Wenn Ehepartner sich trennen, geht es meist erst einmal nicht um die Rente. Die Wohnsituation, Unterhalt, Sorgerecht, gemeinsames Eigentum und erwirtschaftetes Vermögens stehen im Vordergrund. Doch was ist mit erworbenen Rentenansprüchen? Was ist der Versorgungsausgleich? Und wie wirkt er sich auf die Höhe der eigenen Rente aus?
Wie geteilt wird und welche Renten in die Berechnung fallen erklären Katja Braubach von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) und Manuela Löwinger, Fachanwältin für Familienrecht in Würzburg.
Was genau ist der Versorgungsausgleich?
Gehen Ehepaare oder eingetragene Lebenspartnerschaften auseinander, müssen die gemeinsam erarbeiteten Werte gerecht geteilt werden, so sieht es das Gesetz vor. "Im Versorgungsausgleich werden die Versorgungsanrechte, wie auch die gesetzliche Rente, aus den gemeinsamen Ehejahren geteilt", sagt DRV-Sprecherin Katja Braubach. Wenn der Ausgleich gelingt, haben beide Ehepartner anschließend gleich hohe Versorgungsansprüche aus der Ehezeit.
Wie werden die Versorgungsanrechte geteilt?
"Grundsätzlich werden sämtlichen Versorgungsanrechte, die während der Ehezeit erworben wurden, hälftig geteilt", sagt Baunach. Bei der Scheidung ermittelt das Familiengericht für jeden Partner jeweils getrennt, wie viel Ansprüche er oder sie während der Ehezeit bei welchem Versorgungsträger erworben hat. "Auch Beamtenversorgung, betriebliche Altersvorsorge, Riesterrente oder private Rentenversicherungen zählen dazu", erklärt Anwältin Manuela Löwinger. Das Familiengericht entscheide über jeden Versorgungsanspruch einzeln und hält seine Entscheidungen im Scheidungsbeschluss fest. "Wer mehrmals verheiratet war, durchläuft im Falle der Scheidung auch mehrere Versorgungsausgleiche", sagt Löwinger.

Wer bekommt welche Rentenansprüche?
DRV-Referentin Katja Braubach erklärt: "Haben beide Partner nur Ansprüche aus der gesetzlichen Rente, dann gibt Partner A mit den höheren Ansprüchen an Partner B mit den geringeren Ansprüchen einen Teil seiner Rente ab. Hat Partner B aber beispielsweise noch eine Betriebsrente, gibt er aus dieser Rente Ansprüche an den Partner A ab." Letztendlich hätten damit beide Partner dann sowohl aus der gesetzlichen als auch aus der betrieblichen Rente für die Zeit der Ehe die gleichen Ansprüche.
Wer teilt die Rentenansprüche?
Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich treffe das Familiengericht, sagt Löwinger. Ist der Endbeschluss des Familiengerichts rechtskräftig, sind die Versorgungsträger an diese Entscheidung gebunden.

Wie werden die in der Ehe erworbenen Rentenansprüche geteilt?
Bei gesetzlich Rentenversicherten funktioniert das automatisch: "Das bedeutet, dass die Ansprüche vom Rentenkonto des einen Partners auf das Rentenkonto des anderen Partners übertragen werden und so bei der gesetzlichen Rentenversicherung verbleiben", erklärt die DRV-Sprecherin. Habe einer der Partner bisher kein Rentenkonto, so werde für diesen ein neues Konto eingerichtet. "Dauerte die Ehe nicht länger als drei Jahre, wird der Versorgungsausgleich nur auf Antrag beim zuständigen Familiengericht durchgeführt", sagt Fachanwältin Löwinger.
Ist die Aufteilung nach dem 50:50-Prinzip noch zeitgemäß?
"Das Gesetz ist gerecht", sagt die Anwältin für Familienrecht. Inzwischen nehmen auch immer mehr Väter in Deutschland Elternzeit. Laut den aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes ging das Elterngeld 2020 zu 75 Prozent an Mütter und zu 25 Prozent an Väter. Die nehmen allerdings meist deutlich kürzer Elternzeit. "Gerade bei langen Ehen ist der Versorgungsausgleich immer noch gerechtfertigt", sagt Löwinger. Nur so könnten mögliche Ungerechtigkeiten aufgrund der familiären Aufgabenverteilung vermieden werden.

Wie oft kommt es vor, dass Frauen Rentenansprüche abgeben müssen?
"Das kommt nicht sehr häufig vor", sagt Löwinger. Allerdings müsse man immer wieder genau hinschauen. Wenn eine Frau Teilzeit gearbeitet hat und ihr Mann selbstständig war, deshalb nicht in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt und auch keine private Altersvorsorge betrieben hat, könne es durchaus sein, dass sie von ihren relativ wenigen Rentenpunkten noch welche abgeben muss. In diesem Fall sollte man durchaus vor Gericht verhandeln, rät Löwinger.
Wie teilt das Gericht Rentenansprüche, wenn ein Paar schon Jahre vor der Scheidung getrennt gelebt hat?
Der Versorgungsausgleich betrifft laut Gesetz immer die gesamte Ehezeit. Diese beginnt mit dem Monat der Heirat und endet mit dem Monat, der dem Monat der Zustellung des Scheidungsantrages an den anderen Ehepartner vorausgeht. "Das Ehepaar kann allerdings in einer Vereinbarung festlegen, dass bestimmte Zeiten vom Versorgungsausgleich ausgenommen werden", sagt Löwinger. Solche Vereinbarungen müssten entweder notariell beurkundet oder während des Scheidungsverfahrens gerichtlich protokolliert werden. Nur so könne beispielsweise die Zeit des Getrenntlebens vom Versorgungsausgleich ausgenommen werden.

