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Würzburg/Iphofen: Familienurlaub spontan mit der Bahn: Was man erlebt, wenn man mit dem 49-Euro-Ticket einfach drauflos fährt

Würzburg/Iphofen

Familienurlaub spontan mit der Bahn: Was man erlebt, wenn man mit dem 49-Euro-Ticket einfach drauflos fährt

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    Buntes Treiben auf dem Bahnsteig in Straßburg. Mit dem Deutschlandticket kann man auch benachbarte Ziele im Ausland ansteuern. 
    Buntes Treiben auf dem Bahnsteig in Straßburg. Mit dem Deutschlandticket kann man auch benachbarte Ziele im Ausland ansteuern.  Foto: Eike Lenz

    So alt wie die Eisenbahn ist die Klage, sie vermiese einem das Reisen. Aber vielleicht muss man sich einfach mal auf die Bahn einlassen und abseits des geschäftigen ICE-Treibens von ruckeligen Regionalzügen durch die Gegend gondeln lassen. Ohne Zeitdruck, ohne Termine, ohne festes Ziel. Das geht am besten in den Ferien, mit der ganzen Familie. Dazu das Nötigste in einen Rucksack packen, 49-Euro-Ticket buchen – schon kann es losgehen.

    Einen großen Plan braucht es nicht: Eine grobe Route und 70 Euro Taschengeld am Tag reichen. Die Hotels bezahlt man besser mit der Kreditkarte. Das Schöne: Auch grenznahe Städte – ob Luxemburg, Straßburg, Basel oder Salzburg – lassen sich noch mit dem Deutschlandticket erreichen.

    Wie bei dieser Tour in sechs Etappen, die im Landkreis Kitzingen beginnt.

    Tag 1: Von Iphofen bis Würzburg, von Würzburg bis Trier

    Die Porta Nigra steht am Eingang der Fußgängerzone in Trier und ist das berühmte Wahrzeichen der Stadt.
    Die Porta Nigra steht am Eingang der Fußgängerzone in Trier und ist das berühmte Wahrzeichen der Stadt. Foto: Moritz Lenz

    Die Reise mit der Bahn beginnt mit dem Bus. Weil der Bahnhof in Iphofen gerade umgebaut wird, geht es mit dem "Schienenersatzverkehr" nach Würzburg – und von dort in den Regionalzug Richtung Mannheim. Schon der erste Anschlusszug ist weg. Also nehmen wir den Umweg über Kaiserslautern. Eine Fußballmannschaft feiert ihren Triumph und gönnt dem errungenen Pokal einen eigenen Sitzplatz. Es ist voll und eng. Kurz vor 18 Uhr sind wir in Trier, dem Ziel unserer ersten Etappe. Einer der Fußballer krakeelt: "Wir fahren bis zur Endstation!"

    Wir steigen hier aus und bummeln durch die Bischofsstadt. Mit ihrem riesigen Dom, der berühmten Porta Nigra und ihrem ganz eigenen Charme wird sie uns noch den Abend über in ihren Bann ziehen. In der Dämmerung erreichen wir unsere ziemlich junge Jugendherberge mit der mäandernden Mosel direkt dahinter.

    Tag 2: Von Trier nach Luxemburg, von Luxemburg bis Rastatt

    Luxemburg bietet manch überraschenden Ein- und Ausblick – und kostenlosen Nahverkehr.
    Luxemburg bietet manch überraschenden Ein- und Ausblick – und kostenlosen Nahverkehr. Foto: Eike Lenz

    Am nächsten Morgen geht es in einem fast leeren Zug nach Luxemburg – in eine Stadt, die nicht über einen herfällt und es nicht nötig hat zu prunken, außer vielleicht mit einem für deutsche Verhältnisse ungewöhnlichen Luxus: Alle Busse, alle Bahnen sind in Luxemburg kostenlos und ultramodern. Der komplette Nahverkehr, ein Geschenk des Staates an seine Bürger und Besucher.

    In der Mittagshitze geht es zurück nach Trier und – in einem "Ersatzzug", gezogen von einer alten Diesellokomotive – Richtung Mannheim. Im Abteil ist es stickig und warm. Ein Kleinkind, brüllt gegen die Stille an und ist durch nichts zu beruhigen. Manche verlassen das Abteil, wir bleiben und erreichen Karlsruhe 20 Minuten zu spät. Das Kind kräht noch immer, unser Anschlusszug ist weg.

    Mit dem nächsten sind wir um 18.51 Uhr in Rastatt. Eine Stadt von trostloser Unwirtlichkeit. Die Innenstadt wie ausgestorben, die Jalousien am Schloss heruntergelassen, der Park verwildert. Wenigstens das Hotel am Rande des Parks bietet ein bisschen Komfort.

    Tag 3: Von Rastatt nach Baden-Baden, von Baden-Baden nach Straßburg

    Der Bahnhof in Straßburg sieht aus, als wäre ein Ufo gelandet.
    Der Bahnhof in Straßburg sieht aus, als wäre ein Ufo gelandet. Foto: Eike Lenz

    Wenn es noch einer Bestätigung bedurfte, dass hier, in der badischen Provinz, die Zeit stehen geblieben ist, dann sind es die Uhren am Bahnhof. Sie zeigen 8.23 Uhr, als wir Rastatt um 9.57 Uhr verlassen. Eine nostalgische Straßenbahn bringt uns in sieben Minuten nach Baden-Baden. Es reicht für einen Bummel durch die Altstadt und für einen Kaffee.

    Am Mittag geht es weiter nach Appenweier, wieder so ein Irgendwo im Nirgendwo. Wir hängen uns an eine Schlange Franzosen. In der Ferne kreist ein Ufo, das sich bei näherer Betrachtung doch als Hubschrauber erweist. Am Bahnsteig wartet bereits ein buntes Völkchen: eine Frau in Tigerrobe, ein Mann mit blauen Haaren, ein Jüngling mit EU-Anstecker am Zwirn. Über Legelshurst, Kork und Krimmeri-Meinau erreichen wir um 14.14 Uhr Straßburg. Der Bahnhof sieht von außen so futuristisch aus, als wäre das Ufo von vorhin dort gelandet.

    Vom Bahnhof ist man ruckzuck im Zentrum. Die Stadt summt und brodelt wie ein riesiger Jahrmarkt. Überwältigt steht man vor dem surreal großen Münster mit seinem 142 Meter hohen Turm und vor der astronomischen Uhr im Inneren. Im alten Gerberviertel gurgelt das Wasser in zahlreichen Kanälen. Unser Hotel, nun ja, ist ein in die Jahre gekommener Bau mit Blick auf das bis in die Nacht pulsierende Treiben am Bahnhof.

    Tag 4: Von Straßburg nach Basel, von Basel nach Friedrichshafen

    In der Abenddämmerung zeigt sich das Ufer des Bodesees in Friedrichshafen von seiner romantisch-kitschigen Seite.
    In der Abenddämmerung zeigt sich das Ufer des Bodesees in Friedrichshafen von seiner romantisch-kitschigen Seite. Foto: Moritz Lenz

    Manchmal fühlt man sich auf dieser Deutschlandreise wie ein Schiffbrüchiger – und fragt sich beim Aufwachen am Morgen, wo einen die wilde Tour gerade wieder hingetragen hat. Okay, Frankreich also. Wir nehmen die Route über Offenburg in die Schweiz. Zeit und Raum lösen sich auf, Landschaften und Milieus ziehen vorbei und verschwimmen wie unscharfe Bilder. Hat man sich erst einmal dem Takt der Bahn angepasst, ist es völlig egal, wann und wo man ankommt. Wir sind jetzt mitten in diesem Flow. Der Weg ist bisweilen spannender als das Ziel.

    Wir bewegen uns im Drei-Länder-Eck – und erreichen um die Mittagszeit Basel. Diese Stadt ist ein zu Stein gewordenes Statement, hier riecht es nach schwerem, gesichertem Reichtum. Die Pizza Margarita gibt's nicht unter 20 Euro, in den Auslagen der Geschäfte blinken die Handtaschen aus Matelassé-Leder für 2000 Euro und aus den Marmorfassaden trieft es golden.

    Erschlagen von all dem unerschwinglichen Luxus entschließen wir uns zur Weiterfahrt Richtung Bodensee: vorbei an Riegel-Malterdingen, Bellingen, Efringen-Kirchen, vorbei an bunten Häusern mit Aufschriften wie "Jesus ist unser Friede", hellgrünen Wiesen voller Störche und Freiburg im Schwarzwald, wo im Bahnhof die Geranien blühen. Man sieht Sandgruben, Hochsitze, Kühltürme – und in der Ferne immer einen Kirchturm. Der Zug stoppt ungefähr alle drei Minuten, die Provinz wird greifbar.

    Um 17.13 Uhr schleicht sich der Zug an Singen vorbei. Hier steht das alte Maggi-Werk, eine wie in Blei gegossene Welt des alten Industriezeitalters. Spätestens jetzt sollte man sich einen Platz in Fahrtrichtung rechts sichern. Kurz darauf rückt auf dieser Seite der Bodensee ins Bild. Wären nicht die Fenster im Weg, man könnte in den See springen, so nah ist man dem Wasser.

    Um 18.16 Uhr erreichen wir unser Etappenziel Friedrichshafen. Der See ist wie von gleißendem Silber gefüllt, Myriaden kleiner Glitzersteine funkeln auf der Oberfläche. Ein kleines Hotel etwas außerhalb des Trubels am Gestade erwartet uns; wir erreichen es mit dem Bus.

    Tag 5: Von Friedrichshafen nach Salzburg, von Salzburg nach Landshut

    Vor dem Bahnhof in Salzburg suchen Reisende Abkühlung in der Nachmittagshitze.
    Vor dem Bahnhof in Salzburg suchen Reisende Abkühlung in der Nachmittagshitze. Foto: Eike Lenz

    Früh am Morgen geht es weiter auf der Schwäb'schen Eisenbahn: Bad Schussenried, Biberach, umsteigen in Ulm. Bilder entblättern sich wie in einem Daumenkino. Manchmal bleibt Zeit, sie zu erfassen und zu deuten: Bauernhöfe, Bienenstöcke, Biogasanlagen. Man lernt Orte kennen – so flüchtig, wie das mit der Bahn eben geht. Dörfer namens Dinkelscherben.

    Nicht alle dieser kleinen Orte entlang dieser Kette sind Perlen. Einige erzählen von der Vergangenheit, andere von der Zukunft. Setzt man all die Bilder zu einem Film zusammen, würde der Titel wohl lauten: Ein zerklüftetes Land. In Sekundenschnelle wechseln landschaftliche und soziale Kontraste.

    Kurz vor Augsburg spielt der Lokführer wilde Maus, zieht seinen Zug ruckartig nach rechts, Handys purzeln, Kinder kreischen. Der Himmel hier in Bayern ist nicht mehr ganz so blau, dafür sind die Wiesen grün und saftig. Kühe grasen, und in der Ferne zeichnet sich der Scherenschnitt des Voralpenlandes ab. Bayerische Beschaulichkeit.

    Über einen kurzen Zwischenstopp in Salzburg, dem vierten Grenzübertritt unserer Reise, und München geht es nach Landshut, Ankunft 19.12 Uhr.

    Es regnet, als wir den Zug verlassen. Die Bahn bringt einen nicht nur von A nach B. Sie bietet ein Zuhause, während draußen die Orte verwischen. So sehr hat man sich an ihre Geborgenheit gewöhnt, dass man sich jetzt nach ihrer Obhut sehnt. Zu Fuß erklimmen wir den Berg für unser Nachtlager, die Jugendherberge auf dem Burgberg.

    6. Tag: Von Landshut nach Neustadt/Aisch, von Neustadt/Aisch nach Iphofen

    Die Jugendherberge am Burgberg in Landshut bietet Komfort wie zu Zeiten der Ritter - eher spartanisch.
    Die Jugendherberge am Burgberg in Landshut bietet Komfort wie zu Zeiten der Ritter - eher spartanisch. Foto: Moritz Lenz

    Früher Morgen, kaltes, dunkelblaues Licht über dem Bayernland. Um 8.37 Uhr startet der Zug nach Nürnberg, noch einmal vorbei an Lagerhäusern, Fabrikhallen und ganz vielen Kränen. Auch das lernt man auf dieser Reise: Deutschland ist gerade im Aufbruch und eine einzige Baustelle.

    Auch bei der Bahn. Es gibt mal wieder zwei Waggons weniger. "Rücken Sie bitte so nah wie möglich zusammen", lautet die Durchsage. Töne, wie man sie seit Corona nicht mehr gehört hat. Ankunft in Nürnberg um 10.28 Uhr, und dann dauert es noch mal eine Stunde bis Neustadt/Aisch. Der Chauffeur des Ersatzbusses fährt wie ein Henker, und so erreichen wir Iphofen Punkt 11.59 Uhr.

    Die Reise ist zu Ende. Sechs Tage unterwegs in Regionalzügen, das sind sechs Tage Abenteuer, weil man nie so genau weiß, wo man am Ende landet. Aber auch sechs Tage, in denen man Geduld und Gelassenheit lernt. Besser, man bucht seine Hotels oder Pensionen erst vor Ort. Reisen mit der Bahn sieht man nach solchen sechs Tagen mit anderen Augen.

    Das Wichtigste zum 49-Euro-TicketElf Millionen Abos hat die Bahn seit dem Start des Deutschlandtickets im Mai nach eigenen Angaben verkauft. Laut einer Auswertung des Mobilfunkanbieters O2 Telefónica nutzen 170.000 zusätzliche Zugreisende am Tag die Bahn, vor allem Pendler. Für Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist das Ticket deshalb schon jetzt ein "Riesenerfolg". Kritik kommt von Fach- und Sozialverbänden: Die einen wünschen sich Zusatzangebote, um das Ticket auf dem Land attraktiver zu machen, die anderen kritisieren, dass es nur digital verkauft wird oder zu teuer für Bedürftige ist.Nicht nur für Pendler und Vielfahrer rechnet sich das Deutschlandticket, sondern auch für Einzelreisen auf längeren Strecken. So kostet die einfache Fahrt von Würzburg nach München im Regionalzug (2. Klasse) mit dem Normalticket ab 25 Euro, nach Berlin regulär ab 75,70 Euro und nach Köln 61,70 Euro.Vorteil: Mit dem 49-Euro-Ticket lassen sich (innerhalb Deutschlands) auch alle Busse und Bahnen im ÖPNV nutzen.Quelle: Deutsche Bahn

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