Freundschaftliche Kontakte zwischen Deutschen und Amerikanern entwickelten sich in Würzburg und anderswo nur langsam. Bei der Landesgartenschau, die im Jahr 2018 eine Million Menschen auf den Galgenberg locken soll, wird diese Beziehung, die oft herzlich, aber nicht immer problemlos war, in einer Ausstellung eine große Rolle spielen.
Noch im Jahr 1945 wurde das amerikanische Fraternisierungsverbot, das Kontakte zwischen Deutschen und US-Soldaten zunächst untersagte, aufgehoben. Ein wichtiger Grund war die Tatsache, dass die Besatzungsmacht deutsche Angestellte in großer Zahl benötigte.
US-Zigaretten als Geschenk

Eine von ihnen war die 18-jährige Ilse Schiborr, die ab dem Sommer 1946 auf dem ehemaligen Fliegerhorst am Galgenberg die Verbindung zwischen einem amerikanischen Offizier und dessen deutschen Beschäftigten in diversen Werkstätten herstellte. Nach einiger Zeit wurde sie von dem Offizier und seiner Frau regelmäßig nach Hause zum Essen eingeladen und erhielt von dem Ehepaar, das nicht rauchte, ganze Stangen von US-Zigaretten, die auf dem Schwarzmarkt buchstäblich Gold wert waren, als Geschenk.
Sehr schnell entwickelten die Amerikaner Hilfsprogramme für die Würzburger, die oft in Kellern und Notunterkünften hausten und Hunger litten. Dabei wurde nicht gefragt, ob die Bedürftigen vor ein paar Jahren womöglich noch begeisterte Anhänger Hitlers gewesen waren.
Busausflüge organisiert
Vor allem aber richteten sich die Hilfsanstrengungen auf Kinder, bei denen solche Überlegungen gar nicht erst angestellt werden mussten. Die Amerikaner organisierten Busausflüge in die Umgebung, die in den Leighton Barracks starteten, verwöhnten die Kinder mit amerikanischer Eiscreme und Hamburgern und luden sie zu sportlichen Wettkämpfen ein.
In einer Zeit, in der die Würzburger sich verstärkt durch die in der DDR stationierten russischen Truppen bedroht fühlten, wuchs bei vielen die Bereitschaft, die Amerikaner nicht mehr oder nicht mehr ausschließlich als Besatzungsmacht zu sehen, sondern als Schutzmacht.
Als daher die US Army im Mai 1952 zu einem „Tag der amerikanischen Wehrmacht“ in die Leighton Barracks einlud, kamen viele, um eine Militärparade mit eben jenen Geräten zu verfolgen, die sieben Jahre zuvor die Niederlage Deutschlands besiegelt hatten, und Panzer aus der Nähe zu betrachten.
Tausende Besucher auf dem Galgenberg
Am 10. Mai 1958, einem Samstag, strömten viele Tausend Besucher auf den Galgenberg. „Auf dem weiten Gelände neben der Rollbahn standen Waffen aller Art“, schrieb die Main-Post am folgenden Montag, „Kanonen, Maschinengewehre, Panzer. Sogar eine riesige Mittelstreckenrakete vom Typ ,Corporal? starrte dort – weithin sichtbar – gen Himmel.“ Gesellschaftlicher Höhepunkt war der deutsch-amerikanische „Narzissenball“ am Abend in den Huttensälen.
Der „Tag der amerikanischen Streitkräfte“ am 21. Mai 1960 stand, fünf Jahre nach dem Beitritt der Bundesrepublik zum nordatlantischen Militärbündnis, unter dem Motto „Stärke für den Frieden, Partner unter NATO“ und die Main-Post berichtete mit großer Selbstverständlichkeit über ausgestellte Atomwaffen: „Hauptattraktionen waren die gigantische ,Atom-Anni?, ein 26-cm-Langrohrgeschütz, das die fünfeinhalb Zentner schweren Atomgranaten 28,6 Kilometer weit schießen kann, und die ,Honest John?-Rakete, die ebenfalls mit nuklearem Sprengkopf versehen werden kann.“
Strahlenmesswagen präsentiert
Dass Vorkehrungen für einen Atomkrieg getroffen wurden, zeigte sich auch beim „Tag der Streitkräfte“ am 9. Mai 1964, als der neugegründete Strahlenmesstrupp des Bayerischen Roten Kreuzes zwei Strahlenmesswagen und einen Schnelleinsatzwagen präsentierte.
Schon seit 1954 wurde alljährlich am Hubland im Rahmen der Deutsch-Amerikanischen Freundschaftswoche ein Volksfest („Klein-Kiliani“) gefeiert, das die Würzburger in Massen anzog.
