Mitreißend und bewegend ist der Stoff. Etwas, das zu Herzen geht und tief in die Seele dringt. Unverblümt und packend erzählt der Roman „Der Schulmeister und sein Sohn“ eine Sommerhäuser Geschichte aus den Wirren des 30-jährigen Krieges, gespickt mit viel Lokalkolorit sowie Namen und Örtlichkeiten zum Wiedererkennen.
Geschrieben hat das fesselnde Zeitbild Karl Heinrich Caspari, der am 16. Februar 1815 in Eschau im Spessart geboren wurde und von 1844 bis 1848 evangelischer Pfarrer in Sommerhausen war. Früher noch Pflichtlektüre in der Sommerhäuser Schule, war das Büchlein aber schon ein wenig in Vergessenheit geraten.
Bis es vor 20 Jahren in die Hände von Herbert Löw fiel, der in Sommerhausen die Künstleragentur ArtCon betreibt und immer auf der Suche nach Stoffen ist, vor allem nach historischen. „Das musst Du lesen, das ist unsere Sommerhäuser Geschichte“, hatte ihm damals der Nachtwächter Siegbert Fuchs, selbst sehr geschichtsbewandert, geraten.
„Ich finde es spannend, mich mit Menschen aus der Heimat zu befassen.“
Markus Grimm Schauspieler
Und Löw las es. „Es hat mich begeistert und wirklich berührt“, erinnert er sich. Doch die Gelegenheit, es sofort in ein Theaterstück um zu setzen, fehlte und so schlummerte das Büchlein weitere 17 Jahre vor sich hin. Mit der Sanierung des Rathauses aber wuchs auch der Wunsch, das Stück neu zu schreiben und im alten Rathaus aufzuführen.
Denn Löw geht es darum, historische Themen in den Fokus der heutigen Zeit zu stellen und bei den Menschen, das Geschichtsbewusstsein für ihre Heimat zu wecken, sagte er bei der Vorstellung des Projektes im Bürgersaal des Rathauses. Der Gemeinderat gab seine Zustimmung, Sponsoren und der Würzburger Autor und Schauspieler Markus Grimm wurden dafür gewonnen.
„Ich finde es spannend, mich mit Menschen aus der Geschichte zu befassen, vor allem mit denen aus der Heimat“, erzählt er. „Geschichte zeigt uns, wo wir herkommen, wo unsere Wurzeln liegen und warum wir heute so sind, wie wir sind“, meint er. „Geschichten sind eine wunderbare Form, um über Menschliches zu reden, mal witzig, mal traurig, mal unterhaltsam“, so seine Einschätzung.
Genauso eine Geschichte sei die des Schulmeisters Ulrich Gast und seines Sohnes Valentin. Der Roman spielt im 30-jährigen Krieg und handelt von einfachen Menschen, die etwas verlieren. Verwandte, Angehörige, den Glauben an Gott und Ideale. Und von Menschen, die etwas suchen. Menschen, die sie verloren haben, Glück und Zufriedenheit. Dabei haben diese Themen überhaupt nichts Verstaubtes an sich, sondern sie sind auch heute hochaktuell.
„Caspari schreibt auch für uns, weil unsere Zeiten genauso wie damals, auch sehr wechselvoll sind“, sagt Grimm. Und so nahm er diese in einfacher, unspektakulärer Sprache verfasste Geschichte und modernisierte sie behutsam. „Es war mir sehr wichtig, auf keinen Fall den Charakter einer historischen Schrift zu zerstören“, betont der Autor. Nur den sprachlichen Zugang habe er erleichtern wollen, ohne dabei die Substanz anzutasten.
„Caspari schreibt auch für uns, weil unsere Zeiten auch sehr wechselvoll sind.“
Markus Grimm über die Vorlage
Dass ihm das gelang, davon konnten sich die geladenen Gäste im Bürgersaal überzeugen, als er einige Passagen aus dem nun neu aufgelegten Buch „Heimat – Die Geschichte vom Schulmeister und seinem Sohn“ vorlas. Mucksmäuschenstill war es im Bürgersaal. Und plötzlich war man mittendrin in einer Zeit in Sommerhausen, als die Tore am Abend noch fest verschlossen wurden, um sich vor raubendem Gesindel zu schützen.
Die Zuhörer erlebten hautnah, wie Veit Geißendörfer, Wächter am Unteren Tor, sich diesem Gesindel todesmutig entgegenstellt und brutal erschlagen wird. Sie litten mit dem Schulmeister Ulrich Gast, dessen Sohn Valentin in zwielichtige, Gesellschaft gerät und deshalb fliehen muss. Man spürte die Trauer des Vaters, an dem Krieg und Pest nicht spurlos vorüber gehen. Aber auch die Freude, als sein verlorener Sohn endlich nach Hause zurückkehrt.
Grimms Kostproben machten Lust auf mehr. Und wer mit dem Lesen beginnt, kann kaum mehr aufhören, so spannend ist es geschrieben. Doch damit nicht genug: Markus Grimm ist davon überzeugt, dass man diese Geschichte nicht nur erzählen, sondern auch spielen muss.
Und so hat er es als Einpersonen-Stück inszeniert. Man darf sich also auf ein spannendes Stück Geschichte freuen, das am 14. März im Bürgersaal Premiere feiern wird. Sommerhausens Bürgermeister Fritz Steinmann jedenfalls ist begeistert, dass das Büchlein nicht länger in der Schublade verstaubt. Denn schließlich sei es auch eng mit der Geschichte des Rathauses verknüpft, das nach umfangreicher Sanierung am 20. März wieder eröffnet wird.
Und auch Karl Heinrich Caspari würde sich bestimmt freuen, feiert man doch heuer seinen 200. Geburtstag.
Schulmeister und sein Sohn
Der Inhalt: Der alte Schulmeister Ulrich Gast blickt auf sein wechselvolles Leben zurück und erzählt von guten und schlimmen Zeiten, von Lebensglück und Leid. Und von seinem Sohn Valentin, den es im Krieg in die Fremde verschlagen hat und den er seit Jahren vermisst.
Der Autor: Karl Heinrich Caspari (1815 bis 1861) gilt als einer der bedeutendsten Volksschriftsteller mit regionalgeschichtlichen Bezügen. Neben der „Schulmeister und sein Sohn“ schrieb er Sagen aus seiner Heimat, dem Spessart, sowie Erzählungen, Parabeln und Gleichnisgeschichten.
Die Aufführungen: Samstag, 14. und 21. und 28. März 2015, jeweils 20 Uhr; Sonntag, 22. März 2015, 17 Uhr im Rathaus Sommerhausen.
Vorverkauf: Karten zu 14 Euro gibt es beim Verkehrsverein Sommerhausen, Tel. 09 33 3 (82 56) oder im Falkenhaus Würzburg, Tel. (09 31) 37 23 98). Karten an der Abendkasse kosten 18 Euro.
Das Buch: Erhältlich im Rathaus und in der Touristinfo Sommerhausen, in der Buchhandlung Dreizehneinhalb Würzburg, Buchhandlung am Turm Ochsenfurt und bei Galerien. Online: www.artcon-kuenstler.de