Ein Festzug, gemeinsamer Kirchgang mit Fahnen und Blasmusik, feierliche Neuaufnahmen - auf den ersten Blick geht es sehr traditionsverbunden zu beim Feldgeschworenentag in Giebelstadt. Kein Wunder: Das Ehrenamt der Siebener ist in Franken seit dem späten Mittelalter tief verwurzelt. Dabei lässt sich leicht übersehen, welche Bedeutung die Feldgeschworenen selbst im digitalen Zeitalter noch spielen.
Über 200 Feldgeschworene begrüßt der Vorsitzende des Feldgeschworenenverbands Ochsenfurt, Werner Wenninger aus Sommerhausen, nach dem ökumenischen Gottesdienst in der Giebelstadter Mehrzweckhalle. Insgesamt wachen etwa 300 von ihnen über die 52 Gemarkungen im Altlandkreis Ochsenfurt, sagt Wenninger. Es sind also tatsächlich häufig noch sieben Personen, die das Siebeneramt in einer Gemarkung ausüben.
Sachwalter der Grundstücks- und Flurgrenzen
Aber wie sieht dieses Amt eigentlich aus? Vorrangig geht es darum, Flur- und Grundstücksgrenzen zu kennen. In Bayern gilt der Abmarkungszwang, das heißt: Grundstücksgrenzen müssen gekennzeichnet sein. Feldgeschworene setzen und kontrollieren diese Grenzzeichen. Dabei unterstützen sie die Behörden bei Vermessungarbeiten oder bei der Neuordnung von Grundstücken.

In seinem Grußwort hadert Giebelstadts Bürgermeister Helmut Krämer mit der geschlechtergerechten Ansprache - "liebe Feldgeschworene und Feldgeschworinnen?". Tatsächlich sind inzwischen auch einige Frauen in die frühere Männerdomäne eingedrungen, wenige noch. Als Vermessungsingenieur und langjähriger Mitarbeiter des Amts für ländliche Entwicklung wisse er die Arbeit der Siebener hoch zu schätzen, sagt der Bürgermeister.
Feldgeschworene als Partner der Behörden
Das unterstreichen auch Landrat Thomas Eberth und Bundestagsabgeordneter Paul Lehrieder in ihren Grußworten. Grenzen zu kennen und zu respektieren schaffe Frieden, sagt Lehrieder, das gelte im Großen wie im Kleinen, für Landes- wie für Ackergrenzen.
Einerseits blickt Jürgen Eisentraut, Chef das Amts für ländliche Entwicklung, pragmatisch auf die Feldgeschworenen. 415 Projekte bearbeite sein Amt derzeit in ganz Unterfranken, darunter 21 Dorfererneuerungs- und Flurbereinigungsverfahren im Landkreis Würzburg. "Ohne die Unterstützung der Feldgeschworenen könnten wir diese Aufgabe mit unseren 165 Mitarbeitern überhaupt nicht erfüllen", so Eisentraut.
Gerade in Flurbereinigungsverfahren, die nicht selten von großer Skepsis der Beteiligten begleitet werden, seien die Feldgeschworenen unverzichtbare Fachleute und Vermittler. "Sie kennen die Flur, sie kennen die Böden und sie haben das Vertrauen der Leute", so Eisentraut.
Andrerseits schätzt der Behördenleiter die Tradition, die mit dem Amt verbunden ist. "Es ist ein gutes Zeichen, dass es dieses ehrenamtliche Engagement heute noch gibt", sagt er, "deshalb finde ich solche Ehrentage eine gute Sache, gut für die Seele."
"Es ist ein gutes Zeichen, dass es dieses ehrenamtliche Engagement heute noch gibt."
Jürgen Eisentraut, Amt für ländliche Entwicklung
Apropos Ehrenamt: Feldgeschworene begehen regelmäßig die Flur, überprüfen, ob Grenzsteine noch da stehen, wo sie stehen sollen. Nur wenn sie gerufen werden, um einen Grenzstein neu zu setzen oder die Mitarbeiter des Vermessungsamt zu unterstützen, gibt es für sie eine kleine Aufwandspauschale.
Ohne die Feldgeschworenen müssten die Vermessungsgebühren erheblich höher sein, sagt Emil Fischer, der Leiter des Amts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in Würzburg. Dabei handele es sich inzwischen um eine rein fränkische Eigenart. Im restlichen Bayern werde das Siebeneramt kaum noch ausgeübt, in Norddeutschland sei es gänzlich unbekannt. Dort müssten private Vermessungsbüros beauftragt werden, um Grenzen zu markieren. "Das kostet natürlich einen Haufen Geld."
Siebener als Streitschlichter
Mindestens ebenso wichtig sei die Rolle der Feldgeschworenen als Vermittler und Schlichter von Grenzstreitigkeiten. "Wir haben garantiert jeden Tag den Anruf eines Eigentümers, der ein Händel mit seinem Nachbarn hat und wissen will, an wen er sich wenden kann", so Fischer. Er verweise dann stets zuerst an die Feldgeschworenen. "Es ist doch viel einfacher, ein Problem über dem Gartenzaun zu lösen als vor dem Kadi."
Umso mehr freut sich Werner Wenninger, beim Siebenertag neun Frauen und Männer im Kreis der Feldgeschworenen willkommen zu heißen. Michael Weigand aus Goßmannsdorf, Roland Hermann und Günter Keßler aus Hopferstadt, Marion Fries aus Ingolstadt, Manfred Herrmann, Bernhard Neckermann und Edgar Mark aus Sächsenheim sowie Franz Gabel und Thomas Leuchs aus Stalldorf wurden im Rahmen des Festgottesdienst in den Verband aufgenommen.

Auch Regularien waren im Rahmen des Feldgeschworenentag zu erfüllen. So wurden Werner Wenninger, sein Stellvertreter Anton Lesch, (Oellingen) und Kassier Rainer Lesch (Gaukönigshofen) bei der Vorstandswahl in ihren Ämtern bestätigt, ebenso wie die Beisitzer Stefan Seifert (Ochsenfurt), Norbert Fries (Strüth) und Manfred Neeser (Burgerroth). Neu in den Vorstand gewählt wurden Schriftführer Matthias Dürr (Bütthard) sowie die Beisitzerinnen und Beisitzer Marion Fries (Ingolstadt), Johann Lutz (Stalldorf), Marküs Dürr (Eichelsee) und Josef Häuslein (Hopferstadt).
An die Feldgeschworenen appelliert ihr Vorsitzender, die regelmäßigen Begehungen nicht zu vernachlässigen und mit öffentlichen Flurgängen das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger für die örtliche Flur zu schärfen. Durch den Einsatz immer größerer Maschinen in der Landwirtschaft nehme die Bedeutung regelmäßiger Grenzsteinkontrollen zu, so Wenninger.