Der Mörder, der in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Würzburg einsaß und Anfang Januar aus einem Gerichtsgebäude in Regensburg floh, beschäftigt aktuell Polizei- und Justizbehörden in Unterfranken, der Oberpfalz und Mittelfranken. Wie aus einer Pressemitteilung vom Montag hervorgeht, gab es bereits vergangene Woche ein Treffen, bei dem Vertreterinnen und Vertreter der zuständigen Polizeipräsidien, des Land- und Amtsgerichts Regensburg sowie der Staatsanwaltschaften Regensburg und Nürnberg/Fürth den Vorfall rekonstruierten und weitere Schritte zu dessen Aufarbeitung festlegten. Das Ergebnis: Vermutlich hätte die Flucht des 40-Jährigen verhindert werden können.

Dem Mann war es gelungen, aus einem Anwaltszimmer, in dem er sich vorgeblich mit seinem Verteidiger beraten wollte, mit einem Sprung durch ein unverschlossenes Fenster zu entkommen. Vorher war "gerichtlich angeordnet" worden, ihm "im Sitzungssaal die Handfesseln abzunehmen", um ihm "ein Mitschreiben zu ermöglichen", heißt es in der Mitteilung.
Raum war nicht für Besprechungen mit Inhaftierten vorgesehen
Es bestehe "Einigkeit" darüber, "dass eine der Polizei obliegende Fesselung des Angeklagten nach Verlassen des Sitzungssaals und eine lückenlose Überwachung des zu öffnenden Fensters in dem zur Flucht genutzten Anwaltszimmer, die Flucht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert hätte". Für die Vorführung und Bewachung des verurteilten Mörders waren Polizeibeamte aus Unterfranken zuständig.
Doch den unterfränkischen Beamten die alleinige Schuld an der Flucht zu geben, scheint zu kurz gegriffen: Weiterhin wurde nämlich festgestellt, dass das Anwaltszimmer "nicht gesichert" sei. Vielmehr diene es Anwältinnen und Anwälten "als Aufenthaltsort für Sitzungspausen". Deutlich heißt es in dem Bericht: "Für Besprechungen mit inhaftierten Angeklagten ist der nicht überwachte Raum nicht konzipiert." Hierauf sei inzwischen gerichtsintern nochmals hingewiesen worden. "Bauliche Maßnahmen" seien an dem Gebäude allerdings derzeit nicht vorgesehen.

Als weiteren Aspekt, der die Flucht "begünstigt" habe, nennt der Bericht "die mangelnden Kenntnisse der Vorführbeamten" aus Unterfranken "zu baulichen und sicherheitstechnischen Gegebenheiten" in dem Regensburger Gericht. Dem will man künftig mit "Intensivierungen bei der Zusammenarbeit zwischen ortsfremden Polizeikräften und örtlichem Sicherheitspersonal" begegnen.
Kommt der Mörder nach seiner Auslieferung zurück nach Würzburg?
Insgesamt wolle man "die bislang standardisierten Ablaufprozesse einer intensiven Überprüfung" unterziehen. Hierbei sollen "potentielle Schwachstellen" identifiziert werden. Zwar sei immer "angelehnt an die jeweilige Gefährdungsprognose eine Einzelfallprüfung vorzunehmen", heißt es. Allerdings wolle man bei einer "fortlaufenden Sensibilisierung der Einsatzkräfte" ein besonderes Augenmerk "auf die noch konsequentere und stringentere Umsetzung der Vorgaben zur Fesselung" legen.
Der flüchtige Mörder war nach vier Tagen in Frankreich festgenommen worden. Er soll zeitnah nach Deutschland überstellt werden. In welcher JVA er dann untergebracht wird, ist nicht bekannt.