Nach den Feierlichkeiten anlässlich seines hundertsten Geburtstags im Frühjahr und dem nach ihm benannten Literaturpreis hat Würzburg einem seiner bekanntesten Söhne jetzt auch ein Denkmal aus Stein und Stahl gesetzt. Seit Mittwoch erinnert eine knapp drei Meter hohe Stele am Rand des Ringparks an Yehuda Amichai. Der bekannteste Lyriker Israels wurde 1924 als Ludwig Pfeuffer in Würzburg geboren.
Der Ort ist bewusst gewählt: Die kleine Straße zwischen Sanderring und Studentenhaus heißt seit fast 20 Jahren Jehuda-Amichai-Straße. Der unterschiedliche erste Buchstabe des Vornamens – J und Y – auf den Straßenschildern und dem Denkmal liegt darin begründet, dass Amichai selbst seine Briefe an Menschen aus Würzburg immer wieder in beiden Schreibweisen unterzeichnet hat.
Joseph Schuster: Lob für das Denkmal und den Standort
An der offiziellen Enthüllung nahm auch Josef Schuster teil. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und Vorsitzende der Israelitischen Gemeinde Würzburg nannte das Werk des Künstlers Michael Ehlers ein "markantes und höchst gelungenes Denkmal". Auch der Standort sei gut gewählt, betonte Schuster: Wo täglich viele hundert Studierende zwischen der Stadtmensa und den beiden großen Hochschulgebäuden am Sanderring und in der Münzstraße unterwegs sind, "wird vielleicht der eine oder andere den Begriff Denkmal wörtlich nehmen und darüber nachdenken, was dieses Denkmal aussagen soll."

Yehuda Amichai und seine Familie entgingen den Gräueltaten der Nationalsozialisten, indem sie 1935 nach Palästina auswanderten. Dort wurde aus dem "Würzburger Bub", wie ihn Oberbürgermeister Christian Schuchardt bezeichnete, einer der wichtigsten Autoren Israels, dessen Werke in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurden.
Von der Idee zur Umsetzung des Denkmals in kürzester Zeit
Die Idee, ihm in seiner Geburtsstadt ein Denkmal zu setzen, hatten Michael Ehlers und die Initiatoren Daniel Osthoff und Burkhard Hose. Umgesetzt wurde sie in der erstaunlich kurzen Zeit von vier Monaten. Rund 15.000 Euro an Spenden wurden gesammelt, ein passender Standort im Ringpark gefunden und mithilfe einiger städtischer Stellen das etwa vier Quadratmeter große Fundament gelegt. Zuvor wurden einige Büsche an der Ecke Jehuda-Amichai-Straße und Friedrich-Ebert-Ring zurückgeschnitten.

Der Oberbürgermeister bedankte sich bei den Institutionen, die das Denkmal möglich gemacht haben, allen voran dem Verein "Würzburg liest", der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Leonhard-Frank-Gesellschaft. "Die Stadt ist Empfängerin eines großartigen Geschenks, das (…) aus der Mitte der Stadtgesellschaft auf die Beine gestellt wurde", sagte Schuchardt. "Sie haben ein würdiges Denkmal für einen großen Sohn unserer Stadt an die richtige Stelle gesetzt."
Amichai machte sich nicht viel aus Ehrungen
Amichai selbst, der viele Auszeichnungen für sein Lebenswerk erhalten hat und auch in der engeren Auswahl für den Literatur-Nobelpreis war, machte sich nicht viel aus Ehrungen. Das Denkmal musste daher "so aussehen, dass es nicht zu einem Podest für einen verstorbenen Dichter wird, sondern zu einem Ort, an dem sich die Gedichte Amichais mit dem Alltag der Menschen in der Gegenwart verbinden", erläuterte Burkhard Hose von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit.

Neben dem Namen sind daher die ersten Zeilen eines der bekanntesten Amichai-Gedichte verewigt: "An dem Ort, an dem wir recht haben, werden niemals Blumen wachsen im Frühjahr." Zum Denkmal gehören auch fünf nachgebildete Bücher, darunter Amichais Roman "Nicht von jetzt, nicht von hier", der in Würzburg spielt. Ein QR-Code führt zu einer kurzen Biographie des Dichters auf der Webseite der Stadt. Dort sind auch die Namen von gut 50 Spenderinnen und Spendern aufgelistet.