Hermann Zilcher (1881-1948), Gründer des Würzburger Mozartfests, war in den letzten Jahren vor allem wegen der Diskussion über seine Rolle im NS-Staat und der Umwidmung der nach ihm benannten Straße in Würzburg präsent. Seine Musik ist es weniger. Den Komponisten Zilcher stellt nun eine "Welterstaufführung" in den Mittelpunkt, so die Veranstalter: Der Monteverdichor und die Thüringen-Philharmonie Gotha-Eisenach führen in Kooperation mit der Hermann-Zilcher-Gesellschaft unter der Leitung von Matthias Beckert am 7. Juli im Großen Saal der Musikhochschule Zilchers Musik zum Stummfilm "Das Buch Esther" aus dem Jahr 1918 auf, der dabei in einer restaurierten Version gezeigt wird.
Die Geschichte, die das Buch "Esther" in der Bibel erzählt, weist erstaunliche Parallelen zur aktuellen Lage im Nahen Osten auf: Der Titelheldin, Frau des Perserkönigs Ahasveros und Jüdin (was dieser aber nicht weiß), gelingt es, die Vernichtung der Juden in Persien abzuwenden, die ein hoher Hofbeamter angezettelt hatte. Stattdessen bekommen die Juden ihrerseits die Erlaubnis, die verhinderten Angreifer mitsamt Frauen und Kindern zu töten. Über 75.000 Judenfeinde im gesamten persischen Reich werden daraufhin getötet.

Der Stummfilm "Das Buch Esther" entstand 1918 in der Endphase des Ersten Weltkriegs und lief ab 1919 mit großem Erfolg in den deutschen Kinos. Heute ist er weitgehend vergessen, erhalten geblieben ist eine einzige Filmrolle, die der Würzburger Stummfilmexperte Robert Horter 2021 in den USA aufspürte und restaurierte.
Zilcher-Enkel hat die Re-Orchestrierung des Werkes übernommen
Hermann Zilcher schrieb 1920 die Filmmusik, die damals üblicherweise live von einem Orchester zur Vorführung gespielt wurde, unter großem Zeitdruck für eine Aufführung im Circus Krone, die dann doch nicht stattfand. Angesichts hoher Lizenzgebühren entschied sich der Veranstalter damals für eine Pantomime. Insofern ist die Würzburger Wiederaufnahme tatsächlich eine Welterstaufführung: Film und Musik werden erstmals, wie ursprünglich gedacht, gemeinsam zu erleben sein.
Die Partitur Zilchers überlebte nicht, nur ein Klavierauszug ohne Angaben zu Instrumentierung und szenischen Bezügen fand sich in der Münchner Staatsbibliothek. Wolfgang Zilcher, Kirchenmusiker und Enkel Hermann Zilchers, hat die Re-Orchestrierung des Werkes übernommen, berichtet Wolfgang Baumann, Vorsitzender der Hermann-Zilcher-Gesellschaft, die das künstlerische Erbe des Komponisten pflegt. Baumann hatte bis zuletzt im Würzburger Stadtrat gegen eine Umbenennung der Hermann-Zilcher-Straße plädiert.
"Esther" - Stummfilm mit Livemusik von Hermann Zilcher. 7. Juli, 17. Uhr, Hochschule für Musik. Karten: Touristeninformation im Falkenhaus, Tel. (0931) 372398 oder monteverdichor.de