Es ist ein Ort, an dem Kinder mit Tieren, Öko-Landwirtschaft und im Einklang mit der Natur heranwachsen sollen: der "Natur- und Bauernhofkindergarten am Pabst-Hof" in Giebelstadt. Eine kleine, familiäre Einrichtung in der 5700-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Würzburg, in der sich jeder kennt. Seit Monaten ist die Idylle getrübt: Mehrere Eltern kritisieren Intransparenz, fragwürdige Erziehungsmethoden und befürchten eine Unterwanderung durch "Kingdom Impact". "Wenn man sein Kind da hinbringt, bekommt man die Katze im Sack", sagt eine Mutter. "Man erfährt nicht, was hier gelehrt wird."
Mehrere Eltern haben ihre Kinder aus dem Kindergarten genommen
Im Juni hatte die Redaktion der Hinweis einreicht, mehrere Familien hätten ihren Betreuungsplatz fristlos gekündigt. Sie würden eine Unterwanderung des 2018 gegründeten Kindergartens mit Glaubensinhalten von "Kingdom Impact" befürchten. Die Redaktion hat daraufhin mit mehreren Familien gesprochen, die ihre Kinder aus der Einrichtung genommen haben.

Von den zu Jahresbeginn 26 Kindern sollen zeitweise nur noch 13 die Einrichtung besucht haben. Aktuell sind es 17.
Der Betreiber der Einrichtung spricht von vier außerordentlichen Kündigungen. Eltern zufolge gab es mehrere außerordentliche Kündigungen sowie zahlreiche ordentliche.
Ulrich Pabst hat Anzeige wegen Verleumdung gestellt
Hinter der Entwicklung stehe – so die Eltern übereinstimmend – die Familie Pabst: das Ehepaar Pabst und zwei ihrer erwachsenen Kinder. Die Tochter und der Sohn sind Mitglieder im Trägerverein, der Sohn hat ebenfalls ein Kind im Bauernhofkindergarten. Sie alle sollen der Glaubensgemeinschaft "Kingdom Impact" nahestehen.
"Die Freiheit, was Menschen glauben, ist in unserem Land gesetzlich geschützt."
Ulrich-Pabst, Kindergarten-Betreiber
Diese Redaktion hat Ulrich Pabst detailliert nach Verbindungen zu "Kingdom Impact" (KI) gefragt. Auf die Frage nach einer Mitgliedschaft antwortet er: "Ich bin nicht Mitglied bei 'Kingdom Impact', keiner meiner Familie und auch niemand unserer Mitarbeiter!" Die Fragen, ob er je Kontakt zu KI hatte oder Schulungen und Seminare der Glaubensgemeinschaft besucht hat, beantwortet er nicht.
Ulrich Pabst hat bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt wegen Verleumdung erstattet. Das Polizeipräsidium Unterfranken bestätigt, dass derzeit Vorermittlungen stattfinden. "Die Freiheit, was Menschen glauben, ist in unserem Land gesetzlich geschützt", sagt Pabst.
Experten sehen "konfliktträchtiges Potenzial" bei umstrittener Glaubensgemeinschaft
Die Glaubensgemeinschaft "Kingdom Impact" rund um die selbsternannte Prophetin Monika Flach hat ihren Hauptsitz in Pfullendorf-Denkingen in Baden-Württemberg. "Kingdom Impact" sei schwer zu verorten, heißt es auf Nachfrage beim Referat "Sogenannte Sekten und Psychogruppen" im Bundesverwaltungsamt. An diese Informations- und Dokumentationsstelle hatten sich besorgte Eltern gewandt. Die Tendenz gehe zu einer streng evangelikal-charismatischen Ausrichtung, die Bibel werde als das einzig wahre Wort Gottes gesehen. Dies könne durchaus problematisch sein, so das Amt.

