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Geheimnisse des Gesellschaftstanzes

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Geheimnisse des Gesellschaftstanzes

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    Tanz an der Wand: Zum Geburtstag gibt's eine Videoinstallation am Eingang der Tanzschule in der Hofstraße 10.THOMAS BERBERICH
    Tanz an der Wand: Zum Geburtstag gibt's eine Videoinstallation am Eingang der Tanzschule in der Hofstraße 10.THOMAS BERBERICH Foto: Foto:

    Auftritt Bettina Bäulke: Wenn sie auf der Bühne steht, solo, das Ballorchester im Rücken, das Publikum vor sich fest im Blick, wirkt sie größer, als sie in Wirklichkeit ist. Das Mikro leicht in der Hand, begrüßt sie die Gäste, die Stimme fliegt durch den Raum. Wieder einmal ist Abschlussball. Dreimal jährlich, im Frühling, im Sommer, im Winter. Seit 1986 im CCW, der nächste am 1. Dezember. Aber vorher, an diesem Samstag, gibt es eine Remember-Party. Denn „Bäulke“ kann 40-jähriges Bestehen in der Hofstraße 10 feiern.

    Und wandert man dort mit Bettina Bäulke durch die Räume ihrer Tanzschule, kann man sie auf einer Erinnerungsreise begleiten: 1972 im Frühjahr startete hier in zwei Sälen der erste Tanzkurs, auf dem Parkett stand das junge Tanzlehrerpaar Roger und Bettina und wies Schüler in die Geheimnisse des Gesellschaftstanzes ein. Bald gab es Beatpartys, Riverboat-Shuffle, Johannisfeste in Waldbrunn, Saturday Night Fever zu Musik von den Bee Gees, Deep Purple, Joe Cocker und Satana, und erste Bälle in den Huttensälen. Es waren ja die bunten Siebziger mit Schlaghosen und Plateausohlen, die jungen Herren langhaarig, die jungen Damen in Miniröcken und Glitzerklamotten.

    Vier Jahre später wurde erweitert, der legendäre „grüne Saal“ kam dazu, dann der „neue Saal“, und ein langer Verbindungsgang, sodass die Räume im Rechteck um den Innenhof führen.„Es entstand ein Tanzhof“, vermerkt Bettina Bäulke, die auch das Parterre renovierte, die früheren Räume von „Antiquitäten-Büchner“, eine in Würzburg bekannte Adresse.

    Immer wieder erweitert, umgebaut, renoviert. Seit 1985, nach dem Tod von Roger, alleine. Es sei der Zuspruch vieler Tanzkreisteilnehmer gewesen, der sie bestärkt habe, die Schule weiterzuführen. Großartig sei, inzwischen Kinder und Enkel der ersten Schüler zu unterrichten. „Drei Generationen habe ich durch den Gesellschaftstanz begleitet und gleichzeitig Kontakt gehabt mit Menschen, die immer wieder bei mir tanzen. Wir werden gemeinsam älter, und vier Jahrzehnte Tanzschule, das sagt natürlich auch etwas über mich aus“. Vor allem, möchte man da feststellen, dass Tanzen jung hält. Da sei schon etwas dran, meint die Tanzlehrerin. „Ich sehe das bei meinen Erwachsenen-Gruppen. Kopf und Körper werden beim Tanzen gefordert, und es entstehen Freundschaften, alles Dinge, die gut tun, wenn man älter wird.“

    Und die Jungen? „Die sollen Spaß haben und Standardtänze lernen, spielerisch, aber auch, sich ungezwungen und doch höflich auf dem gesellschaftlichen Parkett zu bewegen. Kleinigkeiten sind da wichtig.“ Was meint sie damit? „Das Wörtchen Danke zum Beispiel, wenn man beim Tanzen die Partnerin wechselt, kommt gut an. Und natürlich die Freude am gegenseitigen Kennenlernen, am ersten Ballvergnügen mit schicker Garderobe und Polonaise.“

    Aber eigentlich wünscht sie sich noch mehr: „Die jungen Leute sollten sich öffnen, sich nicht unter ihren Kapuzen verstöpseln oder in der Facebook-Welt verkriechen, sie sollen sehen, was um sie herum geschieht.“ Geht das nicht weit über einen Tanzkurs hinaus? Bettina Bäulke sieht das anders: „Alles hängt doch mit allem zusammen, Musik, Bewegung, Kommunikation. Auch die Choreografie der einzelnen Tänze hat Bedeutung.“

    Hier liegt ein weiterer Schwerpunkt der Schule. Bettina Bäulke hat immer wieder Formationsgruppen aufgebaut und unterschiedliche Stücke choreografiert, zu Beginn selbst getanzt. Für viele Ältere unvergessen in den alten Huttensälen ist da ein Charleston mit ihrem Mann Roger, der damit endete, dass er sie von der Tanzfläche trug.

    Mit den Jahren ändert sich manches, nicht nur die jungen Leute, die sie kommen und gehen sieht. Sie hat das Angebot erweitert, Workshops eingeführt, dazu hochkarätige Tänzer, wie Ismail Ivo, eingeladen, und wurde auch selbst gebeten. 1988 zu einer Zusammenarbeit mit Udo Lindenberg an dessen Feuerlandrevue, 1993 gab es „Begegnung mit dem Tango“, ein Konzert des Kammerorchesters Schloss Werneck, wofür sie einige Stücke choreografierte, später kam der Tango Argentino in ihren Innenhof, erst kürzlich wieder mit Gasttänzern aus Frankfurt. Salsa darf nicht fehlen, mit Hiphop ist man wieder im Heute, und natürlich gibt es immer noch Rock'n'Roll und den Swing, Lieblingstanz vieler Älterer.

    Unterrichten sei für sie genau so wichtig wie choreografieren. „Ich bin künstlerisch interessiert, aber keine Künstlerin“, sagt Bettina Bäulke über sich. Gesellschaftstanz sei nach wie vor ihr Hauptthema, weil eine wunderbare Form der Begegnung, auch zwischen den Generationen. „Es muss immer wieder Freude machen“. Man kann das erleben bei den Bällen, wenn sie auf der Bühne steht. Aber auch im Saal, wenn sich Familien treffen, Söhne Mütter zum Tanz auffordern, und Töchter die Väter. Da hat sich wenig geändert, höchstens die Mode, aber festlich ist sie in all den Jahren geblieben, und Sträußchen für die Tanzdamen gibt es auch noch.

    Tanzschule Bäulke

    Die Ursprünge der Tanzschule liegen in Gießen und Darmstadt, wo die Familie Bäulke traditionell den Gesellschaftstanz pflegt. Dort lernte die Abiturientin Bettina ihren späteren Mann, den jungen Tanzlehrer Roger Bäulke kennen. Mit Tochter Nicola ging das Paar nach Würzburg, um etwas Eigenes aufzubauen. Im Jahr 1972 eröffneten sie in den umgebauten Räumen in der Hofstrasse 10, vorher gemietet von der Trachtenschneiderei Tofana, ihre Tanzschule. Erste Bälle gab es in den legendären Huttensälen, als diese 1979 schlossen vorübergehend in der Hubland-Mensa, in den Mainfrankensälen in Veitshöchheim, und seit 1986 bis heute im CCW. Neben den Kursen für Standardtänze hat die ausgebildete Tanzlehrerin Formationsgruppen aufgebaut und immer wieder neue Stücke choreografiert.

    Die Remember-Party für alle inzwischen Erwachsenen Bäulke-Tanzschüler der 70er, 80er und 90er steigt an diesem Samstag, 27. Oktober, ab 20 Uhr.

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