Die Koalition aus SPD, Grünen und FPD ist seit Mittwochabend Geschichte. So reagieren unterfränkische Bundestagsabgeordnete auf das Ampel-Aus.
1. Karsten Klein, FDP: Gut "sich keinem Ultimatum von Scholz zu beugen"

Für FDP-Bezirkschef Karsten Klein ist das Ende der Regierung "nur konsequent". Christian Lindner habe völlig recht gehabt, "sich keinem Ultimatum von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu beugen". SPD und Grüne seien nämlich nicht zu einer "Wirtschaftswende" bereit gewesen. Dazu gehören für den Bundestagsabgeordneten aus Aschaffenburg eine Abkehr von der "verfehlten Klimapolitik" und ein Einbremsen der "ausufernden Sozialpolitik". Ein Weiter-So, wie es die Koalitionspartner propagierten, sei Gift für die Wirtschaft. Klein: "Jede Woche tut da weh."

Der FDP-Politiker plädiert für schnelle Neuwahlen. Dass Volker Wissing den Kurs seiner Parteifreunde nicht mitträgt und die FDP verlässt, um weiter Bundesverkehrsminister bleiben zu können, wollte Klein nicht kommentieren: "Da sage ich nichts."
2. Manuela Rottmann, Grüne: "Jeden Quatsch werden wir nicht mitmachen"

"Wir wussten, dass es eine Woche der Entscheidung wird. Aber angesichts des Wahlausgangs in den USA habe ich schon gedacht, dass allen klar ist, wie wichtig es ist, dass Deutschland stabil bleibt", sagt die Grünen-Abgeordnete Manuela Rottmann aus Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen). Es hätten Vorschläge auf dem Tisch gelegen, die den Klimaschutz, die Unterstützung der Wirtschaft und Hilfen für die Ukraine unter einen Hut gebracht hätten. Dass Christian Lindner "nicht kompromissbereit" gewesen sei und auf seine eigene Agenda bestanden habe, nennt Rottmann "beschämend".
Die Ankündigung des Bundeskanzlers, nun noch möglichst viele wichtige Gesetzesvorhaben auf den Weg zu bringen, hält die frühere Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium für umsetzbar. Auch die Union müsse sich hier nun verantwortungsbewusst zeigen, findet Rottmann. "Jeden Quatsch werden wir Grüne aber auch nicht mitmachen."
3. Bernd Rützel, SPD: "Bis zum Schluss gehofft, dass wir den Haushalt hinkriegen"

Der unterfränkische SPD-Chef Bernd Rützel hat das Ampel-Aus "überrascht, aber nicht überrumpelt". Es habe sich "seit Wochen abgezeichnet durch die Querelen der letzten Zeit", sagt er. "Ich habe aber bis zum Schluss gehofft, dass wir diesen Haushalt hinkriegen." Es habe "viele Vorschläge" gegeben, "aber Lindner hat sich verweigert, das hat man intensiv mitbekommen". So sei einem "geduldigen Kanzler der Geduldsfaden gerissen". Einige sagen, Scholz "hätte früher auf den Tisch hauen müssen", aber er habe eben vieles probiert, um die Regierung zusammenzuhalten.
Der Abgeordnete aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart) nimmt nun die Union in die Pflicht. Die schwächelnde Wirtschaft, die Lage in der Ukraine - Rützel zählt "gigantische Herausforderungen" auf, die keinen Aufschub duldeten. "Es geht hier jetzt um Staatsverantwortung", meint er. "Wir können jetzt einige Monate dahin dümpeln, oder noch etwas anstoßen." Da komme es aber auch auf CDU und CSU an.
4. Sabine Dittmar, SPD: "Christian Lindner hat gar keine andere Wahl gelassen"

Der Kanzler habe für seine "schwere, aber absolut nachvollziehbare und notwendige Entscheidung" in der Fraktion "viel Applaus bekommen", berichtet Sabine Dittmar aus Maßbach (Lkr. Bad Kissingen). "Christian Lindner hat ihm mit seinem unverantwortlichen, von egoistischen und parteitaktischen Erwägungen geprägten Verhalten gar keine andere Wahl gelassen." Der Finanzminister habe "wie so oft", so Dittmar, "leider nur seine Klientel und nicht die Menschen in unserem Land im Blick" gehabt.

