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Würzburg: Einzigartige Musik in einer gar nicht heilen Welt: So lief die Eröffnung des Würzburger Mozartfests 2024

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Einzigartige Musik in einer gar nicht heilen Welt: So lief die Eröffnung des Würzburger Mozartfests 2024

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    Charismatischer Bariton: Benjamin Appl beim Eröffnungskonzert des Mozartfests 2024, begleitet von Les Talens Lyriques unter der Leitung von Christophe Rousset.
    Charismatischer Bariton: Benjamin Appl beim Eröffnungskonzert des Mozartfests 2024, begleitet von Les Talens Lyriques unter der Leitung von Christophe Rousset. Foto: Dita Vollmond

    Dass hochrangige Politiker aus München Landschaft und Lebensart Frankens rühmen, wenn sie Franken besuchen, muss offenbar so sein. Innenminister Joachim Herrmann machte da keine Ausnahme, als er am Freitag die Rede zum Eröffnungskonzert des Würzburger Mozartfests im Kaisersaal der Residenz hielt. Dass die Welt außerhalb Frankens nicht ganz so heil ist, zeigte sein dringlicher Wahlaufruf zur Europawahl: "Es muss eine Mehrheit für die geben, die dieses Europa wollen, und nicht für die, die es zerstören wollen."

    Ganz und gar unheil ist die Welt in der Ukraine, woran der kurze, mit langem Beifall bedachte Auftritt von Andryi Sadovyi erinnerte. Sadovyi ist Bürgermeister von Würzburgs westukrainischer Partnerstadt Lwiw. "Jeden Tag versorgen wir Verwundete, 30.000 unserer Bürger sind an der Front, um die Demokratie zu verteidigen", sagte er.

    Christian Schuchardt ist Oberbürgermeister seit 2014. In diesem Jahr hat er auch die erste von Intendantin Evelyn Meining verantwortete Mozartfest-Saison eröffnet. Ihr Amtsantritt habe eine "Zeitenwende" für das Festival bedeutet, so der OB. Sie habe "gezeigt, was substanzielle, geistvolle, nachhaltige Programmgestaltung bedeutet". Meining wiederum erläuterte ihr Konzept mit einem Zitat von Stefan Zweig: "Nur wo man viel fordert von der Kunst, gibt sie viel."

    Ein dramaturgisch durchaus eigenwilliges Eröffnungsprogramm

    Das diesjährige Motto "Schuld und Vergebung: Seelenforscher Mozart", auf den ersten Blick eher sperrig, erschließt sich unverhofft schnell, wenn man sich klarmacht, dass Mozart in seiner Musik immer Konflikt und Spannung sucht. Das zeigte sich gut im dramaturgisch durchaus eigenwilligen Eröffnungsprogramm mit Mozarts Linzer Sinfonie, der Ouvertüre zu "La clemenza di Tito" und Arien von Mozart, Haydn und deren Zeitgenossen Vincente Martín y Soler, Giuseppe Sarti und Antonio Salieri, alle übrigens zu Lebzeiten weitaus erfolgreicher als Mozart.

    Abseits jeglicher Gefühligkeit: Christophe Rousset am Pult seines Orchesters Les Talens Lyriques.
    Abseits jeglicher Gefühligkeit: Christophe Rousset am Pult seines Orchesters Les Talens Lyriques. Foto: Dita Vollmond

    Die Geschichte hat dieses Missverhältnis längst korrigiert, die Gegenüberstellung machte klar, warum: Wo andere aus einer Idee ganze Arien entwickeln, haut Mozart schon in den ersten 20 Takten so viele Ideen raus, dass man nur staunen kann. Wenn dann noch ein charismatischer Bariton wie Benjamin Appl eine Arie wie "Io ti lascio" zum Abschied nicht nur von der Geliebten, sondern von aller Hoffnung auf Glück macht, wird einmal mehr zutiefst spürbar, welch einzigartigen Schatz dieses Werk darstellt.

    Müsste man den Umgang mit Mozart von Artiste étoile Christophe Rousset und seinem Originalklangorchester Les Talens Lyriques mit nur einem Wort umschreiben, müsste dieses "unsentimental" lauten. Das mag in Zeiten historisch informierter Aufführungspraxis nicht besonders originell klingen. Aber Rousset und sein 1991 gegründetes Ensemble treiben die Verweigerung jeglicher Gefühligkeit fast auf die Spitze.

    Bei Rousset & Co. gibt es jede Menge neuer Lieblingsstellen zu entdecken

    Das kann dazu führen, dass die ein oder andere Lieblingsstelle, von anderen Klangkörpern sonst liebevoll herausgearbeitet, nur zu erahnen ist. Dafür gibt es bei Rousset & Co. jede Menge neuer Lieblingsstellen zu entdecken. Zum Beispiel das pralle Leben in Mozarts Mittelstimmen, etwa knackigste Sechzehntel in den zweiten Geigen oder tiefgründig geraunte Kommentare in den Bratschen.

    Da müssen gelegentlich erste Geigen, sogar Trompeten und hin und wieder auch der Solist ein wenig zurückstehen, der Perspektivwechsel ist es allemal wert. Zumal Benjamin Appl mit seiner völlig schlackenfreien Stimme, die gleißendes Strahlen ebenso kann wie fabelhaft tragendes Piano, mit seiner klaren Diktion und der Fähigkeit, auch die kleinsten Momente emotional aufzuladen, durchaus keine Rücksichtnahme benötigt. Den tosenden Applaus belohnen Orchester und Solist mit zwei eher lärmenden Haydn-Arien. 

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