Weniger als sechs Wochen vor dem Wahltermin am 23. Februar nimmt der Bundestagswahlkampf in Würzburg langsam Fahrt auf. Zur ersten Podiumsdiskussion hatten Studierendenvertreter der Uni Würzburg und der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) die fünf Direktkandidatinnen- und kandidaten von CSU, FDP, Grünen, SPD und Linken ins CVJM-Heim eingeladen. Das Interesse war groß, der Saal mit mehr als 150 vorwiegend jungen Menschen an seiner Kapazitätsgrenze. Etwa hundert Interessierte mussten an der Tür abgewiesen werden.
Wer nicht mehr reinkam, konnte die gut zweistündige Veranstaltung in Livestreams auf Instagram und dem Youtube-Kanal der Uni-Studierendenvertretung verfolgen, die zusammen auf rund hundert Zuschauer kamen. Veranstaltet wurde die Diskussion von der Fachschaftsinitiative "Political and Social Studies" der Uni Würzburg und der Studierendenvertretung Soziale Arbeit der THWS. Eingeladen hatten sie die Würzburger Kandidatinnen und Kandidaten der aktuell im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der AfD: Hülya Düber (CSU), Andrew Ullmann (FDP), Jessica Hecht (Grüne), Katharina Räth (SPD) und Aaron Lavent (Linke).

Als Unterstützung der beiden Moderatoren Fabian Baumann und Florian Benelli waren Theresia Wintergerst und Alma Kolleck als Faktencheckerinnen vor Ort. Die beiden Professorinnen der THWS-Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften griffen im Laufe einer weitgehend sachlichen Diskussion an drei Stellen mit ergänzenden Fakten ein, unter anderem mit Details zum Wohnungsbau in Deutschland und den nicht eingehaltenen Klimazielen im Gebäudesektor. Zu Beginn ging es in zwei längeren Runden um die Themen Wohnungsbau und Studiengebühren. Durch den unterschiedlich lauten Applaus wurde dabei schnell klar, dass im Publikum weitgehend eher links-progressiv eingestellte junge Menschen saßen.

Klares "Nein" des Publikums zum Paragrafen 218a
Das wurde noch deutlicher, als die Anwesenden im zweiten Teil des Abends mit roten und grünen Kärtchen ihre Meinung zu fünf verschiedenen Themen abgeben konnten. Ein klares "Nein" gab es im Saal gleich bei der ersten These: "Der Paragraf 218a Strafgesetzbuch sollte bestehen bleiben." Das Publikum war damit auf einer Linie mit Katharina Räth, Jessica Hecht und Aaron Valent, die sich für das Ende der Strafbarkeit von Abtreibungen aussprachen. Andrew Ullmann und Hülya Düber enthielten sich. Sie wollen das Thema nicht im Wahlkampf, sondern nach der Bundestagswahl "mit dem notwendigen Ernst und sachlich", diskutieren, wie Düber betonte, die von einer "ideologischen Debatte" sprach.

Ihre grüne Kontrahentin widersprach vehement: "Die Beendigung einer Schwangerschaft hat nichts mit dem Strafgesetzbuch zu tun und muss da raus. Es ist keine ideologische, sondern eine frauenfeindliche Diskussion", betonte Jessica Hecht. Sie und auch Aaron Valent treibt die Sorge um, dass darüber durch einen Bundestag entschieden werden könnte, in dem ein Viertel AfD-Abgeordneter sitzt: "Das finde ich unverantwortlich und gefährlich", sagte Valent.

Auch bei der nächsten These waren die unterschiedlichen Positionen klar erkennbar: Hülya Düber und Andrew Ullmann sprachen sich für eine Bezahlkarte für Geflüchtete aus, der Rest dagegen. "Es ist eine Diskriminierung. (…) Wir dürfen den Menschen ihre Handlungsfreiheit nicht nehmen", meinte SPD-Kandidatin Katharina Räth. Die große Mehrheit im Saal war ihrer Meinung. Beim Thema Klimaschutz waren sich Publikum und Kandidaten dann weitgehend einig, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen werden, um die Klimakrise wirksam zu bekämpfen.

Aaron Valent: "Keine historische Verantwortung rechtfertigt einen Genozid."
Die schwierigste Frage des Abends kam kurze Zeit später in Form der These "Deutschland sollte Israel weiterhin militärisch unterstützen". Lediglich Aaron Valent sprach sich dagegen aus: "Wir müssen aufhören, Tod und Leiden in die Welt zu exportieren. Keine historische Verantwortung rechtfertigt einen Genozid", sagte der Linken-Kandidat und erhielt dafür viel Applaus. Etwa zwei Drittel des Publikums hatte er bei der Abstimmung auf seiner Seite.

Die anderen Diskussionsteilnehmer hatten zuvor schon mehr oder weniger deutlich, an die historische Verpflichtung Deutschlands und das Recht Israels zur Selbstverteidigung nach dem Terror-Angriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 erinnert. "Wir haben auch eine menschliche Verantwortung gegenüber Israel", so Andrew Ullmann: "Es ist aber auch unsere Pflicht, die Palästinenser mit medizinischer Hilfe zu unterstützen, das ist keine Frage."

Danach verließen die ersten Zuhörer den Saal und verpassten dadurch im dritten Teil des Abends die Fragen aus dem Publikum an einzelne Kandidaten. Dabei warf unter anderem eine Vertreterin von "Fridays for Future Würzburg" allen fünf vertretenen Parteien vor, in ihren Wahlprogrammen den Klimaschutz nicht ausreichend zu berücksichtigen.
