Das ist mal ein Arbeitsplatz mit Panorama: vom Leistengrund hinüber zum Käppele, dann Richtung Stadt und Main geht der Blick. Tückisch ist der Arbeitsplatz auch: eine Natursteinmauer in luftiger Höhe, direkt unterhalb der historischen Wehranlage des Maschikuliturms an der Festung Marienberg. In den vergangenen Jahrzehnten sind von dieser Mauer immer wieder große Steinbrocken zu Tal gepoltert. Jetzt muss sie – für weit mehr als 500 000 Euro – von Grund auf saniert werden.
Seit Jahren war mit Netzen versucht worden, den Steinschlag nicht zur Gefahr werden zu lassen. Doch der Festungsmauer ging es an die Substanz, sagt Maurermeister Bernhard Theuerkaufer. Die alte Mauer war einst auf dem festen Fels des Festungsbergs aufgestützt worden – in einer Konstruktion aus Steinen und Mörtel mit vorgeblendeten großen Muschelkalk-Steinen. Der Trick dabei: Das Mauerwerk wurde von seinem Eigengewicht zusammengehalten – über Jahrhunderte.
Doch es war kein Mauersystem für die Ewigkeit. Wasser und Frost nagten an den Steinen, immer wieder knallten dicke Steinbrocken 20, 30 Meter den Festungsberg hinunter. Direkt in die Weinberge und auf den Wirtschaftsweg darunter. Einige Steine hätten sogar ein Hallendach im Leistengrund durchschlagen, erinnert sich Weinbaumeister Arnulf Hanf vom Staatlichen Hofkeller. Über viele Jahre behalf man sich mit Stahlnetzen, um Sicherheit zu gewährleisten.
Aufwändiges Gerüst
Mit der dringend nötigen, grundlegenden Sanierung hat der Hofkeller die Staatlichen Hochbaubehörden beauftragt, die jahrzehntelange Erfahrung mit der Reparatur der Festungsmauer haben. Leiter Joachim Fuchs spricht denn auch von einer Besonderheit dieses Teilstücks, das direkt auf einer Felskante aufgebaut ist. Die Arbeiten müssen in der relativ steilen Hanglage erst einmal über einen natürlichen Felsenbereich an die Mauer herankommen. Ein aufwendiges Gerüstsystem, das einen großen Teil der Kosten von weit über einer halben Million für das relativ Mauerstück ausmacht, war notwendig. Und ein Aufzug für Mitarbeiter und Material. Das betroffene Mauerwerk ist zwar nur bis zu zehn Meter hoch und rund 30 Meter lang, das Gerüst samt Aufzug-System aber hat eine Höhe von mehr als 20 Metern.
Die moderne Bautechniker verlassen sich nicht mehr allein auf die Schwerkraft der Mauer, sondern haben eine tiefe Verankerung im Fels geplant. Dafür wurden zwei Zentimeter dicke Stahlanker bis zehn Meter lang in den Fels eingebracht. Dazu kommen rund 500 kürzere Verbindungen mit Kernbohrungen in den Fels. Gegen Wasser und Frost will man sich langfristig wappnen.
Schlupflöcher für seltene Tiere
Die Spuren, die die Witterung über die Jahrhunderte im Mauerwerk hinterlassen hat, diente einer Reihe von seltenen Tieren als geschützter Zuschlupf. Deshalb wird bei der Sanierung auch dem Naturschutzgedanken Rechnung getragen. In Abstimmung mit den Naturschutzbehörden habe man im neuen Mauerwerk zahlreiche Nischen für Brutplätze von Vögeln oder für Fledermäuse extra eingebaut und offen gehalten, sagt Joachim Fuchs.
Die Mauerbauer vor Ort, die sonst fugenlosen Perfektionismus gewohnt sind, zeigen eher schmunzelnd auf diese Löcher in der Mauer, die nach ihrer Meinung wieder Wasser- und Frostschäden verursachen könnten.
Für den Weinbergsmeister vom Staatlichen Hofkeller Arnulf Hanf ist es jetzt vor allem wichtig, die Steinbereiche regelmäßig von Bewuchs zu befreien um Sicherheit zu schaffen. Vor allem sollten Wurzeln nicht ins Gestein eindringen. Hanf konzentriert sich derzeit allerdings jetzt mehr auf die bevorstehende Weinlese. Dass der Hofkeller die Sanierung der Festungsmauer zahlen muss, kann er allerdings nicht ganz nachvollziehen – nur weil man vor ein paar hundert Jahren feststellte, dass hier ein sehr guter Wein wächst