Leise Buhrufe sind zu hören, als Landrat Thomas Eberth (CSU) am Freitag kurz vor 10 Uhr in das Foyer der Seniorenwohnanlage am Hubland kommt. Ausdauernd und laut applaudieren die gut 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des landkreiseigenen Kommunalunternehmens (KU) hingegen, als ihre Chefin, Eva von Vietinghoff-Scheel, im Gang zu sehen ist.
Aus Solidarität stehen die Beschäftigten des Kommunalunternehmens in ihrer Frühstückspause Spalier im Eingangsbereich der Seniorenwohnanlage. Hier müssen alle 15 Kreispolitikerinnen und Kreispolitiker durch, die dort um 10 Uhr an einer Sitzung des KU-Verwaltungsrates teilnehmen. Auch der Vorsitzende dieses Gremiums, Landrat Eberth, kommt am Protest des Personals nicht vorbei.
Mitarbeiter spricht vom Rosenkrieg, der politisch geprägt ist
Nur kurz blickt Eberth auf die DIN A3-großen Zettel, die seinen Weg zur Sitzung säumen. Auf einem steht fettgedruckt mit roten Buchstaben "Fehlentscheidung!" Und in Schwarz wird ergänzt: "Opfer ist der Landkreis". Damit nehmen die Beschäftigten Bezug auf die Abstimmung im Kreistag am vergangenen Montag. Fraktionsmitglieder von Grünen, SPD und UWG/FW hatten beantragt, Vietinghoffs Vertrag bis Ende März 2030 zu verlängern, konnten sich aber nicht durchsetzen. Die Vorstandsfunktion soll jetzt neu ausgeschrieben werden.

Die Art und Weise, wie mit seiner Chefin umgegangen wird, findet Martin Reichert vom Haus Franziskus in Ochsenfurt nicht in Ordnung. Er spricht von einem "Rosenkrieg", und hat das Gefühl, dass dieser vor allem politisch geprägt ist. Denn "die Mitarbeiter sind zufrieden mit der Chefin", sagt er.
Auch der ehemalige Betriebsratsvorsitzende Detlev Münz steht in den Reihen seiner Kolleginnen und Kollegen. Münz ist jetzt Rentner, arbeitet aber noch als geringfügig Beschäftigter für das KU. 32 Jahre war er Betriebsratsvorsitzender. "Ich habe das Gefühl, dass hier ein politisches Scharmützel abläuft, das nichts mit ihrer guten Arbeit zu tun hat", sagt er. Vor ihm auf dem Zettel steht: "Stoppt den Machtmissbrauch".
Solidaritätsaktion ging von den Beschäftigten aus
Matthias Herbert ist jetzt Vorsitzender des Betriebsrats im Kommunalunternehmen. Weder die Mitarbeitervertretung noch die Geschäftsführung habe etwas mit der Aktion der Beschäftigten zu tun, erklärt er. "Das ging alleine von den Kolleginnen und Kollegen aus, die ihre Unterstützung zeigen möchten, weil sie eine gute Chefin haben, die auch das Menschliche berücksichtigt."

Auf den Punkt bringt es Marcel Hendricks, der als Referent der Betriebsleitung in den Senioreneinrichtungen beschäftigt ist. "Wir wollen unsere Chefin behalten und nehmen die Kreistagsentscheidung nicht hin." Gekommen sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Bereichen des Kommunalunternehmens. Die meisten möchten nicht, dass ihr Name veröffentlicht wird. "Weil sie Angst vor dem Landrat haben", sagt der Betriebsratsvorsitzende.
Vorständin ist zu Tränen gerührt

Eine, die sich traut, ist Britt Forgber-Oestreicher, Fachbereichsleiterin Gebäudereinigung. "Ich will meiner Chefin auf ihrem Weg in den Verwaltungsrat Respekt für ihre Leistung zollen", sagt sie. "Auch, weil sie der ehrlichste Mensch ist, den ich kenne, und weil sie die Senioreneinrichtungen gut durch die Corona-Zeit geführt hat. Wir hatten keine Probleme, andere Häuser schon."

Landrat Eberth spricht nur kurz mit dem Personal. "Es gibt immer zwei Seiten der Medaille", sagt er und bietet dem Betriebsrat an, seine Sicht der Dinge zu hören. Eva von Vietinghoff-Scheel steht am Rand, verdrückt sich Tränen der Rührung und bedankt sich bei ihren Mitarbeitern. Dann schließt sie die Türen zum Sitzungssaal. Was dann mit ihr besprochen wird, erfährt die Öffentlichkeit wieder einmal nicht. Denn die Sitzung des Verwaltungsrates ist geheim.