Ein moderner Kubus, große Fenster, ein offenes Treppenhaus - während draußen die Gärtner letzte Hand an die Außenanlagen legen, lauschen drinnen 22 zukünftige Pflegefachkräfte den Begrüßungsworten von Landrat Thomas Eberth. Die neue Berufsfachschule für Pflege an der Ochsenfurter Main-Klinik wurde geschaffen, um dem Fachkräftenachwuchs beste Ausbildungsmöglichkeiten zu bieten, sagt Eberth; ein Meilenstein für die medizinische und pflegerische Versorgung in der Region. Nach nur eineinhalbjähriger Bauzeit geht die Pflegeschule in Betrieb.
Die 22 Auszubildenden kommen von der Main-Klinik und den Senioreneinrichtungen des Landkreises Würzburg, aber auch vom Seniorenzentrum der AWO in Marktbreit, vom BRK-Kreisverband Würzburg und von der Ambulanten Intensivpflege Uffenheim. In ihrer Einrichtung absolvieren sie den Großteil der praktischen Ausbildung, ergänzt durch den Blockunterricht an der Pflegeschule der Main-Klinik.

Als eine der ersten Pflegeschulen in Bayern wurde sie von Beginn an nach der 2020 eingeführten generalistischen Pflegeausbildung konzipiert. Generalistisch - das heißt: Die früher eigenständigen Berufe Alten-, Kranken und Kinderkrankenpflege wurden in einer einheitlichen Ausbildung zusammengefasst. Das soll den Fachkräften auch im späten Berufsleben mehr Flexibilität geben und so den Pflegeberuf insgesamt attraktiver machen.
"Es geht um die Pflege am Menschen, egal ob dieser Mensch im Krankenhaus ist, im Pflegeheim oder zu Hause."
Michael Wink, Schulleiter
"Es geht um die Pflege am Menschen, egal ob dieser Mensch im Krankenhaus ist, im Pflegeheim oder zu Hause", sagt Schulleiter Michael Wink. Wink war selbst lange in der Pflege tätig, bevor er in Nordrhein-Westfalen eine Pflegeschule leitete und vor zwei Jahren an die Main-Klinik wechselte, um die Pflegeschule von Grund auf neu zu konzipieren.

Neu ist dabei vor allem das Unterrichtmodell, das der generalistischen Ausbildung Rechnung trägt. Die meiste Zeit ihres Unterrichts werden die Azubis in Kleingruppen verbringen, sagt der Schulleiter, um anhand authentischer Fälle Probleme zu erkennen, selbstständig Lösungen zu erarbeiten und später mit ihren Mitschülern diskutieren. "Problemorientiertes Lernen" nennt Michael Wink das Modell, bei dem die Schülerinnen und Schüler im Idealfall zu ihren eigenen Lehrern werden. "Als Lehrkräfte geben wir zwar den Rahmen vor, sind dann aber eher Lernbegleiter und Berater", so Wink.
Lernen mit Datencloud und Simulationraum
Dazu stellt die Schule eine moderne, technische Infrastruktur zur Verfügung. Jeder Gruppenraum ist mit einem großen Touchscreen ausgestattet, der in einer hauseigenen Datencloud vernetzt ist. Jeder Schüler und jede Schülerin erhielt zum Schulstart einen Laptop, der sie während ihrer Ausbildung begleiten wird. Im Simulationsraum können an lebensnahen Puppen unterschiedliche Pflege- oder Notfallsituation eingeübt werden. Kameras verfolgen die Situation und erlauben eine spätere Diskussion.

Unterstützt wird die Ausbildung durch externe Fachleute aus verschiedenen Bereichen, etwa durch eine Demenzexpertin, einer Spezialistin für die Wundversorgung oder Ärzten und Fachkräften aus der Main-Klinik. "In der Pflege muss ein Umdenken stattfinden", sagt Michael Wink. Neben den praktischen Fertigkeiten müsse es in der Ausbildung der Pflegefachkräfte heute stärker darum gehen, Pflegesituationen zu evaluieren und Hilfskräfte anzuleiten.
KU- Vorständin Eva von Vietinghoff-Scheel kritisiert starre Fachkräftequote
Die Einschätzung unterstützt Eva von Vietinghoff-Scheel, Vorständin des Landkreis-Kommunalunternehmens (KU), dem die Main-Klinik und die Pflegeschule angehören. Starre Vorgaben wie die Fachkräftequote von 50 Prozent in der Altenpflege führten dazu, dass einfache Hilfstätigkeit auch von ausgebildeten Pflegekräften verrichtet werden müssen, sagt Vietinghoff-Scheel. "Gerade in der Altenpflege machen Fachkräfte viel zu viele Hilfstätigkeiten." Das verschärfe zum einen den Fachkräftemangel, führe andererseits aber auch zu Frust unter den gut ausgebildeten Fachleuten. Sie unterstütze deshalb politische Bestrebungen, von dieser Fachkräftequote abzurücken.

Die Pflegeausbildung eröffne den Absolventen und Absolventinnen eine solide Grundlage für die unterschiedlichsten Berufschancen im Pflegebereich, sagt Schulleiter Michael Wink. Die Ausbildung vergleicht er dabei mit einem Medizinstudium, das Grundlagenwissen und erste praktische Fertigkeiten vermittele, auf das sich eine spätere Spezialisierung aufbauen lasse.
Insgesamt beschäftigt das Kommunalunternehmen derzeit 57 Auszubildende zur Pflegefachkraft, verteilt auf drei Ausbildungsjahrgänge. 28 davon sind in der Main-Klinik tätig, 29 in den Senioreneinrichtungen des Landkreises. Künftig möchte die Pflegeschule auch eine einjährige Pflegehelfer-Ausbildung anbieten, sagt Klinik-Geschäftsführer Christian Schell. Der Start ist für 2025 geplant.