In Grüppchen stehen die Zuschauerinnern und Zuschauer an diesem Donnerstagmorgen im Würzburger Justizzentrum im Foyer. Rund 20 Personen warten dort, grüßen sich und beäugen sich teils misstrauisch. Man kennt sich in Greußenheim. Und auf diesen Tag haben viele Leute in der kleinen Würzburger Landkreisgemeinde gewartet.
Viele der Anwesenden sind Eltern, deren Kinder in Greußenheim in die Kita gehen. In der Einrichtung sollen einige der Kinder misshandelt worden sein. Die beschuldigte 30-jährige Erzieherin streitet die Vorwürfe ab. Eine 37-jährige Vorgesetzte hatte mutmaßliche Vorfälle beobachtet, jedoch lange verschwiegen.
An diesem Donnerstag nun sollen betroffene Eltern vor dem Landgericht aussagen. Nicht jeder im Ort findet die öffentliche Aufarbeitung gut.

"Man sollte mal für die Erzieherin schreiben", grummelt ein Mann. Aus seiner Sicht ist die Angelegenheit schnell erklärt: "Es war Corona und sie war überlastet." Die laut Anklage vorsätzliche Misshandlung von Kindern habe es nie gegeben.
Kita Greußenheim: Mütter machen sich Vorwürfe und sagen unter Tränen aus
Auch die 30-jährige Angeklagte selbst hatte mit Überforderung argumentiert und Gewalt abgestritten. Von ihrer geständigen ehemaligen Kollegin werde sie nur wegen verletzter Gefühle belastet. "Die hat wohl die Hosen voll", pöbelt der Mann aus Greußenheim, als die 37-Jährige in das Justizgebäude kommt.
Dass die Vorfälle wohl doch schwerwiegender waren, wird in der Verhandlung deutlich. Eine Mutter schildert, wie ihr Sohn panische Angst vor der Kita entwickelt habe. Wiederholt habe er die 30-jährige Erzieherin als Grund genannt. Er habe heute noch Probleme, in dunklen Räumen zu schlafen.
Den Aussagen der früheren Vorgesetzten zufolge hatte die Beschuldigte den Jungen zur Strafe in einen dunklen Raum gesperrt und ihn schmerzhaft auf den Boden "geknallt". Ähnlich habe die 30-Jährige andere Kinder behandelt. "Er hat richtig geweint. So war das täglich über Monate", sagt die Mutter. Als sie im Zeugenstand berichtet, wie sie vergeblich versuchte, die Hintergründe herauszufinden, kommen ihr die Tränen.
Zeugin: Von der Kita-Leiterin damals hingehalten
Auch eine zweite Mutter unterbricht ihre Aussage mehrfach unter Tränen. Ihr Kind habe ähnliche Auffälligkeiten gezeigt und den Namen der 30-Jährigen genannt. Als sie versucht habe, Hintergründe zu erfahren, habe sie sich von der Kita-Leitung hingehalten gefühlt. Nun mache sie sich Vorwürfe, weil sie nicht früher eingeschritten sei.

Von Selbstvorwürfen spricht auch eine dritte Mutter. Ihr Kind soll bis zum Erbrechen gefüttert worden sein. "Ich hätte mehr sehen müssen", sagt sie.
Soweit es im Rückblick noch möglich ist, geben die Mütter, für die mutmaßlichen Vorfälle das Jahr 2021 an. Damit bestätigen sie die Angaben in der Anklageschrift, die von Verteidiger Hanjo Schrepfer zuletzt infrage gestellt worden waren: Er vertritt die 30-jährige Erzieherin. Die Hauptbelastungszeugin hatte angeklagte Vorfälle in der vergangenen Sitzung teils überraschend ins Jahr 2022 verortet. Ihr Anwalt Norman Jacob hatte das mit der teils unstabilen psychischen Verfassung seiner Mandantin erklärt.
Kita-Mitarbeiterin bestätigt Anklage der Staatsanwaltschaft Würzburg
Auch die Aussage einer Zeugin, die in der Kita beschäftigt ist, stärkt die Anklage. Sie habe beobachtet, wie die Hauptbeschuldigte Kinder hochgehoben und schmerzhaft auf den Boden habe fallen lassen, sagt sie an diesem Donnerstag. Bei ihren Versuchen, ihre Beobachtung der damaligen Kita-Leiterin mitzuteilen, habe sie sich nicht ernst genommen gefühlt. Der damaligen Leiterin wurde inzwischen gekündigt. "Sie wollte uns einschüchtern", sagt die Mitarbeiterin.
Sie hatte im Jahr 2022 dazu beigetragen hatte, die mutmaßlichen Vorfälle öffentlich zu machen. Von der 37-Jährigen, die sich wegen ihrer sehr zögerlichen Kommunikation vor Gericht verantworten muss, habe sie sich "im Stich gelassen" gefühlt.

Das Verfahren vor dem Landgericht Würzburg wird an diesem Freitag, 9 Uhr, fortgeführt. Laut Richter Thomas Schuster sind weitere Zeugenvernehmungen sowie die Verlesung eines Gutachtens zur Schuldfähigkeit der beiden angeklagten Frauen geplant.