Schwül-heiß war es am Samstag, 30. Juni. Am Abend, fegte ein Sturm mit Hagel über die Stadt hinweg. Seitdem haben viele Würzburger Autos viele kleine Beulen.
„Ich habe den Hagelschaden an meinem Wagen erst gar nicht bemerkt“, erzählt Peter K. aus Versbach. Erst als er seinen Kombi gewaschen hatte, sah er die Dellen auf Dach und Motorhaube – und meldete den Schaden seiner Versicherung.
Das taten Hunderte andere Würzburger auch. Allein bei der HUK-Coburg, einer der größten deutschen Autoversicherungen, gingen nach dem Hagelsturm bislang rund 2000 Schadensmeldungen aus dem Würzburger Raum ein. „Und es werden immer noch Schäden nachgemeldet“, sagt Pressesprecherin Karin Benning. Offensichtlich geht es auch anderen Autobesitzern so wie Peter K.: Sie entdecken die Beulen in ihren Wagen erst bei genauem Hinsehen.
Um die Schäden schnell abwickeln zu können, haben die Versicherungen „Sammelbesichtigungen“ im Stadtgebiet organisiert. Die Kunden werden mit ihren sauber gewaschenen Autos und dem Fahrzeugschein zu bestimmten Adressen gebeten, wo Sachverständige im 30-Minuten-Takt die Schäden dokumentieren. Die ersten Besichtigungen fanden bereits in der Woche nach dem Hagelsturm statt, manche Autobesitzer haben erst im September einen Termin.
Auf dem ehemaligen Opel-Gelände in der Frankfurter Straße begutachten Rainer Preuninger und seine Kollegen Autos am laufenden Band. Seit dem 2. Juli stehen in und vor einer riesigen Halle blau-weiße Pavillons, jeder ist mit dem Namen einer Versicherung versehen; die Kfz–Sachverständigen sind für verschiedene Gesellschaften tätig. „16 bis 20 von Hagel betroffene Autos pro Tag“ besichtigten seine Mitarbeiter hier derzeit, sagt Joachim Koch, Geschäftsführer der Kfz-Sachverständigen GmbH car-expert. Insgesamt müsse sein Unternehmen 1800 Autos aus dem Raum Würzburg begutachten.
„Der hat nicht so viel abbekommen“, sagt die Besitzerin eines schwarzen Geländewagens zu Preuninger. „Ein paar Dellen in der Motorhaube, ein paar auf dem Dach. Der Rest ist in Ordnung.“ Der Sachverständige holt den „Dellenspiegel“, ein großes, kreisrundes, schwarz-weiß-gestreiftes Teil. „Durch das Verschieben der Streifen auf dem Dellenspiegel werden alle Beulen sichtbar“, sagt er. Mit Hilfe des Werkzeugs begutachtet der Sachverständige den ganzen Wagen.
Am Ende hat Preuninger 184 Beulen, alle zwischen 10 und 30 Millimetern groß, gezählt. Die Kundin staunt. Auch an den Kotflügeln, der Hecktür und den Seitenwänden hat der Sachverständige kleine Hageldellen gefunden. Allein auf der Motorhaube sind es 93. „Da lohnt sich eine Reparatur nicht“, sagt er zu der Autobesitzerin, „da kommt eine neue Haube billiger.“
Die Gutachten werden direkt vor Ort ausgedruckt, die Kunden können sie sofort mitnehmen. Für den schwarzen Geländewagen beläuft sich die Hagelschaden-Kalkulation auf 2164,26 Euro. Hagelschäden an Autos sind durch die Kaskoversicherung abgedeckt. In der Regel muss sich der Autobesitzer mit 150 Euro an der Reparatur beteiligen, seinen Schadenfreiheitsrabatt verliert er nicht.
Laut Preuninger eignet sich für die meisten betroffenen Autos eine „sanfte Instandsetzung“. Mit speziellen Drück- und Hebeltechniken beseitigen „Beulendoktoren“ die kleinen Dellen aus dem Blech, ohne dass eine neue Lackierung nötig wird. Einer von ihnen ist der Belgier Ronny Geraerts, der für die Firma Douteil arbeitet. Er hat seine Instrumente gleich neben den Pavillons der Versicherungen aufgebaut – und entfernt die Hageldellen, die Preuninger und seine Kollegen kurz zuvor festgestellt haben.
Für die Kunden, die mit ihren frisch reparierten Autos den Hof verlassen, hat Geschäftsführer Koch noch eine erstaunliche Information. Die Versicherungsgesellschaften hätten festgestellt, dass „80 Prozent der Hagelschäden an Freitagen und Samstagen eintreten“. Bei entsprechender Wetterlage empfiehlt es sich also, Autos an diesen Tagen in der Garage zu lassen.