Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Landkreis Würzburg
Icon Pfeil nach unten

RANDERSACKER: Ein Schlaflabor im Hosentaschen-Format

RANDERSACKER

Ein Schlaflabor im Hosentaschen-Format

    • |
    • |
    Jede Farbe ein Modell: Auf der Deutschlandkarte sind alle Kliniken markiert, die mit Somnomedics-Produkten arbeiten.
    Jede Farbe ein Modell: Auf der Deutschlandkarte sind alle Kliniken markiert, die mit Somnomedics-Produkten arbeiten. Foto: Thomas Obermeier

    Es bewegt sich was am Sonnenstuhl in Randersacker. Von außen ist die Veränderung nicht unbedingt zu sehen, steht man aber erstmal in den Räumen des ehemaligen Restaurants Sonnenstuhl, merkt man, dass sich in den vergangenen sechs Monaten einiges getan hat. „Klar, das Bistro war auch bei einigen Mitarbeitern beliebt, aber wir brauchen den Platz“, sagt Dr. Gert Küchler, promovierter Ingenieur und Inhaber und Geschäftsführer von Somnomedics.

    Die Firma hat das angrenzende Restaurant im Sommer 2015 gekauft, schon jetzt wird das Gebäude komplett mitgenutzt: Im Obergeschoss sitzen die Entwickler, unten ist die Therapie-Abteilung. Und an der Rückseite des Hauses entsteht ein Schulungsraum für bis zu 70 Personen.

    Der ist noch nicht ganz fertig und bis auf Stühle und Tische fast leer. Nur zwei lebensgroße Puppen stehen in einer Ecke und präsentieren, was das Unternehmen in Randersacker entwickelt und produziert: Rekorder für die Schlafdiagnostik. Die Geräte tragen Namen wie „Somno Touch“ oder „Somno HD“ und haben nicht viel gemeinsam mit den Apparaturen in früheren Schlaflaboren, die so groß waren wie Schränke. Sie sehen eher aus wie Smartphones, an denen jede Menge Kabel hängen, und die ganz locker um Brust oder Handgelenk getragen werden.

    Das ist das Geschäft von Somnomedics: Möglichst kleine Geräte, die möglichst viele Daten über den Schlaf des Patienten möglichst genau aufzeichnen. Dazu gehören zum Beispiel Muskel- und Augenbewegungen, Gehirnströme, aber auch Puls und Blutdruck.

    Dabei ist das Verkleinern der Technik keinesfalls ein Selbstzweck, wie es zuweilen in anderen Bereichen scheint: „Das Problem mit größeren Geräten ist, dass dadurch meist die Daten verfälscht werden. Wenn sich zum Beispiel ein Arm in einem Kabel verfängt, führt das zwar nicht unbedingt zum Aufwachen, es beeinflusst aber den Schlaf des Patienten“, so Gert Küchler.

    Mit dem Ziel, das Schlaflabor tragbar zu machen, hat er im Jahr 2000 sein Unternehmen gegründet – zu Beginn als klassische Ein-Mann-Firma: „Ich hatte sieben Jahre vorher die Schlafdiagnostik bei einem anderen Unternehmen aufgebaut, hatte also Erfahrung und ein paar Kontakte.“ Bis 2002 war er ausschließlich als Verkäufer tätig und vertrieb amerikanische Analyse-Einheiten. 2003 kam mit Somno-Screen das erste eigene Produkt.

    Das internationale Geschäft war von Anfang an wichtig. Schon in den ersten Monaten nach der Markteinführung des Somno-Screens starteten die ersten Zulassungsverfahren für andere Länder. Die sind ein großes Hemmnis für den internationalen Vertrieb: „Jedes Land hat seine eigenen Standards, sein eigenes Zulassungsverfahren für die Geräte. Diese Verfahren zu durchlaufen ist mühsam, zeitaufwendig und teuer“, sagt Küchler. Doch es scheint sich dennoch zu lohnen. Das Unternehmen verkauft seine Produkte in über 40 Länder, mittlerweile gibt es neben der Zentrale in Randersacker sieben Niederlassungen weltweit, 70 Prozent des Umsatzes wird im Ausland gemacht. Vor allem das asiatische Geschäft boomt. Küchler: „Wir sind in Japan direkt nach der Zulassung zum Marktführer geworden.“

    Nur die Vereinigten Staaten bereiten ihm ein wenig Kopfzerbrechen: „Die Schlafmedizin kommt aus den USA, dort werden die Standards gesetzt. Und ausgerechnet dort haben wir den Durchbruch noch nicht wirklich geschafft.“ Dies habe auch damit zu tun, dass die amerikanischen Ärzte lieber auf große und bekannte Marken vertrauen würden, als auf Innovationen zu setzen. Bei der weiteren Entwicklung hofft Gert Küchler auf eine Studie der Stanford University in Kalifornien.

    Dort sollen Standards für das Schlaflabor der Zukunft entwickelt werden – unter anderem mit Geräten von Somnomedics. „Das ist strategisch unglaublich wichtig.“

    Eines der Geräte, die bei der Studie verwendet werden, soll nach Küchlers Plänen zu einer kleinen medizinischen Revolution führen: Das „Somno-Touch NIBP“ (Non-Invasive Blood Pressure, also nicht-invasiver Blutdruckmesser) misst den Blutdruck des Patienten dauerhaft, und das ohne eine Manschette. „Diese Manschetten blasen sich alle 30 Minuten auf und behindern den Patienten im Schlaf. Das führt dazu, dass der Körper aktiv wird und der Blutdruck steigt. Damit wird das Messergebnis verfälscht“, so Küchler. Außerdem können bei der halbstündlichen Messung wichtige Daten leicht übersehen werden, weil sie zwischen zwei Messungen liegen. Küchler geht davon aus, dass diese Methode die herkömmliche Manschette zumindest bei Langzeitmessungen in Zukunft ablösen wird.

    Für diese Zukunft scheint das Unternehmen gut aufgestellt: Das Firmengelände am Fuß der Randersackerer Weinlage Sonnenstuhl bietet noch 5000 Quadratmeter Erweiterungsfläche, was bei Wachstumsraten von durchschnittlich 20 Prozent pro Jahr durchaus wichtig ist. Das Team ist außerordentlich jung, 60 Prozent der Angestellten sind weniger als 30 Jahre alt. Und schon heute steht Somnomedics mit 16 Prozent Marktanteil auf Platz drei in der Welt.

    Wenn man einer Urkunde im Erdgeschoss der Firmenzentrale glauben darf, ist die Welt jedoch nicht genug: Auf dem gerahmten Zertifikat steht in kyrillischen Buchstaben das Wort „Diplom“. Es bestätigt, dass Somnomedics an der „Mars 500“-Mission beteiligt war: Die Produkte des Unternehmens wurden bei der Probemission in Russland genutzt, um die Vitalfunktionen der Astronauten zu überwachen. Ein wenig stolz erzählt Küchler: „Die Russen haben mir gesagt, dass sie unsere Geräte nutzen werden, wenn sie zum Mars fliegen.“ Marsmarktführer – ein Titel, den nicht viele Unternehmen vorweisen können.

    Somnomedics

    Standort: Am Sonnenstuhl, Randersacker

    Gründungsjahr: 2000

    Mitarbeiter: ca. 80

    Eigentümer: Dr. Gert Küchler

    Umsatz: k.A.

    Niederlassungen: Randersacker (Zentrale), Österreich, Italien, Ägypten, Saudi-Arabien, Indien, China, USA

    Hauptprodukt: Schlafdiagnose-Geräte

    Homepage: www.somnomedics.de

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden