Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat Strafbefehl gegen einen pensionierten Polizeibeamten beantragt. Der Mann, Jahrgang 1962, soll wegen Volksverhetzung eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 70 Euro bezahlen, insgesamt also 4200 Euro. Das Amtsgericht hat den Strafbefehl noch nicht erlassen, heißt es seitens der Ermittler. Es prüfe noch.
Dem Beschuldigten wird zur Last gelegt, auf seinem unter richtigem Namen angelegten Account beim Messengerdienst Telegram als Profilbild einen gelben Stern mit der Aufschrift "Nicht geimpft" verwendet zu haben. Der Staatsanwaltschaft zufolge hat er dadurch die Ermordung von Millionen Jüdinnen und Juden während der NS-Herrschaft mit der Situation von Nicht-Geimpften während der Corona-Pandemie gleichgesetzt - und damit "letztlich bagatellisiert".
Staatsanwaltschaft Würzburg: Aufgeheizte Stimmung weiter befeuert
Somit sei sein Telegram-Beitrag geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören. Die aufgeheizte Stimmung in Teilen der Bevölkerung habe der ehemalige Polizist "in nicht verjährter Zeit vor dem 1. März 2022" weiter befeuert.
Der Fall fand im vergangenen Jahr vielfach Widerhall in der juristischen Fachliteratur. Denn das Landgericht Würzburg hatte entschieden, dass die Ermittler die Wohnung des Beschuldigten durchsuchen und Handys und Computer als Beweismaterial beschlagnahmen dürfen. Das Amtsgericht Würzburg hatte diesen Antrag der Staatsanwaltschaft in erster Instanz abgelehnt, eine Durchsuchung sei in diesem Verfahren nicht verhältnismäßig.
Landgericht erlaubte in zweiter Instanz Beschlagnahmung von Handys und Computern
Das Landgericht sah dies anders und begründete seine Entscheidung nicht nur mit dem Profilbild, sondern auch mutmaßlichen weiteren Aktivitäten des Beschuldigten in Dutzenden rechter Telegram-Gruppen. Das Diskussionsklima dort sei "vergiftet", es würden fortlaufend antisemitische und den Holocaust leugnende Äußerungen getätigt und geteilt. Insofern sei die Verwendung des gelben Judensterns dazu geeignet, "die ohnehin bereits aufgeheizte politische Stimmung weiter zu verschärfen, die Hemmschwelle für gewaltsame staatsfeindliche Handlungen herabzusetzen und eine latent vorhandene Gewaltbereitschaft zu entfesseln".

Das Amtsgericht Würzburg kann den Erlass des Strafbefehls ablehnen, wenn es den Beschuldigten als nicht hinreichend tatverdächtig erachtet. Dagegen wiederum könnte die Staatsanwaltschaft Beschwerde einlegen. Der Gericht kann aber auch von sich auch eine Hauptverhandlung, also einen öffentlichen Prozess, anberaumen.
Lässt das Gericht den Antrag zu, wird der Strafbefehl rechtskräftig, sofern der Beschuldigte keinen Einspruch einlegt. Tut er dies, kommt es automatisch zu einem Prozess.