Die Basis der Kontakte verbreiterte sich stetig. Deutsche Grundschüler maßen sich 1956 mit amerikanischen Kindern in der Elementary School bei einem Rechenwettkampf. Im September 1958 gab das Symphonieorchester der 7. Amerikanischen Armee in den Huttensälen ein Benefizkonzert für das neue Würzburger Theater, dessen Bau zwei Jahre später begann.
Freundschaftswoche Mai 1964
Das Programm der Freundschaftswoche vom Mai 1964 wies eine enorme Bandbreite auch jenseits militärischer Themen auf: Standkonzert im Hofgarten und weitere Konzerte, Gottesdienste in der „Chapel“, der amerikanischen Kirche am Hubland, Bridge-Turnier und Wettkegeln, Schach-, Tennis- und Tischtennis-Wettkämpfe, ein Fußballspiel auf dem „Dickman Field“ hinter der High School, Empfänge und Wohltätigkeitsveranstaltungen sowie Staffellauf rund um Würzburg.
Welchen Stellenwert die Freundschaftswoche in der Bevölkerung damals genoss, zeigt die Eröffnung 1966, zu der gut 3000 Neugierige in den Veitshöchheimer Hofgarten strömten. 1969 war Schluss mit dem Herumklettern auf Panzern und Raketen. Aus der Zurschaustellung militärischer Macht war ein reines Volksfest geworden.
Bis zum Jahr 2006 wurde auf dem Galgenberg mit Fahrgeschäften, Eis und Hamburgern gefeiert, mit Ausnahme des Jahres 1986, als die Amerikaner nach einem Angriff auf Libyen Vergeltungsmaßnahmen fürchteten und der Jahre 2002 bis 2005 nach dem Terroranschlag des 11. September 2001 und dem ersten Golfkrieg.
Zufahrt zu Leighton Barracks blockiert
Zu Beginn der Achtziger Jahre gab es, wie schon während des Vietnamkriegs, in Teilen der Würzburger Bevölkerung starke Vorbehalte gegen das amerikanische Militär. Am 11. Dezember 1982 blockierten einige Dutzend Angehörige der Gruppierung „Frieden schaffen ohne Waffen“ eine Stunde lang die Zufahrt zu den Leighton Barracks.
Aus Protest gegen den NATO-Doppelbeschluss, der die Stationierung weiterer Atomraketen in Deutschland vorsah, hatten sie sich aneinander und an ein Verkehrsschild gekettet. Die Bereitschaftspolizei musste sie mit Bolzenschneidern trennen; die Demonstranten wurden vorläufig festgenommen und später wegen Nötigung zu Geldstrafen verurteilt.
Potenzielle Opfer eines Atomkriegs
Bei der Eröffnung des deutsch-amerikanischen Volksfestes des Jahres 1984 überreichten die Grünen-Stadträte Bärbel Benkert und Ludger Beckmann dem kommandierenden General der 3. US-Infanteriedivision eine Namensliste aller Würzburger Einwohner, um ihm die Zahl der potenziellen Opfer bewusst zu machen, die ein Einsatz seiner Truppen im Rahmen eines Atomkriegs fordern könnte.
Positiv gesehen wurden die Amerikaner meist von jenen Würzburgern, die bei ihnen eine Stelle gefunden hatten. Die Zahlen variierten im Lauf der Jahrzehnte, waren jedoch bis zum beginnenden Abzug hoch.
Im Jahr 1974 waren 1587 Zivilisten in Würzburg in 120 Berufen bei der Army beschäftigt, darunter viele Deutsche. Die amerikanischen Streitkräfte zählten damals zu den zehn größten Arbeitgebern der Stadt.
Im August 1980 wurden allein 2,3 Millionen Mark an Gehältern ausgezahlt; das Geld stammte aus dem Verteidigungsetat der Vereinigten Staaten, wie Vertreter des US-Personalamts immer wieder betonten.
Buch: "Würzburgs neuer Stadtteil Hubland"
So gaben die in Würzburg stationierten Soldaten, ihre Familienangehörigen und das Verwaltungspersonal auch wichtige Impulse für den Konsum in der Domstadt. Die Militärgemeinde Würzburg zählte im Jahr 1984 4366 Militärpersonen, 2454 Familienmitglieder, 757 US-Zivilangestellte und 1150 deutsche Zivilangestellte, die meist in Würzburg oder der Umgebung wohnten und ihr Geld in der Stadt ausgaben.
Etwa ein Drittel der 1987 in Würzburg lebenden 10 000 Amerikaner war in den Leighton Barracks und in den ab 1951 errichteten Wohnblocks des „Skyline Hill“ untergebracht.
Die Geschichte des Galgenbergs erzählt Roland Flade in seinem Buch „Würzburgs neuer Stadtteil Hubland“. Auf die Vergangenheit des Areals wird während der Landesgartenschau 2018 mit Informations-Stelen und einer Ausstellung hingewiesen.