Mit einer Vision von einem friedlichen Miteinander von Judentum und Islam hat Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sein Publikum überrascht, als er am Dienstagabend bei einem Festakt in Würzburg mit der Ehrendoktorwürde der Katholischen-Theologischen Fakultät der Universität Würzburg ausgezeichnet wurde. Er, so der 70-Jährige, verbinde die Ehrung mit dem Wunsch, "nicht irgendwann, sondern in unserer Zeit" über den Konflikt im Nahen Osten "in der Vergangenheitsform berichten zu können".
Schuster erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass sich die katholische Kirche erst vor 60 Jahren - nämlich 1965 mit der Erklärung "Nostra Aetate" ("In unserer Zeit") - auf einen Pfad besonnen habe, "welcher von Judenhass zur Gemeinsamkeit führte". Gleiches sei "hoffentlich" auch zwischen dem Islam und dem Judentum möglich, auch wenn dies in Anbetracht der Lage in Israel und auch in Deutschland, wo jüdisches Leben auf vielfältige Weise bedroht ist, momentan unmöglich erscheine.

Für seine Dankesrede, in der er ungewohnt Rührung zeigte, erhielt Schuster, der an der Universität seiner Heimatstadt in den 1970er Jahren Medizin studierte, viel Applaus von den 200 Ehrengästen aus Wissenschaft, Politik, Kultur und Religion - mit dem katholischen Würzburger Bischof Franz Jung an der Spitze. Zuvor hatten Unipräsident Professor Paul Pauli und Professor Matthias Remenyi, der Dekan der katholisch-theologischen Fakultät, Schuster die Ehrenurkunde überreicht.
Christen haben Juden viele Jahrhunderte verfolgt
Viele Jahrhunderte haben Christen die Juden hierzulande verfolgt. Es wurde gegen die vermeintlichen Mörder Jesu gepredigt, Lügen über Brunnenvergiftungen, Hostienschändungen oder Ritualmorde waren weit verbreitet. Grausamer Höhepunkt war die Ermordung von sechs Millionen Menschen jüdischer Herkunft während der NS-Zeit, zu der die christlichen Kirchen größtenteils schwiegen. Wie tief der Antisemitismus bis heute in der Gesellschaft verankert ist, zeigt sich nach dem 7. Oktober 2023, nach dem Überfall der Hamas auf Israel, ganz offen.

Theologie-Professorin Barbara Schmitz erwähnte in ihrer Laudatio auf den Ehrendoktor Schuster auch diese historische Schuld der christlichen Kirchen. Darüber hinaus spannte sie einen weiten Bogen von den Anfängen des Judentums (und des Christentums) auf dem Berg Sinai in die heutige Zeit, um Schuster für seine Bemühungen um den interreligiösen Dialog, allen voran den jüdisch-christlichen, aber auch den jüdisch-muslimischen zu würdigen.

Schuster habe eine klare und kritische Haltung, so Schmitz. Er protestiere laut und unzweideutig nicht nur gegen Antisemitismus, sondern gegen "jede Form von Hass, Gewalt, Ausgrenzung und Menschenfeindlichkeit". Die Professorin sprach auch die Bemühungen des Zentralratspräsidenten an, jüdisches Leben in seiner Vielfalt für die Mehrheitsgesellschaft in Deutschland erfahrbar zu machen.

Dekan Remenyi und Präsident Pauli gingen in ihren Ansprachen auch auf das "besorgniserregende Anwachsen" des Antisemitismus an Hochschulen, wie in auch in Würzburg, ein. Dagegen werde man konsequent vorgehen. Jegliche Formen von Judenfeindlichkeit, Rassismus und Diskriminierung widersprächen den Grundwerten der Universität, sie würden konsequent geahndet, versprach Pauli.