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Würzburg: Frappierend aktueller "Galilei" von Brecht am Mainfranken Theater: Wenn die Wahrheit die Macht bedroht

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Frappierend aktueller "Galilei" von Brecht am Mainfranken Theater: Wenn die Wahrheit die Macht bedroht

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    Galileo Galilei (Toomas Täht, rechts) und sein Schüler Andrea Sarti (Nils van der Horst).
    Galileo Galilei (Toomas Täht, rechts) und sein Schüler Andrea Sarti (Nils van der Horst). Foto: Thomas Obermeier

    "Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher". Diese Sätze aus Bertolt Brechts "Leben des Galilei" treffen mitten in unsere gesellschaftliche Gegenwart: Welchen Wert hat wissenschaftliche Wahrheit in Zeiten von "Fake News"? Und welche Verantwortung trägt der Wissenschaftler dafür, insbesondere in autoritären Systemen?

    Den Dramatiker Brecht (1898-1956) haben diese Fragen bis zum Lebensende beschäftigt. Insgesamt drei Galilei-Fassungen liegen vor, mit denen Brecht jeweils auf die weltpolitische Lage reagierte. Insbesondere die dritte, die Berliner-Fassung, gilt als sein Bühnenvermächtnis. Brecht probte sie selbst ab Dezember 1955 am Berliner Ensemble. Nach seinem Tod im August 1956 wurde sie von seinem Schüler Erich Engel fortgeführt und im Januar 1957 zur Premiere gebracht.

    Galileos Erkenntnisse gefährden die kirchliche Macht und damit auch ihn selbst

    Für diese Fassung hat sich jetzt auch das Würzburger Mainfranken Theater entschieden und damit, soviel gleich vorweg, dem Publikum bei der Premiere im Kleinen Haus einen intensiven, bildmächtigen und großartigen Theaterabend beschert, dessen karge ästhetische Klarheit besticht und lange nachhallt.

    Die Ensemblemitglieder schlüpfen in jeweils drei oder mehr Rollen. Hier Hannes Berg als Papst Urban VIII. und Zlatko Maltar als Kardinal Inquisitor.
    Die Ensemblemitglieder schlüpfen in jeweils drei oder mehr Rollen. Hier Hannes Berg als Papst Urban VIII. und Zlatko Maltar als Kardinal Inquisitor. Foto: Thomas Obermeier

    Zehn Figuren, alle in Schwarz, betreten den offenen Bühnenraum und verteilen sich auf die dreistufigen Podeste, die auch als Lagerort für Requisiten und die zahlreichen, zum Teil schrillen Spezialkostüme dienen, die im Laufe des Stückes an- und abgelegt werden (Bühne: Jeremias Böttcher, Kostüme: Mascha Schubert). Hinten rechts findet Adrian Sieber seinen Platz, der die Zwischen-Musiken von Hanns Eisler in zeitgemäße Live-Elektronik verwandelt und damit die Gegenwärtigkeit der Inszenierung akustisch betont.

    Regisseur Tim Egloff fokussiert sich ganz auf Brechts Sprache und die argumentativen Auseinandersetzungen. In deren Mittelpunkt steht die historische Figur des Universalgelehrten Galileo Galilei (1564-1642), der mit seinen astronomischen Forschungen das von Nikolaus Kopernikus theoretisch begründete heliozentrische Weltbild praktisch belegen konnte.

    Das Mainfrankentheater Würzburg zeigt im Kleinen Haus "Das Leben des Galilei" ein Schauspiel von Bertolt Brecht mit Musik von Hanns Eisler.
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    Dies stellte das von Aristoteles begründete, ptolemäische Weltbild radikal infrage, das behauptete, die Sonne drehe sich um die Erde. Und griff damit die Position der katholischen Kirche an, die ihre Macht genau auf dieser biblischen Weltsicht begründete. Galilei belegt seine Ergebnisse, argumentiert und diskutiert mit seinen Kritikern und Gegnern.

    Aber seine Erkenntnisse gefährden die kirchliche Macht, vor allem, als er nicht mehr in Latein, sondern in der Sprache des Volkes schreibt. Die Inquisition klagt ihn an. Jetzt geht es um Leben oder Tod für ihn. Wird er auf der wissenschaftlichen Wahrheit beharren? Oder wird es den Mächtigen gelingen, ihn zu brechen und die Wahrheit zu unterdrücken?

    Toomas Täht spielt diesen Galilei als Intellektuellen unserer Zeit

    Toomas Täht spielt diesen Galilei stark als brillanten, scharfsichtigen Intellektuellen unserer Zeit, der diese innere Zerrissenheit perfekt verkörpert. Konsequent tritt er für seine Überzeugungen ein, vertraut bis zum letzten auf die Kraft der Vernunft und bleibt doch ein nahbarer Mensch mit Schwächen.

    Solch individuelles Profil können Nils van der Horst, Nina Mohr, Nils David Bannert, Tom Klenk, Hannes Berg, Laura Storz, Patricia Schäfer, Georg Zeies und Zlatko Maltar in jeweils drei oder mehr Rollen naturgemäß nicht entwickeln. Aber die geschlossene Ensembleleistung belegt, dass es wieder Freude macht im Schauspiel des Mainfranken Theaters. Nicht nur dem begeisterten Publikum.

    Die weiteren Vorstellungen: 28. Februar; 2., 9., 19.,  26., 28. März; 8., 27., 30. April; 10., 24. Mai; 24. Juni. Karten: Tel. (0931)  3908-124, www.mainfrankentheater.de

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