Ohne ein Mitbringsel macht man keinen Besuch. Bei einer Zebu-Herde schon gar nicht. Gabriele Asprion-Flad beherzigt diesen Grundsatz stets, wenn sie bei ihren Rindern vorbei schaut. Im Kofferraum fahren deshalb auf dem Weg zur ehemaligen Külsheimer Gemeindeweide zwei Eimer voll Schrot mit. Gabriele Asprion-Flad und der Schrot werden bereits erwartet. Leitkuh Lotte hat entschieden, dass die Luft rein ist, und führt die Herde zum Weidezaun.
Nicht alle der 41 Zebus stehen auf der Külsheimer Weide. Die sieben Bullen haben ihr eigenes Refugium oberhalb von Gamburg, wo Gabriele Asprion-Flad mit ihrer Familie lebt. Vor viereinhalb Jahren hat sie an der Tauber mit der Zebuzucht begonnen. Die Bauerntochter vom Bodensee lebt seit 15 Jahren im Main-Tauber-Kreis und hatte schon lange vor, wieder in die Landwirtschaft einzusteigen.
Als Naturschutzexpertin schwebte der studierten Landwirtin eine Tierart vor, die sich nicht nur gut vermarkten lässt, sondern auch etwas von Landschaftspflege versteht. Auf dem Hof des Dörzbacher Zebu-Pioniers Martin Wunderlich stieß sie auf die asiatischen Rinder mit dem charakteristischen Buckel im Genick. „Ich habe die Tiere gesehen und war sofort hin und weg“, schildert die 48-Jährige diese Begegnung. Mit zunächst fünf Zebus aus Dörzbach begann sie ihre Zucht.
Für die Zebus benötigt Gabriele Asprion-Flad keinen Stall. Die Tiere sind Freigänger. Sogar den vergangenen harten Winter haben sie auf ihren Weiden verbracht. „Das macht ihnen überhaupt nichts aus“, sagt die Landwirtin. Bei minus 15 Grad hätten sie zwar dicht beieinander gestanden und einen mürrischen Gesichtsausdruck zur Schau getragen, sich ansonsten aber wohl gefühlt. Alles, wofür Gabriele Asprion-Flad im Winter sorgen muss, ist genügend Futter und Wasser auf der Weide.
„Ich habe die Tiere gesehen und war sofort hin und weg“
Im Sommer sind die Buckelrinder weitgehend autark. Sie nehmen zu sich, was die jeweilige Weide hergibt. Große Ansprüche stellen sie nicht. Zebus verdrücken Brennnesseln, Gestrüpp und alles andere, worum gewöhnliche Rinder einen Bogen machen. Deshalb und weil sie wegen ihres geringeren Körpergewichtes die Böden nicht überstrapazieren, eignen sie sich hervorragend, um Obstwiesen und Steilhänge von wucherndem Gestrüpp freizuhalten. Mit ihrer Hilfe hat Gabriele Asprion-Flad schon mehrere Flächen rund um Gamburg erfolgreich entrümpelt. So wird verhindert, dass sich der Wald nicht mehr genutzte Weiden und Obstwiesen zurück erobert.
Trotz aller Anspruchslosigkeit wird die außerplanmäßige Schrot-Ration natürlich gern genommen. Schließlich hat es den ganzen Winter über nur Heu-Silage gegeben, und die Rinder freuen sich über Abwechslung in ihrem Speiseplan. Hinter dem Weidezaun beginnt das große Schmatzen. Selbstbewusst an der Spitze der Gruppe zeigt sich eine ziemlich korpulente Ziege, die sich neben Leitkuh Lotte ihren Platz als Vizepräsidentin der Herde erarbeitet hat. „Die ist mir zugelaufen“, erklärt Gabriele Asprion-Flad amüsiert, während sie eine rotgraue Kuh am Hals krault. Das ist Bena, das liebebedürftigste Exemplar der Zebuherde, das für ein paar Streicheleinheiten von der Chefin sogar den leckeren Schrot links liegen lässt. Derweil posiert die schöne Lolita im Sonnenschein. Offensichtlich weiß sie, dass sie fotogen ist, und setzt sich gekonnt in Szene.
Einen Namen bekommt bei Gabriele Asprion-Flad nur, wer in ihrer Herde eine Zukunft hat. Mit anderen Worten: die weiblichen Tiere. Außer ihnen wurde diese Ehre bisher nur Friedo zuteil. Der sanfte, aber beeindruckende Bulle mit den schwarzen Punkten im weißen Fell ist mit der verantwortungsvollen Aufgabe betraut, in der Herde für Nachwuchs zu sorgen. Seine weniger privilegierten Geschlechtsgenossen bleiben namenlos, denn aus ihnen werden Koteletts, Steaks und Würstchen. „Das fände ich irgendwie seltsam, ihnen einen Namen zu geben, um sie dann schlachten zu lassen“, erklärt Gabriele Asprion-Flad.
Die Landwirtin empfindet und zeigt eine große Zuneigung zu ihren Buckelrindern. Die Tatsache, dass sie viele von ihnen dennoch dem Schlachter ausliefert, steht ihrer Auffassung nach dieser Zuneigung nicht entgegen. „Das kann man anderen eigentlich kaum begreiflich machen, wie man seine Tiere lieben und sie trotzdem schlachten lassen kann“, versucht sie lachend eine Erklärung. Ihr Ende finden die Zebus bei einem Metzger in der Nähe von Miltenberg, der die Gamburger Bio-Zebus nach der Ökonorm schlachtet.
Gabriele Apsrion-Flad kann auch in ihrem Zweit-Job nicht von Rindern lassen: In einem Gamburger Milchviehbetrieb arbeitet sie als Melkerin. Von der guten frischen Milch bringt sie sich gern welche nach Hause mit. Zebumilch hat die Landwirtin aber noch nie probiert. Vermutlich schmecke die auch nicht anders als die von „normalen“ Kühen, sagt sie. Zebufleisch habe einen leichten Wildgeschmack, erklärt die 48-jährige Landwirtin. Es sei kurzfaserig, fett- und cholesterinarm, weil die Rinder wegen ihrer freien Lebensweise langsamer wachsen als Hochleistungs-Fleischrinder. Zu haben ist das Zebu-fleisch im Hofladen von Gabriele Asprion-Flad sowie in einer Wertheimer Gaststätte.
Wenn sie noch mehr Weideflächen für mehr Zebus bekommen könne, biete die Zebuvermarktung durchaus ein ausreichendes Einkommen, sagt die Landwirtin. Was ein Hausrind an Fleisch ergibt, lässt sich auch vom Zebu gewinnen. Mit einigen geringfügigen Unterschieden: Die Steaks fallen bauartbedingt etwas kleiner aus. Und, wie Gabriele Asprion-Flad mit einem Blick auf die zierlichen Bullen bemerkt: „Bei der Roulade könnte es etwas schwierig werden.“
Zebus
Die asiatischen Buckelrinder stammen ursprünglich aus Sri Lanka und dem südlichen Kaukasus. Ihr auffälligstes Merkmal ist ihr aus marmoriertem Muskelfleisch bestehender Buckel, der als Delikatesse gilt. Zebus werden von der Schulter gemessen 80 bis 1,30 Meter groß. Seit Ende der 70er Jahre werden Zebus in Deutschland auch außerhalb von Zoos als Fleischrinderrasse gehalten.
Gabriele Asprion-Flad Zebuzüchterin aus Gamburg