In einer Antwort an eine Mutter schreibt die Behörde: "Kingdom Impact" stehe für "ein neues Weltbild, streng nach dem Maßstab der Bibel, welches auf 'Gemeinschaft' baut". Und: "Das Individuum spielt keine Rolle." Daher könne nicht ausgeschlossen werden, "dass sich hier ein konfliktträchtiges Potenzial aufbaut".
Auch an den Weltanschauungsbeauftragten der Diözese Würzburg, Jürgen Lohmayer, haben sich Eltern gewandt. Er sagt: Ein Kernelement der Glaubensgemeinschaft sei "die Abkehr von einem aufgeklärten Weltbild."
Welche Rolle spielt Pabst-Tochter bei Kingdom Impact?
Mehrere Eltern sind davon überzeugt, dass der Kindergarten von der Glaubensgemeinschaft unterwandert wird. Screenshots, die der Redaktion vorliegen, zeigen: Die erwachsene Tochter wurde bis vor Kurzem von "Kingdom Impact" als "Gebetsleiterin" aufgeführt. Ihr Zuständigkeitsbereich laut der KI-Homepage: der "Zionsort Giebelstadt". Eltern berichten, dass unmittelbar nach einem Elternabend, auf dem die Familie Pabst damit konfrontiert wurde, der Name der Tochter samt dem "Zionsort Giebelstadt" von der KI-Homepage verschwunden sei.
Die Tochter will sich dazu nicht äußern. Eine Sprecherin von "Kingdom Impact" teilt mit, sie habe "keine Rolle bei Kingdom Impact" und sei auch keine Mitarbeiterin. 2021 sei sie in einem KI-Jahresprojekt "Ansprechperson" für eine Gebetsgruppe gewesen. "Wir wurden von ihrer Seite gebeten, da es aufgrund dieser Erwähnung auf unserer Webseite zu Missverständnissen in ihrer Umgebung gekommen ist, den Eintrag ihres Namens zu entfernen."
"Prophetin" Monika Flach empfiehlt Buch von Pabst-Sohn
Ein erwachsener Sohn des Ehepaars Pabst hat in seinem Buch "Die Vision der Söhne Gottes" über religiöse Lebensgemeinschaften geschrieben. Das Buch ist im Medienshop von "Kingdom Impact" erhältlich und wird in einem Video den Anhängern von "Prophetin" Monika Flach ans Herz gelegt. Der Sohn "war nie und ist nicht Teil oder Mitarbeiter von Kingdom Impact", teilt eine Sprecherin von "Kingdom Impact" mit.
Zur Rolle seiner Kinder im Bauernhofkindergarten äußert sich Ulrich Pabst so: Seine Tochter und sein Sohn gehörten zwar dem Trägerverein an, sie würden aber nicht "am operativen Tagesgeschäft teilnehmen" und "nicht im Kindergarten mitarbeiten".

Eltern hingegen vermuten, dass der Sohn in Giebelstadt eine religiöse Lebensgemeinschaft gründen will. Über eine Elternsprecherin habe er in der WhatsApp-Gruppe der Kindergarteneltern eingeladen, über die "entstehende Lebensgemeinschaft" zu informieren. "Mir sind mehrere Familien bekannt, die in der letzten Zeit nach Giebelstadt gezogen sind, um hier gemeinsam mit der Familie Pabst zu leben", sagt eine Mutter. Sie habe den Eindruck, der Sohn habe die Rolle eines geistigen Anführers inne.
Auf eine Anfrage der Redaktion reagierte der Pabst-Sohn nicht.
Tochter musste an Fasching ihr Hexenkostüm ausziehen
"Meine Tochter musste an Fasching ihr Hexenkostüm wieder ausziehen", berichtet eine Mutter.
Von einem Verbot bestimmter Figuren will Ulrich Pabst nichts wissen: Es hätte "einzelne Vorfälle" gegeben, bei denen "Kinder andere Kinder mit Hexen-Zaubersprüchen bedrängt, verängstigt und zum Weinen gebracht haben, und in dem Fall das Spiel aus diesem Grund untersagt wurde". Unabhängig davon thematisiere man Hexen und Zauberer, "ähnlich dem Halloween-Kult", nicht, "weil wir darin keinen pädagogischen Mehrwert für diese Altersgruppe erkennen können".
Mittlerweile hat der Kindergarten auf seiner Homepage ein Konzept veröffentlicht, in dem es heißt: "Wir entwickeln und leben beispielsweise echte Alternativen zu 'kommerziellen Traditionen' wie Fasching, Halloween, dem Osterhasen oder dem Coca-Cola-Weihnachtsmann." Veröffentlicht wurde das Konzept lange nach den Kündigungen. Eine Mutter sagt: "Uns wurde bei der Anmeldung nicht gesagt, dass Hexen und Zauberer verbotene Figuren seien. Auch über die religiösen Inhalte wurden wir nicht aufgeklärt."

Dass es Kniebeugen als "mögliche Konsequenz" auf ein bestimmtes Verhalten gibt, räumt Ulrich Pabst ein: "Kniebeugen – die maximale Anzahl ist auf das Alter der jeweiligen Kinder begrenzt – sind situativ und selten eine mögliche Konsequenz, gerade bei Kindern mit viel Bewegungsdrang, um so das ganzheitliche Bewusstsein für eine Lern-Situation zu fördern", erklärt er. Strafen gebe es in der Einrichtung aber keine.
Sozial- und Bildungsausschuss der Gemeinde hatte kritische Fragen an Kindergarten-Betreiber
Giebelstadts Bürgermeister Helmut Krämer wurde im Juni von besorgten Eltern über die Kündigungswelle informiert. Gespräche habe er "sowohl mit den Eltern, die ihre Kinder abgemeldet haben, als auch mit den Betreibern des Kindergartens" geführt, sagt Krämer. Er ist überzeugt: "Kingdom Impact" spiele nicht in den Kindergartenalltag hinein. Den Zuzug von Familien aus dem Freundeskreis der Familie Pabst bestätigt der Bürgermeister.

