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Würzburg: Gelähmtes Würzburg? Wie die Testpflicht dem Einzelhandel helfen könnte

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Gelähmtes Würzburg? Wie die Testpflicht dem Einzelhandel helfen könnte

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    Seit der Testpflicht liegt der Würzburger Einzelhandel brach.
    Seit der Testpflicht liegt der Würzburger Einzelhandel brach. Foto: HMB Media/Julien Becker

    Ein runder weißer Stehtisch im Eingang ist derzeit Juwelier Stefano Birners wichtigste Verbindung zu seinen Kunden. Hier nimmt er die wenigen Bestellungen an, die an diesem kalten und manchmal nieseligen Donnerstagnachmittag in der Domstraße aufgegeben werden. Hier eine Uhr mit zu engem Armband, da ein Collier, das gerichtet werden muss. Es sind flüchtige Begegnungen – drei Sätze, 30 Sekunden, dann sind die Kunden wieder weg. Der weiße Stehtisch, er ist mehr Barriere als Verbindung. "Es fühlt sich an, als sei man gelähmt", sagt Birner.

    Seit für Würzburg die Notbremse gilt, darf Birner nur noch Menschen mit einem aktuellen, negativen und offiziell bescheinigten Corona-Test einlassen. Das Problem laut Birner: Kaum einer weiß, wo in Würzburg solche Tests erhältlich sind, noch weniger können einen vorweisen. Die Kundenfrequenz sei quasi auf Null gesunken, die Leute blieben lieber zuhause. "Ewig können wir das nicht durchhalten." Wie also könnte eine Perspektive aussehen? "Wir sehen eigentlich keine wirkliche Perspektive", sagt Birner.

    Modehaus Severin in Würzburg: Es muss endlich etwas passieren

    Perspektivlos wirkt auch das Geschehen wenige Meter weiter im Modehaus Severin. Das Geschäft ist geöffnet, eine Tafel am Eingang erklärt die aktuellen Bestimmungen: Einlass nur mit gültigem Schnelltest. Ein Blick ins Innere zeigt gähnende Leere, ein einzelner Mitarbeiter räumt gedankenverloren einige Kleidungsstücke herum. 

     "Es muss endlich etwas passieren", sagt Maximilian Severin, Geschäftsführer des gleichnamigen Modehauses. Eigentlich sei sein Geschäft doch geöffnet, aber: "Die Leute kommen einfach nicht." Angesichts des organisatorischen Aufwands für einen Schnelltest sei dies auch verständlich, sagt er. Was aber tun? "Wir brauchen einen Lockdown", sagt Severin, "außerdem bessere Kommunikation mit den Schnelltests und endlich schnellere Impfungen."

    Weil kaum einer seiner Kunden tatsächlich einen der verpflichtenden Corona-Schnelltests vorweisen kann, sieht Juwelier Stefano Birner "keine wirkliche Perspektive".
    Weil kaum einer seiner Kunden tatsächlich einen der verpflichtenden Corona-Schnelltests vorweisen kann, sieht Juwelier Stefano Birner "keine wirkliche Perspektive". Foto: Thomas Obermeier

    Am Oberen Markt auf Höhe der Eichhornstraße steht etwas verloren ein einzelner Mann mit einem Turnbeutel in Deutschlandfarben und einem Schild. "Gesund durch Impfung?" steht darauf. Dem Schild ist zu entnehmen, dass der Mann Impfungen für gefährlich hält. Er ist etwa 40, hat leicht zottelige Haare und sieht einsam aus. Sein Schild ist abgegriffen, als hätte sich jemand in den vergangenen Monaten zu fest und zu häufig daran festgehalten.

    "Das macht doch gar keinen Sinn", wundert sich eine ältere Frau, die sich mit ihrem Mann auf nahgelegenen Sitzbänken niederlässt, über den Demonstranten. "Impfungen schützen, aber machen doch nicht gesund." Die beiden stellen sich als Hannelore und Klaus Amann aus Gerbrunn vor. Die Amanns lachen viel, am Mittwoch haben sie sich gemeinsam impfen lassen. Es sei zwar nur ein erster Schritt. "Aber man darf sich nicht so runterdrücken lassen, es kommen auch wieder andere Zeiten."

    Getestet haben die Amanns sich für ihren Ausflug in die Stadt nicht extra. Zu umständlich sei das dafür, dass sie nur etwas in einer Drogerie besorgten wollten. Ob ihnen nicht die Bummelei in anderen Geschäften abgeht? "Gerade muss man sich halt ein wenig einschränken."

    Corona-Krisenmanager: Testangebot kann Normalität ermöglichen

    Ein Besuch im Würzburger Burkardushaus. Hier wurde Ende letzter Woche von Stadt und Landkreis Würzburg ein Zentrum für kostenlose Schnelltests eingerichtet, seit Montag ist es geöffnet. Der Betrieb brummt, Menschen kommen und gehen, eine freundliche junge Frau scannt Anmeldungen auf dem Handy der Besucher. Doch warum ist davon im Einzelhandel kaum etwas zu bemerken? "Es muss sich bei der Masse der Leute erst noch rumsprechen, dass hier kostenlose Schnelltests möglich sind", sagt Paul Justice, Krisenmanager im Würzburger Gesundheitsamt.

    Bis zu 2000 tägliche Tests sollen im Burkardushaus bald schon möglich sein. 434 waren es laut Betreiber am Mittwoch, 537 am Donnerstag – die meisten davon Eltern, die ihre Kinder für die Schule testen lassen. Für Kinder sollen laut Krisenmanager Justice hier bald schon speziell schonende Tests angeboten werden. "Der Fokus liegt auf der Durchbrechung von Infektionsketten, aber auch der Einzelhandel kann profitieren, sobald Tests allgegenwärtig sind", sagt Justice.

    Nur zwei Minuten dauert laut Betreiber ein kostenloser Schnelltest im Würzburger Burkardushaus.
    Nur zwei Minuten dauert laut Betreiber ein kostenloser Schnelltest im Würzburger Burkardushaus. Foto: Silvia Gralla

    Nur rund zwei Minuten dauert ein Schnelltest im Burkardushaus laut Betreiber – wenn zuvor eine Online-Registrierung erfolgt ist. Das Ergebnis würde im Nachgang dann innerhalb weniger Minuten per SMS oder E-Mail versendet und sei allgemein im Würzburger Einzelhandel gültig. In Ausnahmefällen sei auch eine analoge Anmeldung möglich, hier müssten jedoch längere Wartezeiten in Kauf genommen werden.

    Die Würzburger Behörden erhoffen sich eine echte Veränderung durch das breite Testangebot: "Wir müssen umdenken. Ich glaube, dass bei den Tests ein Gewöhnungseffekt einsetzen und wieder etwas Normalität ermöglichen wird", sagt Justice. Dann kann vielleicht auch Juwelier Birner seinen weißen Tisch im Eingang wieder entfernen.

    Hinweis: In Stadt und Landkreis Würzburg gibt es inzwischen zahlreiche Stellen, an denen man sich testen lassen kann. Über die Testmöglichkeiten kann man sich unter www.landkreis-wuerzburg.de/testzentren informieren. 

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