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Würzburg: Endstation Armenküche: Rente reicht trotz akademischer Laufbahn nicht zum Überleben – Hilfe kommt aus Würzburg

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Endstation Armenküche: Rente reicht trotz akademischer Laufbahn nicht zum Überleben – Hilfe kommt aus Würzburg

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    Menschen in der St. Petersburger Armenküche: Die Malteser Unterfranken unterstützen mit Spenden aus Würzburg die Malteser St. Petersburg.
    Menschen in der St. Petersburger Armenküche: Die Malteser Unterfranken unterstützen mit Spenden aus Würzburg die Malteser St. Petersburg. Foto: Christina Gold

    Sie sind gut gebildet, haben ihr ganzes Leben lang gearbeitet und heute reicht ihre Rente kaum aus, um sich eine warme Mahlzeit am Tag zu finanzieren. Häufig sind es Leute zwischen 70 und 80 Jahren, die von gerade einmal umgerechnet 160 bis 220 Euro im Monat leben und in die Armenküche im russischen St. Petersburg kommen. Über die Hälfte ihrer monatlichen Rente geht für Wohn- und Nebenkosten drauf. "Die Leute müssen an allen Ecken und Enden sparen", erklärt Irena Tymkova bei ihrem Besuch der Malteser Unterfranken.

    Sie ist die Geschäftsführerin der Malteser-Sozialküche in St. Petersburg. Seit 1994 sorgt sie dafür, dass vor allem ältere Menschen, die unter dem Existenzminimum leben, wenigstens eine warme Mahlzeit am Tag bekommen. Finanziert wird die Einrichtung durch Spenden der Malteser Unterfranken – und Menschen aus Würzburg. 

    Ein Erbseneintopf, ein halber Brotlaib und eingeschweißter Bohnensalat: So sehen die Mahlzeiten aus, die die fünf hauptamtlichen Köchinnen der St. Petersburger Sozialküche für rund 250 Personen täglich kochen. Doch der Ort, berichtet Tymkova, ist für viele Menschen weit mehr als nur eine Anlaufstelle für warmes Essen. Für viele ist das der einzige soziale Raum, den sie haben. 

    Zwischenmenschliche Begegnungen genauso wichtig wie warme Mahlzeiten

    So erzählt Tymkova beispielsweise, dass im Aufenthaltsraum der Küche ein großer Fernseher hängt. "Dort setzen sich die Muttis oft hin und schauen sich alte sowjetische Filme aus ihrer Jugend an." Vor allem viele ältere einsame Menschen würden die Küche nutzen, um in sozialen Austausch mit anderen zu kommen. Die Menschen hätten es oft nicht leicht und so seien die Mitarbeiterinnen neben Köchinnen auch Seelsorgerinnen für viele. "Die Frauen kennen oft die ganze Lebensgeschichte von den Menschen."

    Eine Suppe, ein bisschen Brot und eingeschweißter Bohnensalat. So sieht eine Mahlzeit in der Armenküche der Malteser St. Petersburg aus.
    Eine Suppe, ein bisschen Brot und eingeschweißter Bohnensalat. So sieht eine Mahlzeit in der Armenküche der Malteser St. Petersburg aus. Foto: Irena Tymkova

    Dann erzählt sie von zwei Frauen, die eine Mitte 50, die andere Mitte 60, die regelmäßig in die Küche gekommen sind. Die beiden hätten sich bei einer warmen Mahlzeit kennengelernt und über die Zeit eng angefreundet. Da die eine stark behindert und auf Hilfe angewiesen sei, würde die andere sie nun regelmäßig besuchen kommen und zu kleinen gemeinsamen Ausflügen abholen. Erlebnisse wie diese zeigten, wie wichtig die Hilfseinrichtung der Malteser sei. Neben Älteren kämen aber auch häufig Leute mit Behinderungen und arme Familien in die Küche.

