Zypressen statt Buchs, dazu mediterraner Duft von den Rosmarinbüschen in den Rabatten. Aufgrund sensationeller Entdeckungen von Professor Hartmut Troll bekommt der barocke Lustgarten am Weikersheimer Schloss jetzt ein neues Gesicht.
Wie überall im Land hatte auch in Weikersheim der gefährliche Pilz die Umrandungen der Blumenrabatten befallen. Den Gartenfachleuten blieb nichts anderes übrig, als den Buchs vollständig zu entfernen. Versuche mit Ersatzpflanzen führten bisher noch zu keinem befriedigenden Ergebnis – glücklicherweise sind die meisten Besucher mit den randlosen und dafür verbreiterten Blumenbeeten durchaus zufrieden.
Doch das Absterben des Buchses hatte für Hartmut Troll, Konservator der „Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg“, auch etwas Gutes. „Wir nahmen uns die Zeit, die historische Situation genau zu betrachten – und dabei sind wir auf etwas gestoßen, das den Weikersheimer Schlossgarten einmalig macht für ganz Deutschland“. Man nahm die kunstvoll in geometrische Formen gestutzten Kübelpflanzen ins Visier, die für das Bild eines barocken Gartens ebenso entscheidend sind wie die Blumen in den Rabatten. Bisher waren sie aus Buchs – und man dachte, das entspreche der historischen Situation um 1750. Doch der Konservator machte sich mit seinem Team auf die Suche in den Archiven. Aufsehen erregte da ein Familienporträt der Fürsten von Hohenlohe-Öhringen, die nach dem Tod des letzten Weikersheimer Grafen im Jahr 1756 Schloss und Garten erbten. Noch nie hatte man das durchaus bekannte Gemälde aus dem Jahr 1773 unter dem Blickwinkel der Bepflanzung betrachtet – jetzt gerieten die Kübelpflanzen in den Blick, die in den Rabatten des Schlossgartens die senkrechten Akzente setzten und die Bedeutung der ursprünglich weiß bemalten Sandsteinfiguren erhöhten. Bei genauer Betrachtung wurde schnell deutlich: Hier standen keine Buchsbäume, sondern schlanke, blaugrüne Säulen – eindeutig Zypressen. Noch traute der Konservator der Sache nicht. Oft genug geben ja Bilder nicht so ganz die Wirklichkeit wieder, sondern eher eine Idealvorstellung des Malers. Doch in diesem Fall konnten die Fachleute den optischen Verdacht anhand der akribisch geführten Weikersheimer Inventarlisten bestätigen: Nicht nur Buchs, sondern das Mittelmeer und seine duftenden Gewächse standen im 18. Jahrhundert ganz vorne auf der Liste der Gärtner. Rosmarin und zunehmend große Mengen von Zypressen fanden die Fachleute in den Inventaren. Rosmarinbüsche dienten als kleinere Akzente zwischen den Zypressen. „Offenbar“, so betonte Hartmut Troll nach weiteren Forschungen in der historischen Literatur, „ist man in Weikersheim also nicht ganz der französischen Gartenbautheorie gefolgt, sondern hat sie entsprechend den Vorstellungen in den Schönbornschen Gartenanlagen abgewandelt“. Doch da sei nichts mehr erhalten – somit sei der Weikersheimer Lustgarten wirklich der Einzige in Deutschland, der dieses historische Ideal repräsentiere. Das alles wird nun in den nächsten Jahren der gültige Maßstab für die Arbeit der Gartenfachleute. „Wir bekommen keinen neuen Schlossgarten, aber der Garteneindruck wird sich verändern“, betont der Konservator. „Die vertikalen Akzente der Kübelpflanzen verdichten und ergänzen die skulpturale Ausstattung des Gartens“.
Mit den Zypressen und Rosmarinbüschen werde vielleicht sogar eine leicht mediterrane Stimmung aufkommen. Am Rondell rund um den Herkulesbrunnen habe man bereits 26 schlanke Zypressen gepflanzt. Spätestens 2016 wird es im barocken Lustgarten ein wenig nach Mittelmeer riechen – eine erstaunliche Vorstellung, aber ganz und gar original.
Schloss und Schlossgarten Weikersheim sind täglich geöffnet von 9 bis 18 Uhr. Nähere Informationen über Führungen gibt es unter www.schloss-weikersheim.de.