Um 1295 wurde die Burg Schönstein und das östlich davon gelegene Dippach mit 16 Hofstellen, sogenannten Huben, erstmals urkundlich erwähnt. 1345 verkaufte Graf Kraft II. von Hohenlohe-Weikersheim Burg und Teile der Siedlung an das Bistum Würzburg. Der Name Schönstheim wurde dann im Laufe der Zeit auf Burg und Dorf übertragen und so heißt es bis heute.
Und auch wenn die Gemeinde keine Einwohner mehr hat, so hat sie doch jede Menge Wald und ein paar Wiesen, insgesamt 300 Hektar, 22 Hektar davon gehören der Allgemeinheit. Eine grüne Idylle vor den Toren der Stadt Röttingen. Und sie hat ein Ortsoberhaupt. Seit 2. Mai 2018 ist Alois Hofmann der "Bürgermeister für die Bäum".
Ein Leben lang Verantwortung
Verantwortung trägt er nicht nur für den Wald, sondern auch für die gesamte Hübnergemeinschaft. Waren es einst 16 Höfe, so sind es heute 16 Huben in unterschiedlichen Größen, jede mit einem eigenen Hubvorstand. Auch Hofmann ist Vorstand einer Hub. Und das seit 40 Jahren. "Wenn man sich einmal bereit erklärt, für eine Hub Verantwortung zu übernehmen, tut man das ein Leben lang", sagt der Mann, der gleichzeitig auch Dienstältester in der ganzen Gemeinschaft ist.
Jeder Hubvorstand sei bestrebt, Gutes für den Wald zu tun und etwas Bleibendes zu hinterlassen. "Das ist kein Job, das muss man leben. Das ist das Geheimnis unseres Erfolgs", meint er. Und durch die gute Beratung vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) und von Revierförster Manfred Rüb sei es leichter, auch die Mithübner zu motivieren und zu begeistern.
Schlossgraben mit Schlossbrunnen
Was aus dieser Begeisterung wachsen kann, spürt man im Schönstheimer Wald ganz deutlich. Läuft man den alten Burggarten hinunter vorbei an den Hofstätten, die aber nicht mehr zu sehen sind, so gelangt man ins Herzstück der ehemaligen Siedlung, den Schlossgraben mit seinem Schlossbrunnen. Dort sprudelt noch immer die alte Quelle. Und dort warten einige Hübner auf eine Delegation rund um Landrat Eberhard Nuß, der kürzlich den Schönstheimer Wald besuchte, um einiges über die interessante Geschichte zu erfahren.
Bereits im Jahr 1467 verließen die Schönstheimer Bewohner ihre Höfe. Anton Engelhardt, ehemaliger Bürgermeister und noch Hubvorstand, weiß auch warum: "Die kleine Ortschaft wurde immer wieder von entlassenen Soldaten überfallen, deshalb ging die überwiegende Zahl der Bürger nach Röttingen und ein paar nach Riedenheim."
"Bauern haben alles mitgenommen"
Denn Röttingen hatte damals schon Stadtrecht und auch eine Stadtmauer, so dass der Schutz der Bevölkerung größer war als in einem unbefestigten Dorf. Doch die Höfe wurden nicht alle auf einmal verlassen. Und die Menschen seien schlau gewesen. "Sie finden hier keine Ruine, keinen Stein mehr, denn die Bauern haben alles mitgenommen, weil sie ja in Röttingen oder Riedenheim wieder ein neues Haus bauen mussten", erklärt der Hubvorstand.
Seitdem ist der Ort zwar verwaist, hat aber immer noch 300 Hektar Grundbesitz und existiert deshalb als Waldkörperschaft. Nur eine Ziegelhütte sei bis etwa 1600 aktiv gewesen, genau an der Stelle, an der die Schönstheimer Quelle entspringt und 1588 neu gefasst wurde. Ganz in der Nähe steht das alte Wasserhäuschen, das die Stadt Röttingen von 1929 bis 1968 ohne eine Pumpe mit Wasser versorgte.
Zusammenhalt wird groß geschrieben
Zusammenhalt und gemeinsames Handeln wird im Schönstheimer Wald groß geschrieben. Durch die heutige Art der Waldbewirtschaftung sei man dazu gezwungen, weil man aufgrund der kleinen Größe immer wieder über andere Grundstücke fahren müsse, sagt Engelhardt. Dennoch hat jedes Grundstück sei eigenes Zeichen, einen Grenzstein und einen sogenannten Lachen, ein auf Mannshöhe gekappter Baum oder Busch, damit man den Grenzstein besser findet.
Doch über Grenzsteine und Grenzen hinweg, in Schönstheim arbeiten die 190 Anteilseigner zusammen. Über die Jahrhunderte hinweg hat sich so ein für den Klimawandel gut gerüsteter Wald mit 60 Prozent Eiche und 10 Prozent Edellaubhölzern entwickelt, der heute als FFH-Gebiet nach der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie ausgewiesen ist.
Einsatz für den Naturschutz
Mit der Anlage einiger Feuchtbiotope engagiert sich die Hübnergemeinschaft zusätzlich für den Naturschutz. Dafür wurde sie im November 2017 von Staatsminister Helmut Brunner mit dem Staatspreis für vorbildliche Waldbewirtschaftung ausgezeichnet.
Das macht die Schönstheimer besonders stolz. "Wenn Experten sagen, dass sie noch nie so einen schönen Wald gesehen haben, dann bestärkt uns das in unserer Arbeit", sagt Anton Engelhardt. Arbeit, vor allem Handarbeit ohne Maschine, gibt es genug im Hubwald von Schönstheim. Anton Lang erläutert das an einem jungen Eichenbestand, der mitten im Sommer von Gras überwuchert ist. "Wenn im Spätsommer das Gras vertrocknet ist, gehen wir durch und schneiden alles heraus, was wir nicht wollen, damit die Eichen wieder die Köpfe oben drüber haben", erklärt der Hubvorstand. Da müsse man jedes Jahr hinterher sein, sonst werde es nix mit der Eiche. Und die wollen die Hübner noch lange in ihrem Wald haben.


