Und in der beliebten Fernsehserie „Kunst und Krempel“ fungiert er als Spezialist für religiöse Volkskunst, indem er den Wert von Devotionalien aus fränkischen Bauernhäusern schätzt.
Wie hochkarätig sein wissenschaftliches Ansehen aber wirklich ist, das zeigten die Besucher bei der Feier zu seinem 80. Geburtstag im Toskanasaal der Residenz. Grußworte sprachen unter anderem Professor Reinhard Johler von der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde und Domkapitular Jürgen Lenssen, in dessen diözesaner Kunstkommission Brückner mitarbeitet.
Mit 26 Jahren promoviert
1930 in Fulda geboren, studierte der Jubilar Philosophie, Germanistik, Geschichte, Kunstgeschichte und Volkskunde an vier Universitäten; seinerzeit gehörten Uni-Wechsel zur Horizonterweiterung selbstverständlich hinzu. In Frankfurt promovierte Brückner sechsundzwanzigjährig über den Pilgerort Walldürn und arbeitete in den bewegten Jahren zwischen 1964 und 1973 als Professor und Leiter des Instituts für Volkskunde in Frankfurt. Anschließend hatte er 25 Jahre den Lehrstuhl für deutsche Philologie und Volkskunde an der Uni Würzburg inne.
Die Frankfurter Zeit – immerhin seit Wolfgang Brückners Studienplatzwechsel 1952 – beleuchtet sein Jahrgangsgenosse und langjähriger Wegbegleiter, der Historiker Notker Hammerstein, in einem Beitrag für die Festschrift „Bilder – Sachen – Mentalitäten“. Dabei erzählt Hammerstein detailreich aus dem Wissenschaftsbetrieb.
Schüler und Kollegen berichten
In unterschiedlichem Maße akademisch fiel der Band mit dem Untertitel „Arbeitsfelder historischer Kulturwissenschaften“ und 772 Seiten Umfang aus. 67 ehemalige Schüler und Kollegen berichten aus Forschungsgebieten, die mit denen Brückners in Beziehung stehen. Ein gutes Viertel der Aufsätze geht dezidiert fränkischen Inhalten nach.
Das Autorenverzeichnis dokumentiert etliche Laufbahnen von früheren Würzburger Studenten Brückners, die es in der weiten Welt zu etwas gebracht haben und die den Spezialgebieten ihres Ex-Prof auf ihre Weise weiter huldigen, und sei es durch eine Untersuchung des Ansichtskarten-Booms um 1900.
„Visuelle Kultur“ heißt einer der sieben Festschriftabschnitte, deren erster, „Frömmigkeit und Konfession“, mit 15 Texten am ausführlichsten bestückt den intellektuellen Reigen eröffnet. Weitere Schwerpunkte bilden die philologisch oft tief ins Detail bohrende „Erzählforschung“, die ungleichen Begriffspaare „Materialien und Realien“ auf der einen, „Rituale und Zeichen“ auf der anderen Seite. „Aufklärung als kulturelle Konstante“ ist der internationalste Teil mit zwei englischsprachigen Beiträgen, „Kulturelles Gedächtnis und Erinnerungsorte“ höchst aktuell.
Die meisten Beiträge sind erfrischend frei von akademischem Jargon wenn auch sprachlich anspruchsvoll. Und es gibt Überraschungen. So findet sich vom emeritierten Literaturwissenschaftler Günter Hess nichts in der Abteilung Erzählforschung, sondern eine Darstellung des Dichters Max Dauthendey in einer Welt, in der plötzlich massenhaft Kunstreproduktionen zugänglich waren.
Forschung über „Nickneger“
Interessant auch, dass Bezirksheimatpfleger Klaus Reder drei Sammlungen von Missionskollekte-Figuren, sogenannten „Nicknegern“, aufgetan hat und nun einer systematischen Erforschung von Produktion und Distribution dieses frömmigkeitsprägenden Utensils entgegensieht. Wenn Franken auch nicht die einzige Herstellungsregion der „Nickneger“ war, so zeichnet sich Würzburg doch als Forschungszentrum auf diesem buchstäblich plastischen Volkskunde-Teilgebiet ab.
Die Festschrift: Heidrun Alzheimer, Fred G. Rausch, Klaus Reder und Claudia Selheim (Hrsg.): „Bilder – Sachen – Mentalitäten. Arbeitsfelder historischer Kulturwissenschaften. Wolfgang Brückner zum 80. Geburtstag.“ Verlag Schnell & Steiner, Regensburg, 784 Seiten, 49,90 Euro