt der Tag nach Dreikönig vielleicht etwas angenehmer aus, als nach dem vollen Dutzend.
„Stärk-antrinken“ heißt dieser Brauch, oder auch „Stärke-Trinken“, wie in Veitshöchheim. Dort pflegt ausgerechnet ein Wirtschafts-Wissenschafter diese alte Sitte. „Wie die Alten früher schon getan, so trinken wir uns heute die Stärke an.“ Mit diesem Slogan hält der Veitshöchheimer Professor Karl-Peter Sorge schon seit 1997 den bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts in Franken üblichen Brauch des „Stärketrinkens“ am Dreikönigstag in Erinnerung.
In der Adventszeit hatte Sorge als Veitshöchheimer Nachtwächter für Aufsehen gesorgt. Am Dreikönigstag versammelte er Männer und Frauen in einem Wirtshaus um sich um bei einem Biergelage die sogenannte Stärke zu trinken, damit alle mit Mut und tatkräftig ins neue Jahr gehen können.
Allerdings wirkt der alte Brauch heute leicht antiquiert. Die Frauen hatten dazu rohe Eier mitgebracht, die ihre Männer in einen Krug voller Bier hineinschlugen, um dann „auf die Stärke, die Schönheit und die Gesundheit“ anzustoßen. Dabei stand den Männern der erste Schluck zu. Ihre Frauen durften dann immerhin am Humpen nippen und ihren Männern freundlich zunicken.
Der Professor hatte viel Wissenswertes über die Bräuche am Dreikönigstag zu erzählen, wo der Hausherr in der letzten Rauhnacht davor im Haus mit Weihrauch und Weihwasser die Dämonen vertrieb und die Buchstaben CMB (Christus Mansionem Benedicat) mit drei Kreuzen und der Jahreszahl an die Eingangstür schrieb.
Mit Hilfe von Illustrationen von Otto Mayer aus einem Buch des einstigen Bezirksheimatpflegers Dr. Reinhard Worschech führte der Hobby-Historiker aber auch die Bräuche in der „staden“ Zeit davor vor Augen.
Eine seiner Quellen war das Weltenbuch des Sebastian Frank von 1530. So gab es zum Beispiel an Sankt Andreas, am 30. November, nicht nur das Andreasbrot für Arme und Hilfsbedürftige. Diese Nacht war auch für Mädchen wichtig: Bei Zeitvertreiben wie Schiffchenspiel, Bett-Brett-Treten, Baumschütteln oder Schuhwerfen wollten sie Näheres über den künftigen Liebhaber in Erfahrung bringen.