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Würzburg: Entscheidung in Würzburg: Hermann-Zilcher-Straße und weitere Straßen werden umbenannt

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Entscheidung in Würzburg: Hermann-Zilcher-Straße und weitere Straßen werden umbenannt

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    Wird nach dem Beschluss des Stadtrates umbenannt: Hermann-Zilcher-Straße im Würzburger Frauenland.
    Wird nach dem Beschluss des Stadtrates umbenannt: Hermann-Zilcher-Straße im Würzburger Frauenland. Foto: Thomas Obermeier

    Es war die umstrittenste Entscheidung, und doch ging sie am Ende überraschend klar aus. Nach mehr als einstündiger Debatte stimmten am Donnerstag 29 von 48 anwesenden Mitgliedern des Würzburger Stadtrates für die Umbenennung der nach dem Komponisten und Mozartfest-Begründer Hermann Zilcher (1881-1948) benannten Straße im Würzburger Frauenland. Einstimmig beschlossen wurden zudem die Umbenennung der nach Nikolaus Fey, Carl Schadewitz, Heiner Dikreiter und Karl Ritter von Frisch benannten Straßen.

    Die nach Armin Knab und Peter Schneider benannten Straßen werden wie geplant eine Kontextualisierung, also zusätzliche Informationen am Straßenschild, erhalten. Die Entscheidung über die Richard-Strauss-Straße wurde wie erwartet zurückgestellt. Mit Strauss und dessen Rolle während der NS-Zeit soll sich eine neue Straßennamen-Arbeitsgruppe befassen. Ebenfalls verschoben ist die Entscheidung über eine mögliche Umbenennung des Kardinal-Faulhaber-Platzes. Hierzu soll noch ein öffentliches Hearing unter Beteiligung von Fachleuten stattfinden.

    Straßennamen-Debatte hatte sich bald auf Hermann Zilcher zugespitzt

    Hintergrund der Entscheidungen sind die Ergebnisse des Berichts der Würzburger Straßennamenkommission. Die Kommission, der Fachleute und Mitglieder des Stadtrats angehörten, hatte ab 2016 Würzburger Namenspaten auf ihre Verstrickung ins NS-Regime untersucht. Bei allen neun genannten Namenspaten hatte die Kommission in dem Ende 2020 vorgestellten Bericht Handlungsbedarf gesehen und teils eine Umbenennung der Straßen oder eine Kontextualisierung empfohlen.

    Im Stadtrat hatte sich die Debatte schnell auf Hermann Zilcher zugespitzt. Zilcher ist als früherer Direktor des Würzburger Konservatoriums (ab 1920) und vor allem als Begründer des Mozartfestes (1921) bis heute ein bekannter Name im Würzburger Kulturleben.

    Laut Kommissionsbericht hat sich Zilcher "mit mehreren seiner Kompositionen in den Dienst der NS-Propaganda" gestellt und verfügte über intensive Kontakte zur regionalen NS-Prominenz, nicht zuletzt als Mitglied des Nazi-Stadtrats von 1939 bis 1945. Zudem habe er Eugen Vinnai (1889-1961), einen Vertreter der Bewegung der "Christlichen Wissenschaft", aus privaten Motiven bei der Gestapo angezeigt und ihn damit großen Gefahren ausgesetzt.

    Vor allem ZfW-Stadtrat Wolfgang Baumann hatte Zilcher gegen die Vorwürfe verteidigt. Den Untersuchungen der Kommission, der er Einseitigkeit und selektives Vorgehen vorwirft, hatte Baumann umfangreiche eigene Nachforschungen gegenübergestellt, die er im Februar in einem knapp 100-seitigen Memorandum veröffentlicht hatte. Tenor: Zilcher habe von seinen Funktionen während der NS-Zeit nicht persönlich profitiert. Auch der Vorwurf der Denunziation bei der Gestapo stimme nicht. Hierzu hatte Baumann noch am Donnerstag einen Antrag eingereicht, nach dem der Stadtrat feststellen sollte, dass die Vorwürfe der Kommission "gegenstandslos" seien, was jedoch mit großer Mehrheit abgelehnt wurde.

    Wolfgang Baumann: Es werden Fakten ausgeblendet

    In der Diskussion, der OB Christian Schuchardt hinterher eine "hohe Qualität" bescheinigte, war es letztlich um die Frage gegangen, wo unter den Bedingungen der Diktatur Mitläufertum endet und wo Mittun beginnt. Grünen-Stadtrat Konstantin Mack wies darauf hin, dass Hermann Zilcher 1939 von NSDAP-Gauleiter Otto Hellmuth zum Mitglied im Nazi-Stadtrat berufen worden sei und damit zu einer Zeit, als die Entrechtung der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger vorangetrieben wurde – auch in Würzburg. Über den Raub jüdischen Eigentums in dieser Zeit habe Zilcher Bescheid gewusst.

    Wolfgang Baumann führte dagegen unter anderem ins Feld, dass sich Zilcher gegen die Gleichschaltung des Würzburger Musiklebens gewandt und sich dabei auch mit Nazi-OB Theo Memmel angelegt habe. "Dass einfach Fakten ausgeblendet werden, kann ich als Rechtsanwalt nicht ertragen", sagte Baumann und wiederholte hinsichtlich Zilcher seine Kritik an der Arbeit der Kommission.

    Stand im Fokus der Straßennamen-Debatte in Würzburg: Mozartfest-Begründer Hermann Zilcher.
    Stand im Fokus der Straßennamen-Debatte in Würzburg: Mozartfest-Begründer Hermann Zilcher. Foto: E. Groth-Schmachtenberger

    Zuvor hatte CSU-Fraktionschef Wolfgang Roth angekündigt, seine Fraktion werde mehrheitlich gegen die Umbenennung stimmen, für eine Kontextualisierung seien jedoch alle Fraktionsmitglieder. Zilcher sei schon deshalb kein Profiteur des NS-Regimes gewesen, weil er seine großen persönlichen Erfolge – Leitung des Konservatoriums und die Begründung des Mozartfests – schon weit vor dem Beginn der NS-Zeit erreicht habe.

    OB Schuchardt will Kontextualisierung aller personenbezogenen Straßenschilder

    Als "schwierig" bezeichnet OB Christian Schuchardt den Fall Zilcher. Zwar würde man heute wohl keine Straße mehr nach Zilcher benennen, doch existiere er ohnehin in der Stadtgeschichte, sagte Schuchardt und kündigte an, für eine Kontextualisierung und damit gegen eine Umbenennung zu stimmen. Zugleich begründete Schuchardt seinen später auch so beschlossenen Antrag, Zug um Zug alle personenbezogenen Würzburger Straßenschilder mit Kontextualisierungen zu versehen.

    Es gehe immer um die Rolle, die ein Mensch in seinen Funktionen in einer Gesellschaft einnimmt, sagte FDP-Stadtrat Joachim Spatz. Zilcher habe letztlich zur Stabilisierung des NS-Systems beigetragen. "Der Vorbildcharakter ist bei den vorliegenden Umständen einfach nicht gegeben", sagte Spatz. Das sah die Mehrheit im Stadtrat am Ende der eineinhalb Jahre währenden Debatte dann offenbar genauso.

    Auf die Entscheidung des Stadtrats folgt nun allerdings nicht unmittelbar die Umbenennung. Diese geschieht erst, wenn der Stadtrat neue Namen beschlossen hat. Zudem hatte der Stadtrat bereits im Februar 2021 entschieden, dass die Stadt nach der Umbenennung von den betroffenen Anwohnern für die nötigen amtlichen Dienstleistungen keine Kosten oder Gebühren erhebt.

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