    Auch Obdachlosenhilfe ist Teil des Malteser-Projektes

    Seinen Anfang nahm das Projekt im Winter 1991, als Russland in einem tiefen Kältewinter versank. "Wir haben damals gesagt, dass wir gern helfen, denn in Russland herrschte damals eine große Hungersnot", erklärt Christina Gold, Pressesprecherin der Malteser Unterfranken. Die Malteser Unterfranken und Malteser Bamberg gründeten gemeinsam das Hilfsprojekt "Malteser Hilfsdienst Petersburg" und am 8. Februar 1992 wurde die Küche das erste Mal eröffnet. Anfangs noch durch ehrenamtliche Deutsche geführt, wurde das Projekt später in russische Hände übergeben.

    Irina Tymkova (Malteser St. Petersburg, links) Stefan Dobhan (Diözesangeschäftsführer Malteser Unterfranken) und Pressesprecherin Christina Gold.
    Irina Tymkova (Malteser St. Petersburg, links) Stefan Dobhan (Diözesangeschäftsführer Malteser Unterfranken) und Pressesprecherin Christina Gold. Foto: Silvia Gralla

    Das Kernstück der Arbeit ist die Sozialküche im Zentrum von St. Petersburg, erklärt Gold. Montag bis Freitag werde dort das ganze Jahr über für Bedürftige gekocht, mit Ausnahme der Betriebsferien im August. Neben der Armenküche existiert noch ein weiteres Hilfsprojekt: Seit 2009 bietet ein großes Zelt mit 20 Doppelstockbetten einen warmen Schlafplatz für Menschen ohne Wohnung und Papiere in St. Petersburg.

    Obdachlose werden dort medizinisch versorgt, vor den teils eisigen Temperaturen geschützt und bekommen warme Kleidung. Insgesamt rund 60.000 Menschen in St. Petersburg gelten als obdachlos, weil sie keine Papiere haben oder nicht an einem festen Ort gemeldet sind. Circa 10.000 von ihnen leben tatsächlich auf der Straße. Die Unterkunft der Malteser kann im Jahr circa 300 von ihnen helfen. Ein Tropfen auf den heißen Stein, den die Menschen vor Ort dennoch sehr zu schätzen wissen.

    Immer mehr Familien brauchen finanzielle Unterstützung seit Kriegsbeginn

    Mit Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 habe sich die Situation noch verschlimmert. "Die Armen sind noch ärmer geworden und die Inflation frisst alles auf", erklärt Tymkova. Medikamente, Lebensmittel, Wohn- und Nebenkosten – alles sei teurer geworden. Für viele Familien habe sich die Situation extrem verschlechtert, auch weil die ausländischen Unternehmen sich aus Russland zurückziehen mussten und damit viele wichtige Arbeitsplätze verloren gegangen seien.

    Ein Einblick in die Armenküche in St. Petersburg, die von den Maltesern Unterfranken regelmäßig mit Spenden versorgt werden.
    Ein Einblick in die Armenküche in St. Petersburg, die von den Maltesern Unterfranken regelmäßig mit Spenden versorgt werden. Foto: Irena Tymkova

    "Wir hatten im vergangenen Jahr 220 Familien, die auf die Nothilfepakete angewiesen waren. Heute sind es über 400", macht die 54-Jährige die dramatische Situation deutlich. Umso dankbarer sei sie für die Hilfen aus Würzburg. "Wir waren wirklich sehr besorgt, dass wir Russen nun stigmatisiert werden", gesteht sie. Groß sei die Freude darüber, dass die Spenden nicht weniger geworden seien. Für die Menschen in St. Petersburg bedeutet das den Unterschied zwischen Hungern oder einer warmen Mahlzeit, zwischen Leben und Leiden.

    Weitere Informationen zur Arbeit der Malteser St. Petersburg und zu Spendenmöglichkeiten finden Sie auf der Website www.malteser-unterfranken.de

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