Bei den Grünen im Landtag ist der Würzburger Abgeordnete Patrick Friedl für die Klimapolitik zuständig. Gerade hat er im Landtag mit seiner Fraktion ein neues Gesetz abgelehnt, mit dem die Regierung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Klimaschutz im Freistaat verbessern will. Im Gespräch erklärt der 50-Jährige, warum Söders Klima-Gesetz blamabel für Bayern ist – und was die Staatsregierung stattdessen für das Klima in Unterfranken tun müsste.
Frage: CSU und Freien Wählern haben im Landtag gerade ein Klimaschutzgesetz für Bayern beschlossen. Warum haben Sie und die Grünen nicht zugestimmt?
Patrick Friedl: Weil dieses Gesetz an Unverbindlichkeit nur schwer zu überbieten ist. Es handelt sich nicht einmal um ein Gesetz im engeren Sinne, sondern um eine unverbindliche Absichtserklärung. Trotzdem zwei Jahre zu brauchen, um so ein Gesetz zu verabschieden, das ist schon blamabel.
Die Staatsregierung verweist auf 96 konkrete Projekte, die mit dem Gesetz verbunden seien - von Aufforstung bis zum Schutz der Moore. Bayern soll bis 2050 klimaneutral werden. Reicht das nicht?
Friedl: Für Einzelmaßnahmen braucht man kein Klima-Gesetz, die kann und muss eine verantwortungsvolle Regierung immer von sich aus angehen. Das Klima-Gesetz sollte darüber hinaus einen verbindlichen Weg aufzeigen, bis wann etwa welche CO2-Reduktion erreicht wird. Das ist aber in diesem Gesetz überhaupt nicht beschrieben. Die Staatsregierung will sich außerdem auf keine zusätzlichen Ausgaben für Klimaschutz festlegen. Deshalb ist das, was da verabschiedet wurde, nicht mehr als schöner Schein.

Wie könnte ein konkreter Weg zu besserem Klimaschutz denn aussehen?
Friedl: Erste Voraussetzung wäre eine konkrete Verpflichtung der Regierung auf feste Ziele. Dafür fehlt aber schon die Datengrundlage. Kein Klima-Ziel in Bayern ist einklagbar oder rechtlich verbindlich. Alle Maßnahmen bleiben komplett im Belieben der Regierung. Dafür braucht man kein Gesetz.
Schauen wir auf Unterfranken: Was wäre denn notwendig, um in der Region konkret beim Klimaschutz voran zu kommen?
Friedl: Wir brauchen zunächst vor allem Programme und Mittel, um den bereits sichtbaren Folgen des Klimawandels zu begegnen. Konkretes Beispiel: Wir haben in der Würzburger Innenstadt in nur zwei Jahren durch Trockenheit und Hitze über tausend Bäume verloren. Es ist eine immense Investition, wenn man diese Bäume klimafest ersetzen möchte, denn es braucht dafür etwa auch neue Bewässerungskonzepte. Das allein kostet einen zweistelligen Millionenbetrag. Wir brauchen auch einen Plan, wie wir unsere Städte für höhere Temperaturen umbauen. Denn unsere Gebäude sind für ein Klima wie früher im Mittelmeerraum überhaupt nicht gemacht. Und wie sollen unsere Kommunen mit dem zunehmendem Starkregen klar kommen? Man darf sich nicht täuschen: Der Klimawandel trifft kleine Orte genauso wie die Städte.
Unterfrankens Kommunen brauchen also mehr Geld vom Freistaat?
Friedl: Unsere Kommunen werden trotz Klima-Gesetz komplett im Stich gelassen. Sie bekommen nicht einmal die Mittel an die Hand, um die Vorgaben des Staates zur Klima-Anpassung erfüllen zu können. Und da haben wir von notwendigen Maßnahmen zum dauerhaften Klimaschutz noch gar nicht gesprochen.

Die CSU setzt ja in der Umweltpolitik immer schon auf freiwillige Anreize statt auf Verbote. Was ist daran falsch?
Friedl: Es funktioniert einfach nicht. Der Flächenverbrauch ist trotz aller Appelle weiter angestiegen. Viele Tierarten sind allen Anreizen zum Trotz verschwunden. Überall kann man sehen, wie das CSU-System der Freiwilligkeit versagt.
Heißt das: Menschen ändern ihr Verhalten nur, wenn sie gezwungen werden, klare Vorgaben einzuhalten?
Friedl: In Summe fällt es uns offenbar leichter, wenn wir klare Vorgaben bekommen. Das erleben wir doch gerade in Corona-Zeiten. Wenn es heißt "Tragt freiwillig Maske", dann tut es nur ein Teil. Gibt es eine Maskenpflicht und Geldbußen, dann tun es plötzlich fast alle. In der Klimapolitik ist es ähnlich: Wenn wir wirkungsvolle Maßnahmen erkennen, dann müssen wir die auch mit Geboten und Verboten durchsetzen. Dafür braucht es natürlich Maß und Mitte – aber eben auch Verbindlichkeit.
Die Staatsregierung hat für 2021 rund 150 Millionen Euro für Klima- und Artenschutz vorgesehen. Wie viel Geld wäre denn nötig, um in Ihrem Sinne voran zu kommen?
Friedl: Wenn wir in Richtung einer Milliarde Euro pro Jahr gingen, dann wären wir sicher dichter dran an dem, was notwendig ist. Aber es geht nicht nur ums Geld. Es braucht auch klare Ziele, damit die Menschen selbst mehr tun.
Die Corona-Krise kostet dem Freistaat viel Geld. Wären Sie bereit, für den Klimaschutz in Bayern neue Schulden zu machen?
Friedl: In der jetzigen Situation ja. Weil die Schulden, die wir hier machen, eine hohe Dividende haben für die künftige Lebensqualität. Wir nehmen ja auch in der Corona-Krise viel Geld in die Hand, um unsere Gesundheit zu erhalten. Und der Klimawandel ist sogar eine noch größere Herausforderung, als eine Pandemie, weil er uns noch sehr viel dauerhafter in unserem Leben einschränken kann.
Ministerpräsident Söder betont, welche Priorität der Klimaschutz für ihn habe. Ist das nur Politik-PR oder nehmen Sie ihm das ab?
Friedl: Am Handeln, nicht an den Worten erkennt man den, der macht. Für effektives Handeln beim Klimaschutz hat Söder in Bayern die Macht. Wenn er trotzdem nicht genug tut, dann hilft auch der hehre Wunsch nichts. Leider gibt es oft nur schöne Ankündigungen der Söder-Regierung auch zum Klimaschutz. Aber es passiert viel zu wenig.