In den kommenden Wochen wolle man "wichtige unaufschiebbare Entscheidungen auf den Weg" bringen, verspricht die Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium. "Das geht nur miteinander, in der Zusammenarbeit aller Parteien in der demokratischen Mitte." Mit der Vertrauensfrage im Januar würde der Weg für Neuwahlen im Frühjahr freigemacht, meint Dittmar: "Deutschland braucht – auch angesichts der Herausforderungen, die auch die nahe Zukunft bringt, Klarheit und Stabilität."
5. Alexander Hoffmann, CSU: "Die Regierung und das ganze Land sind derzeit handlungsunfähig"

"Der Kanzler muss noch diese, spätestens nächste Woche die Vertrauensfrage stellen", so lautet die Forderung von Alexander Hoffmann, dem Parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe in Berlin. Es gebe keinen triftigen Grund, sich anders als für zeitnahe Neuwahlen zu entscheiden. "Die Regierung und das ganze Land sind derzeit handlungsunfähig", sagt der Bundestagsabgeordnete aus Retzbach (Lkr. Main-Spessart). Er spricht von einem "dramatischen Zustand", der - gemessen an den innen- und außenpolitischen Herausforderungen - nicht zu verantworten sei.
Dass die Ampel nun Geschichte ist, sei "gut für unser Land", so Hoffmann. Allerdings sei der Abgang "unwürdig" gewesen. "Wir brauchen keinen Kanzler, der nachtritt und sich von persönlichen Befindlichkeiten leiten lässt." Olaf Scholz sollte die Schuld für "eigenes Versagen" nicht permanent bei anderen suchen, meint Hoffmann. Er glaube, das Statement des Kanzlers am Mittwochabend sei von langer Hand vorbereitet gewesen. Außerdem gebe es Ähnlichkeiten mit dem Statement des grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck. Damit werde deutlich, "dass es um parteitaktische Spielchen geht und nicht um das Wohl des Landes", sagt der CSU-Abgeordnete.
6. Andrew Ullmann, FDP: "Der Finanzminister wurde vom Kanzler erpresst"

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, der Würzburger Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann, sieht die Verantwortung für das dramatische Ende der Ampel allein bei Bundeskanzler Olaf Scholz: "Er hat die Entscheidung getroffen, den Finanzminister zu entlassen."
Der Kanzler habe dafür "eine Notfallsituation konstruiert und Christian Lindner erpresst: Schuldenbremse oder Entlassung". Die FDP hätte sich einen "geordneten Rückzug der Ampel mit Neuwahlen im Januar" gewünscht, so Ullmann. Der Finanzminister habe mit seinem Papier zur Wirtschaftswende in Deutschland wichtige Reformvorschläge zur Belebung der schwächelnden Wirtschaft gemacht. "Es ging nicht darum, die Koalitionäre zu ärgern. Es ging um das Land", so Ullmann.
Der FDP-Politiker räumt ein, dass zuletzt die "Fliehkräfte" in der Ampel immer stärker wurden, "weil unsere Initiativen vor allem von der SPD nicht geteilt wurden". Kein Verständnis zeigt der Würzburger Abgeordnete für den Schritt von Verkehrsminister Volker Wissing, die FDP zu verlassen und im Amt zu bleiben: "Ich halte das für eine falsche Entscheidung."
7. Klaus Ernst, BSW: "Mit der Union geht es den Bürgern nicht besser"

"Wir brauchen Neuwahlen, und zwar so schnell wie möglich", sagt der Schweinfurter Abgeordnete Klaus Ernst vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Die Ampel-Parteien reagierten allein strategisch-taktisch, so der Vorwurf von Ernst. Allen voran Olaf Scholz wolle Zeit gewinnen, um sich als "Krisenkanzler" zu profilieren. Die Interessen der Bürgerinnen und Bürger wie eine "vernünftige Sozial- und Rentenpolitik" sowie "niedrige Energiepreise" spielten dabei keine Rolle.
CDU und CSU seien keine Alternative, meint der BSW-Politiker. Eine aktuelle Umfrage habe gezeigt, dass lediglich ein Drittel der Bürger der Meinung sei, dass es ihnen unter einem Bundeskanzler Friedrich Merz besser gehe. Die Union wolle "die Kriegspolitik noch dramatischer vorantreiben", glaubt Ernst mit Blick auf weitere Waffenlieferungen an die Ukraine. Außerdem verfolgten CDU und CSU eine Wirtschaftspolitik nach dem Motto: "Wenn es den Reichen schlechtgeht, müssen die Armen helfen."
8. Dorothee Bär, CSU: "Ein Politikwechsel ist notwendig"

"Das Ampel-Projekt ist gescheitert", stellt CSU-Vize Dorothee Bär fest. Deshalb gebe es auch "keinen vernünftigen Grund, dass Bundeskanzler Olaf Scholz Entscheidungen verschleppt und die Vertrauensfrage erst im Januar stellen will", meint die Bundestagsabgeordnete aus Ebelsbach (Lkr. Haßberge). Die "Taktiererei" des Kanzlers sei "unanständig", denn das Land stehe vor großen Herausforderungen. Das habe auch der Bundespräsident angemahnt.
Drei Jahre Ampel-Koalition hätten dem Land zugesetzt, sagt Bär. Es sei "höchste Zeit" für eine Wirtschaftswende. "Steuern und Abgaben müssen runter. Gleichzeitig müssen die Energiepreise gesenkt und die Bürokratie gestutzt werden. Wir müssen unsere nationale Sicherheit stärken und das Thema Migration seriös angehen", sagt die CSU-Politikerin. Der dafür nötige Politikwechsel gehe nur über zügige Neuwahlen.