Auch im Sozial- und Bildungsausschuss der Gemeinde war der Kindergarten in diesem Sommer wegen der Vorwürfe der Eltern Thema: Die Betreiber hätten den Mitgliedern ihr Konzept vorgestellt, es gab kritische Nachfragen und einen Ortsbesuch. Krämers Fazit: "90 Prozent des Konzepts sind genial, die anderen zehn Prozent müssen transparent sein und in die richtige Richtung gehen."
Die "anderen zehn Prozent" sind die "religiösen Inhalte" des Konzepts, auf Grundlagen der Bibel und der Schöpfung", so Krämer. Die Familie Pabst habe nie verheimlicht, dass sie evangelisch sei und die Bibel als Grundlage für ihr Leben sehe.
"Die Gemeinde steht von Anfang an hinter dem Projekt Bauernhofkindergarten."
Helmut Krämer, Bürgermeister von Giebelstadt
In Giebelstadt gibt es zwei Kindergärten mit kirchlichen Trägern. Am Bauernhofkindergarten beteilige sich die Gemeinde, die weder Eigentümerin noch Trägerin ist, den rechtlichen Vorgaben entsprechend an den Personalkosten, sagt der Bürgermeister. 2018 habe die Gemeinde einen Bauwagen gekauft, den der Kindergarten umsonst nutzen dürfe. Für ihn sei die Einrichtung ein "Aushängeschild", sagt Krämer. Er sei froh über private Träger.
"Die Gemeinde steht von Anfang an hinter dem Projekt Bauernhofkindergarten", verdeutlichte Krämer erst jüngst bei einer Feier zur Anerkennung der Regierung von Unterfranken des Kindergartens als "Wasser-Kita".
Aufsichtsbehörde wird den Kindergarten kontinuierlich begleiten
An die Fachaufsicht für Kitas des Landkreis Würzburg hatten sich besorgte Eltern ebenfalls gewandt. Man habe den Kindergarten daraufhin hinsichtlich "Betriebserlaubnis und die Umsetzung der Bildungs- und Erziehungsziele" überprüft, teilt das Landratsamt mit.
Den Betreibern sei auferlegt worden, Konzeption und pädagogische Grundhaltung intensiv zu überarbeiten. Dies geschehe aktuell unter einem externen Coaching des "Staatsinstitut für Frühpädagogik" (IFP). Das Konzept soll laut Landratsamt voraussichtlich bis Jahresende stehen. "Die Beschwerden führten dazu, dass die Aufsichtsbehörde die Einrichtung kontinuierlich begleiten wird."
Und: Die Eltern müssten künftig transparenter informiert werden, so das Landratsamt. Bereits beim Aufnahmegespräch müssten "die pädagogischen Grundsätze und die religiöse Ausrichtung, insbesondere im Umgang mit Märchen, Hexen und Zauberei" Thema werden.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, die Tochter des Ehepaars Pabst habe ihre Kinder ebenfalls im Bauernhofkindergarten. Diese Behauptung ist falsch, die Tochter hat keine Kinder im Bauernhofkindergarten. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
Transparenzhinweis vom 6. Februar 2024: Der Lernort-Pabsthof e.V., Betreiber des Natur- und Bauernhofkindergartens in Giebelstadt, hat beim Landgericht Würzburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung von Teilen der Berichterstattung gestellt. Im Urteil vom 5. Februar 2024 gab die Zivilkammer der Main-Post überwiegend recht: So sei die Verdachtsberichterstattung in diesem Fall zulässig gewesen. Auch die Darstellung der vermuteten Nähe des Kindergartens zu der Glaubensgemeinschaft "Kingdom Impact" sowie die Befürchtung mehrerer Eltern einer Unterwanderung durch diese seien zulässig. Ebenso der Vorwurf der Intransparenz. Andere Punkte konnten in der Beweisaufnahme nicht hinreichend belegt werden bzw. wurden von uns bereits vor Verkündung des Urteils nicht mehr verbreitet. Der Text wurde entsprechend geändert.
Transparenzhinweis vom 6. Juni 2024: In der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Bamberg wurde das Urteil vom Landgericht in den oben erwähnten Punkten bestätigt. Einige Punkte beanstandete das OLG. Der Text wurde entsprechend geändert.
"Lernort Bauernhof" und "Natur- und Bauernhofkindergarten am Pabst-Hof"Seit vielen Jahren bietet die Familie Pabst mit ihrer Initiative "Lernort Bauernhof" Kindergärten, Schulen und Familien pädagogisch angeleitete landwirtschaftliche Projekte auf ihrem Hof in Giebelstadt an. Trägerverein des Bauernhofkindergartens ist der "Lernort Pabst-Hof", mit Ulrich Pabst als Vorsitzendem und seiner Frau als Stellvertreterin.Das Pilotprojekt Bauernhofkindergarten läuft seit 2018, angesetzt ist es auf fünf Jahre. Es handelt sich um Unterfrankens ersten Bauernhofkindergarten. Aktuell besuchen 17 Kinder die Einrichtung in Giebelstadt, in der neben der Kindergartenleitung fünf Erzieherinnen und Erzieher beschäftigt sind.cat