Für die Jugendlichen ist es „Die Stoll“ und sie sind „die Stoller“: Die staatliche Jakob-Stoll-Realschule, heute in der Frankfurter Straße 71 in der Zellerau beheimatet, wird 60 und begeht diesen Geburtstag am kommenden Mittwoch „mit einer Jubiläumsfeier“, so Konrektorin Rosalinde Hohnheiser.
Nicht nur die Feier hat es in sich, denn dabei wird eine neu aufgelegte Chronik vorgestellt und die Schüler präsentieren gleich zwei aktuelle Spendenaktionen, sondern die ganze Schule mit ihren 568 Schülern in 23 Klassen hat richtig viel zu bieten: neben der „Schule ohne Rassismus“, einem von der Schülerschaft initiierten und inzwischen offiziell ausgezeichneten Projekt, ist sie eine Schule mit Schülerband-Klassen. Die Schülerband ist begehrt. Die Jungs und Mädchen mit E-Gitarre, Gitarre, Keyboard und Gesang gewinnen nicht nur einen Wettbewerb nach dem anderen, sondern haben auch immer wieder Auftritte bei offiziellen Anlässen.
Die Jakob-Stoll-Realschule war ab 1954 die Nachfolgerin der früheren Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in der Sandbergerstraße im Frauenland. Ihr Name resultiert vom einstigen Lehrerausbilder Jakob Stoll, dem Direktor der früheren Einrichtung.
Weil die Stadt mit ihren beiden früheren städtischen Gymnasien – dem Mozart- und dem Schönborngymnasium mit Realschule – jonglierte, um die Schullast möglichst an den Staat abzugeben, wurde das Haus an der Sandbergerstraße Verhandlungsmasse. Die Einführung der so genannten R 6 – der Realschule mit sechs Jahrgängen statt vier wie früher – tat ihr Übriges dazu, denn die Schülerzahl nahm dadurch enorm zu. So bot die Stadt das Gebäude in der Sandbergerstraße letzten Endes für eine neue staatliche Realschule an. Ergebnis: Die Jakob-Stoll-Realschule behielt ihren Namen, zog aber um. Seit September 2000 ist sie in der Zellerau untergebracht. Dort hatte sie im Schuljahr 2006/07 rund 900 Schüler – es wären noch mehr gewesen, hätte der damalige Ministerialbeauftragte die Schüler nicht noch auf andere Realschulen verteilt.
In ihrer alten Heimat befindet sich nun eine andere, die neue staatliche Realschule Wü III - heute „David-Schuster-Schule“.
Einst reine Jugenschule, wurde „die Stoll“ Anfang der 90-er Jahre auch für Mädchen geöffnet. Heute dominieren die Jungs aber nach wie vor: kein Wunder, denn zwei private Klosterschulen in Würzburg nehmen nur Mädchen auf. Die Jungen weichen zwangsläufig auf die staatlichen Realschulen aus, von denen es drei in Würzburg gibt. Zurzeit sind zwei Drittel der Stoll-Schüler Buben.
Rosalinde Hohnheiser war selbst vom Zellerauer Beginn an im Jahr 2000 mit dabei. Ab dem Jahr 2003 war sie dann Lehrerin in der David-Schuster-Schule und kam im Jahr 2010 als Konrektorin zurück an die Stoll-Schule in der Frankfurter Straße. Das Besondere erlebt sie hier schon beim Ankommen: Das Parken unter belaubten Bäumen, das viele Grün im Pausenhof „inmitten eines dicht bebauten Stadtviertels“, das auch noch die Umgebungsgeräusche dämpft. „Grün beruhigt“, sagt sie und zeigt das entstehende Grüne Klassenzimmer auf einem bislang nicht genutzten und bis dato etwas verwilderten Bereich zwischen Turnhalle und Verwaltungstrakt. Ein Atrium aus großen Muschelkalkblöcken ist bereits zu sehen, und die aktuelle Baustelle mit Gerüsten am Schulgebäude wegen einer nötigen Dachsanierung wurde gleich genutzt, um das neue Klassenzimmer im Freien mit einem Erdwall zu begrenzen.
Wegen der derzeitigen Dachreparatur kann die Schule einen Teilbereich nicht nutzen und die Feier wird deshalb im Eingangsbereich stattfinden. Eingeladen ist eine Auswahl von Schülern, insbesondere Schülersprecher und besonders engagierte Kinder und Jugendliche, neben Eltern und Festgästen. Für die Jüngeren endet der Unterricht am Mittwoch bereits um elf Uhr.
Schulprojekte: Seit zwei Jahren trägt die Stoll-Schule den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, verliehen von der gleichnamigen europäischen Jugendinitiative, die – 1988 in Belgien gegründet – in Deutschland 1995 vom Verein „Aktion Courage“ initiiert wurde. Das Zertifikat setzt jährliche Aktionen gegen Rassismus voraus. Die Stoller besuchen in diesem Rahmen zum Beispiel Moscheen, übernehmen Geschenkeaktionen für Flüchtlinge und spielen und basteln mindestens einmal im Monat nachmittags mit kleinen Kindern unter sechs Jahren in der Gemeinschaftsunterkunft (GU) innerhalb einer Partneraktion mit der Caritas. So lernen die „Minis“ in der GU die deutsche Sprache in früher Kindheit und erwerben sich damit einen einfacheren Schulstart. „Es ist toll zu sehen, wie die Schüler dabei aufblühen“, so Hohnheiser.
„Es ist toll zu sehen, wie die Schüler aufblühen“
Rosalinde Hohnheiser, Konrektorin
Schulleiter Heinricht Eckl erkenne die Bedürfnisse seiner Schüler, die aus den verschiedensten Nationen kommen, und fördere sie mit einer offenen Schule, die unterschiedliche Religionen und Hautfarben als vollkommen normal einbezieht, ebenso wie körperliche und geistige Verschiedenheit: nicht nur, dass Stoll-Lehrkräfte auch in der Elisabeth-Weber-Schule für Kranke unterichten, sondern die Schule nimmt von dort auch immer wieder Kinder auf, die zum Teil hier auch ihren Abschluss machen.
Auch der „soziale Tag“ ist eine Eigenheit der Schule: an diesem Tag arbeiten die Kinder in Firmen, in der Nachbarschaft oder bei Verwandten und verdienen dabei Geld, das sie spenden. So wird die Schulleitung kommenden Mittwoch über 6000 Euro für die Würzburger Kindertafel zur Verfügung stellen. Manch ein Jugendlicher habe durch diese Aktion schon ein Praktikum bei einem künftigen Arbeitgeber gemacht, so die Konrektorin. Eine zweite Spendenaktion ist die des Spendenlaufs, wobei Eltern für gelaufene Kilometer zahlen. So wird die Schule noch weitere 1400 Euro für weitere soziale Einrichtungen in Würzburg überweisen.