Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Würzburg: Ein Mann der Extreme

Würzburg

Ein Mann der Extreme

    • |
    • |
    Walther Mann war über viele Jahre 1. Bevollmächtigter der IG Metall Würzburg. Jetzt geht er in Rente.  Foto: Thomas Obermeier
    Walther Mann war über viele Jahre 1. Bevollmächtigter der IG Metall Würzburg. Jetzt geht er in Rente.  Foto: Thomas Obermeier

    Er war Mamas Liebling, Nesthäkchen mit Narrenfreiheit, jüngstes von drei Kindern einer gelernten Schneiderin und eines Orgelbauers. Geworden ist er ein bärbeißig dreinschauender Gewerkschaftsführer, unnachgiebig in Haltung, Ton und Sprache, und das ist ganz gewiss wahr und auch nicht. Walther Mann, Jahrgang 1952, 1. Bevollmächtigter der IG Metall in Würzburg ab 2006, im Ruhestand seit Anfang Juli, ist auch ein Romantiker und Menschenfreund.

    Auf Konfrontationskurs zum Vater

    Die Familie war katholisch, der kleine Walther war katholischer. Der Vater liebte den FC Bayern München, der Bub verabscheute den Verein. Der Vater baute Orgeln, Walther mochte keine Orgeln. Der Vater liebte klassische Musik, der Sohn die jaulenden Gitarren. Möglichst extrem und dem Vater in die Quere musste sein, was der Junge unternahm. Den Dickkopf hat ihm seine Mutter mitgegeben, den hat er sich bewahrt.

    Anfang Juli, als die Metallarbeiter von Koenig & Bauer (KBA) in den Ruhestand verabschiedeten, sagte der Betriebsratsvorsitzende Gottfried Weippert, dem "lieben Walther" sei "immer wichtig gewesen (…) keinen Zweifel daran zu lassen, dass seine Sicht auf die Welt die richtige ist". Das war nur ein halber Witz, denn Walther Mann tritt so auf. Weippert berichtete, der Gewerkschafter habe in 47 KBA-Betriebsversammlungen Rede und Antwort gestanden, und das, so sagte er dem angehenden Rentner zugewandt, "immer in Deiner ganz eigenen Art, mit der wir alle auch über die vielen Jahre erst einmal zurechtkommen mussten".

    Dem Kommunismus verschrieben

    Dabei ist Mann kein Rechthaber, er macht kein Gewese um sich und ein Selbstzufriedener ist er auch nicht. Aber schmerzhaft deutlich und geradeheraus ist er, und er gibt keine Ruhe.

    Als Gymnasiast in Marktbreit haderte Mann mit seinem Alter - er war zu spät dran für die 68er. Er träumte von der Kommune 1 und schloss sich einer Gruppe junger Leute, der "Roten Zelle" an, die Marx und Lenin studierten, Haschisch rauchten, Rock hörten und in der Region Ortsgruppen von DKP, KPD/ML und Jusos gründeten. Mann wurde Kommunist in der DKP. Mit Genossinnen und Genossen gründete er das Musikkabarett "Die Rotstifte"; die Gruppe gibt es 40 Jahre später immer noch.

    Gern gepoltert mit forschem Ton 

    An der Uni Würzburg, während er sich zum Realschullehrer für Chemie und Biologie durchstudierte, lernte er zwei Männer kennen, die seine Vorgänger im Amt des 1.-IG-Metall-Bevollmächtigten werden sollten: Jochen Kletzin und Werner Ring. Anfang der Achtzigerjahre heuerten sie ihn fürs Demo-Transparente malen an, 1983 als Pressesprecher und Verantwortlichen fürs Kulturprogramm während der 117 Tage währenden Besetzung der Firma Hofmann in Eibelstadt. Zum 1. September 1985 stellte die IG Metall Mann fest an, als Politischen Sekretär, zuständig für die Betreuung von Betrieben.

    Einer seiner Kontrahenten war Michael Bischof, der Geschäftsführer des unterfränkischen Verbandes der Metallarbeitgeber (vbm). Der sagt, Mann habe einen "mitunter forschen Ton" gepflegt und "gern auch mal gepoltert", "irgendwann" dann aber "die Kurve gekriegt und man konnte sachlich mit ihm verhandeln." Mann sei immer auch an "sachgerechten Lösungen interessiert" gewesen.

    Mann hadert mit den Gewerkschaften 

    Extrem ist er immer noch. So hart er als Gewerkschafter zu Werke ging, so weich wird er, wenn es um Schicksale geht. Denkt er an die ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer, ist ihm zum Heulen zumute. Seine Augen werden feucht, wenn er über den Revolutionär Che Guevara spricht. Seit 30 Jahren unterstützt er mit dem Verein "Kinder unserer Welt" Projekte für Straßenkinder und alleinstehende Frauen und eine bessere Gesundheits- und Wasserversorgung in Afrika. Seine Frau Andrea und er haben zwei ihrer vier Kinder aus Äthiopien adoptiert.

    Er findet, die Gewerkschaften hätten ihre Hauptaufgabe in den Betrieben, "aber sie haben sich zu allen politischen Themen zu äußern, weil das im Interesse aller abhängig Beschäftigten ist". Er legt sich mit ihnen an, weil er die Bedeutung von Klimapolitik und Abrüstung höher schätzt als Arbeitsplätze. Und er vermisst einen Aufschrei der Gewerkschaften gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

    Der Belegschaft ans Herz gewachsen 

    Er glaubt nicht mehr daran, "dass wir die Welt in ihren Strukturen heute oder morgen verändern. Sie bleibt wie sie ist. Die Menschen akzeptieren zu viel". Für ihn gelte das nicht. Er möchte "niemals charakterisiert werden als einer, der aufgegeben hat. Du kannst nicht akzeptieren und zuschauen. Du bist verpflichtet, dass du aufstehst und den Mund aufmachst." Das verlange er von sich, "nicht von anderen".

    Weippert, der KBA-Betriebsratsvorsitzende, sprach während der Abschiedsfeier zu Mann: "Ich glaube auch sagen zu dürfen, dass Dir Koenig & Bauer und dessen Belegschaften ganz besonders ans Herz gewachsen sind. Ich darf Dir bestätigen, Du uns auch lieber Walther."

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden