Es ist eines der letzten TV-Lagerfeuer, zumindest in Bayern: "Fastnacht in Franken"! An diesem Freitagabend gab es einmal mehr die Bestätigung: Die Kultsendung des Bayerischen Rundfunks (BR) war auch 2024 eine gelungene große Faschings-Show.
Unterhaltung auf hohem Niveau, Tanz- und Showeinlagen wechselten sich in atemberaubendem Tempo mit Kabarett und klassischen fränkischen Büttenreden ab. Aber "Fastnacht in Franken" war in diesem Jahr auch sehr politisch - und manchmal sogar nachdenklich. Nicht nur die Ampelregierung in Berlin und das bayerische Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bekamen ordentlich eingeschenkt.

Famose Büttenrede von "Richter" Peter Kuhn: Ampelregierung auf der Anklagebank
Der wachsende Populismus in der Politik und das Erstarken der AfD zogen sich wie ein roter Faden durch die Sendung. Ein Thema, bei dem die Narren keinen Spaß verstehen. Peter Kuhn von der Schwarzen Elf in Schweinfurt, der als Richter die Bundesregierung auf die Anklagebank setzte, brachte es am Ende seiner famosen Büttenrede auf den Punkt - und machte das Publikum zu "Mitangeklagten".

"Wir müssen eben besser wählen", fügte "Richter" Kuhn mit Blick auf die AfD und einen möglichen Wahlsieg von Björn Höcke bei der anstehenden Landtagswahl in Thüringen reimend hinzu: "Keiner kann sagen voller Frust, man hätte all dies nicht gewusst." Dafür gab's im Saal langanhaltenden Applaus.

Der Höchberger Bauchredner Sebastian Reich mit seiner Amanda, die Fürther Comedians Volker Heißmann und Martin Rassau, seit längerem mal wieder als "Waltraud und Mariechen" in Veitshöchheim auf der Bühne, und der Rhöner "Dreggsagg" Michl Müller zogen bei der Live-Sendung durch die vorderen Reihen im Publikum: Die Plätze waren mit Spitzenpolitikern und Spitzenpolitikerinnen wieder gut besetzt - beste Gelegenheit, den einen oder die andere direkt anzusprechen und einen Gag zu platzieren.

Ministerpräsident Markus Söder, der als "eiserner Kanzler" Otto von Bismarck gekommen war, erhielt von Waltraud und Mariechen prompt einen Hering überreicht. Sein Vize Hubert Aiwanger bekam einen Bückling. Besonders amüsierten sie sich über die vielen Barbies unter den Politikerinnen. Auch die unterfränkischen Kabinettsmitglieder bekamen Besuch: Bildungsministerin Anna Stolz (FW) und Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU), die Michl Müller gleich mal als "Ministerin Scharlach" ansprach.

Richtig kräftig schenkte der Karlstadter Matthias Walz der Politprominenz ein. Besser gesagt: Der als Koch verkleidete Klavier-Comedian spuckte dem ein oder anderen gehörig in die Suppe. Vor allem Freie-Wähler-Chef Aiwanger wurde vom Chefkoch regelrecht "gegrillt". Und aus dem Song "Schuld war nur der Bossa Nova" wurde ein köstliches "Schuld war nur der große Bruder". Einer der Höhepunkte!

Die fränkischen Narren bewiesen am Freitagabend: Sie sind auf der Höhe der Zeit. Und so war die Künstliche Intelligenz neben dem Gendern immer wieder ein Thema. "Putzfraa" Ines Procter aus Erlabrunn stritt in einem köstlichen Zwiegespräch mit ihrem von der KI generierten zweiten Ich um das letzte bisschen "gesunden Menschenverstand".

Altneihauser Feierwehrkapell'n: Künstliche Intelligenz für Franken
Der Oberpfälzer Norbert Neugirg von der Altneihauser Feierwehrkapell'n reimte: "Die Franken bau'n auf die KI, wer hätt sie nötiger als sie." Und Peter Kuhn sieht indes "die Wahrheit an ihren Grenzen, durch künstliche Intelligenzen".

Dem Gendern begegneten die Narren indes aufgeschlossener als noch vor einem Jahr. Die Ansbacher Sänger von Viva Voce forderten gar ein eigenes Ressort dafür: Sie schlagen das "Innen-Ministerium" vor. Und Matthias Walz belegte in seinen Filmeinspielern, dass selbst Markus Söder ständig gendert - allein schon, wenn der CSU-Chef von Wählerinnen und Wählern spricht. Dafür, meint Walz, gebe es doch ein viel schöneres, geschlechtsneutrales Wort: "Stimmvieh".

Apropos Stimmen: Die Sänger von Viva Voce hatten in ihrer professionellen Show die ABBA-Klassiker zeitkritisch umgedichtet und mit klasse Outfits auf die Bühne gebracht. Da wurde dann schon mal "Lieferando" aus dem Hit "Fernando"- ein weiterer Höhepunkt der Fastnacht in Franken 2024.

Sebastian Reich trat erstmals mit zwei Puppen gleichzeitig auf und überzeugte mit einer coolen Rap-Nummer. Waltraud und Mariechen kalauerten im Sessellift um die Wette und gönnten sich derben Politikklamauk: So pinkele die FDP in den Schnee, um endlich mal was Gelbes um sich zu haben.

Und Michl Müller bewies, dass es nichts gibt, worüber er keinen Faschingssong dichten kann. Er besang seine "Ünnerhos", assistiert vom Männerballett der Turedancer aus Zellingen.

Oti Schmelzer aus Oberschwappach flog als Sandmännchen ein und brillierte mit seinen Schnellsprecheinlagen und Mitmachsongs. Und dann waren da noch die beiden Neulinge "Lubber und Babbo" alias Thomas Krug und Matthias Schmelzer, Otis Neffe. Die beiden kalauerten und witzelten sich gekonnt durch ihre Bergsteiger-Nummer. Ein gelungenes Debüt.

Gankino Circus aus dem mittelfränkischen Dietenhofen wollten ihre grandiose Nummer vom Vorjahr toppen. Zu Beginn etwas zäh, schafften es die vier Jungs mit ihrer Version eines griechischen Sirtaki, erzeugt mit einer Bohrmaschine, dann doch: Der Knaller rettete ihren Auftritt.

Emotionaler Abschied von Kabarettist Klaus Karl-Kraus
Klaus Karl-Kraus, der als Kioskbesitzer launig und sehr fränkisch seine eigene Glückszeitung kreierte, sorgte für einen der emotionalsten Momente des Abends. Als der 72-Jährige seinen Kiosk schloss, kündigte er singend an, dass es für ihn an der Zeit sei, die große Faschingsbühne zu verlassen. 2004 hatte der Erlanger zum ersten Mal auf der Bühne in Veitshöchheim gestanden. Am Freitagabend geleiteten ihn die anderen Künstler dann zum letzten Mal aus dem Saal. Klaus Karl-Kraus zückte sein Taschentuch. Auch die Zuschauer im Saal verabschiedeten ihn mit langanhaltendem stehendem Applaus.
Eines gab der Kabarettist dem Publikum noch mit: Fasching sei eben auch, "den Weltschmerz für viereinhalb Stunden zu vergessen, zu lachen und zu feiern".

Und dazu trugen natürlich auch die Garden mit ihrem Hochleistungssport bei: die Besenbinder aus dem mittelfränkischen Röttenbach und die vier Tanzmariechen von der Tanzsportgarde Coburger Mohr aus Oberfranken. Für die jungen Sportlerinnen gab es stürmischen Applaus.
Appell der Akteure zur Europawahl: Demokratie wählen!
Zum Schluss setzten die "Fastnacht in Franken"-Stars dann noch ein klares politisches Zeichen. Zu bekannten Hits aus verschiedenen Ländern zogen alle Akteure im EU-Wahljahr zu einem Europa-Medley auf die Bühne und appellierten: "Wählen Sie Demokratie!".