Wie wirkt sich der Versorgungsausgleich auf die Höhe der eigenen Rente aus?
"Mussten Anrechte auf die eigene Rente abgegeben werden, verringert sich die eigene Rente um diesen Anteil", erklärt die Rentenexpertin. Dagegen erhöhten übertragene Rentenanwartschaften die eigene Rente um diesen Anteil.
Was passiert, wenn sich Rentner scheiden lassen?
Auch wenn ein oder beide Ehepartner bei der Scheidung bereits Rente beziehen, werde ein Versorgungsausgleich durchgeführt und die Rentenansprüche geteilt, so Löwinger. Empfängt einer der Ehepartner bereits eine Rente, der andere aber noch nicht, so wird seit 2009 der Versorgungsausgleich direkt vorgenommen. So komme es vor, dass die Rente des einen gleich gekürzt wird, obwohl der andere noch gar keine Altersrente bezieht. "Wenn beide Ehepartner bei Eheschließung bereits Rentner waren, gibt es keinen Versorgungsausgleich", sagt Löwinger.

Kann man den Partner auch auszahlen?
Ehepartner haben die Möglichkeit, den Versorgungsausgleich durch Vereinbarungen mitzugestalten, erklärt die Fachanwältin. So können beispielsweise bestimmte Anrechte vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden. Ebenfalls kann die gemeinsame Immobilie auf einen Ehepartner übertragen werden und der andere Ehepartner verzichtet teilweise oder ganz auf den Versorgungsausgleich. Vereinbart werden können auch Beitragszahlungen an einen Rententräger, um den Ausgleichs des eigenen Anrechts zu vermeiden. Solche Vereinbarungen müssen entweder vor dem Notar geschlossen oder während des Scheidungsverfahrens gerichtlich protokolliert werden. "Sicherlich ist in diesen Fällen eine anwaltliche Beratung sinnvoll", sagt Löwinger.

Wie ist die Regelung bei der Pension?
Auch Beamte müssen ihre Rentenanwartschaften im Falle der Scheidung teilen. Während in der Beamtenversorgung der Bundesbeamten ebenfalls die interne Teilung beim gleichen Versorgungsträger vorgesehen ist, werden die Versorgungsanrechte von Beamten der Länder und Gemeinden extern - also bei einem anderen Versorgungsträger - geteilt.
Was kann man Frauen vor der Eheschließung raten?
Frauen sollten sich bereits vor der Eheschließung die Rollenverteilung in der Ehe und die beiderseitige Vermögenslage bewusst machen, rät die Expertin für Familienrecht. "Im Falle einer klassischen Hausfrauen-Ehe benötigt man nicht unbedingt einen Ehevertrag", sagt Löwinger. Ohne Ehevertrag leben Ehepaare automatisch in einer sogenannten Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet: Jeder Partner behält sein eigenes Vermögen und kann damit grundsätzlich machen, was er will. Erwirtschaftet der eine Ehegatte mehr als der andere, so wird der Überschuss hälftig geteilt. Passt die gesetzliche Lage nicht auf die Lebenssituation, so ist ein Ehevertrag sinnvoll, sagt Löwinger: "Ein Ehevertrag kann auch nach der Hochzeit noch geschlossen werden."
7 Tipps im Vorfeld einer ScheidungDie Würzburger Fachanwältin für Familienrecht Manuela Löwinger hat diese Tipps für die Scheidung zusammengestellt.1. Lassen Sie sich bereits im Vorfeld der Trennung von einer Fachanwältin oder einem Fachanwalt beraten.2. Informieren Sie sich frühzeitig über Ihre Rechte und Pflichten.3. Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Finanzen: die eigenen, die gemeinsamen und die des Partners.4. Trennen Sie Ihre Konten und überlegen sie selbst schon mal, wie das gemeinsame Vermögen aufgeteilt werden soll.5. Sichern Sie Ihre Unterlagen! Wie hoch war das Vermögen vor der Ehe? Welche großen Anschaffungen gab es? Sie brauchen alle Unterlagen, auch als Beweis vor Gericht.6. Eine Trennung ist für alle belastend. In Bezug auf die Kinder ist es gut, wenn man jeglichen Streit von ihnen fernhält. Es ist empfehlenswert eine Familienberatungstelle aufzusuchen. Dort bekommt man Tipps, wie man die Streitigkeiten in den Griff bekommt.7. Versuchen Sie einvernehmliche Lösungen zu finden. Regelungen können beispielsweise in einer Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen werden.Quelle: Manuela Löwinger, Fachanwältin für Familienrecht