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Würzburg: Hartnäckigkeit zahlt sich aus: Rentner aus Unterfranken holt vor Gericht seine Rentenpunkte zurück

Würzburg

Hartnäckigkeit zahlt sich aus: Rentner aus Unterfranken holt vor Gericht seine Rentenpunkte zurück

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    Was passiert mit den während der Ehe erworbenen Rentenpunkten, wenn einer der Partner nach der Scheidung stirbt? Es kann sich im Einzelfall lohnen, mögliche  Ansprüche prüfen zu lassen. 
    Was passiert mit den während der Ehe erworbenen Rentenpunkten, wenn einer der Partner nach der Scheidung stirbt? Es kann sich im Einzelfall lohnen, mögliche  Ansprüche prüfen zu lassen.  Foto: Benjamin Brückner

    Heiraten ist einfach, eine Scheidung kann kompliziert werden. Da geht es auch um die Aufteilung des Vermögens, die Berechnung des Unterhalts oder den Versorgungsausgleich, bei dem der Partner, der während der Ehe mehr verdient hat, Rentenpunkte abgeben muss. Doch was passiert mit diesen Rentenanteilen, wenn der frühere Partner nach der Trennung stirbt? Kann man seine erworbenen Rentenpunkte dann wieder zurückholen?

    Ja, man kann. Das zeigt der Fall eines 87-jährigen Würzburgers, der vor Gericht die Rentenanteile seiner geschiedenen Frau einklagte, damit erfolgreich war - und die Punkte zurückerhalten hat.

    Fast drei Jahrzehnte lang, von 1958 bis 1986, war der Würzburger verheiratet. Als Schriftsetzer verdiente er ein gutes Gehalt, seine Frau führte den Haushalt und arbeitete später als Hilfskraft. Die Ehe endete 1986 vor dem Scheidungsrichter. Der Schriftsetzer musste beim Versorgungsausgleich seine Rentenansprüche mit seiner Ex-Frau teilen.

    Was der Versorgungsausgleich ist und wer über die Aufteilung der Versorgungsrechte entscheidet

    Nach einer Scheidung regelt der Versorgungsausgleich die Aufteilung der Renten- und Pensionsansprüche, die während der Ehezeit erworben wurden. Vor dem Familiengericht sie  gleichmäßig auf das Paar aufgeteilt. Wenn der Mann in der Ehe mehr verdient als seine Frau, bedeutet das: Einen Teil seiner Rentenansprüche muss er an sie abgeben. Dies betrifft sowohl die gesetzliche Rente als auch betriebliche Altersversorgung, private Zusatzrentenversicherungen, Beamtenpensionen oder berufsständische Versorgungen.

    Im März 2015 starb die geschiedene Frau des Würzburgers, die zu diesem Zeitpunkt bereits seit etwa 19 Jahren Rente bezogen hatte. Auch er selbst war zu dieser Zeit bereits Rentner. Als der heute 87-Jährige 2019 von einer Rückholung von Rentenpunkten in einem Zeitungsartikel las, wandte er sich an einen Anwalt für Familienrecht. Die Frage: Wäre es möglich, seine Rentenanwartschaften zurückzuerhalten?

    Wann ein Rückausgleich nach dem Tod des Partners möglich ist

    Stirbt ein Partner nach der Scheidung, bleibt es bei dem durchgeführten Versorgungsausgleich, erläutert Julia Ernst, Sozialrechtsexpertin beim Sozialverband VdK in Würzburg. Es gebe grundsätzlich keinen "Rückausgleich".

    Allerdings gibt es eine Ausnahme: "Wenn die ausgleichsberechtigte Person verstirbt und für nicht mehr als 36 Monate eine Rente bezogen hat, kann der Versorgungsausgleich ausgesetzt werden", sagt Ernst. Eine solche Rückübertragung der Entgeltpunkte erfolge aber nicht automatisch. Sie muss beim Rentenversicherungsträger beantragt werden. 

    Mehr als 36 Monate in Rente: Wer Rentenanteile doch zurückholen kann

    Hatte der verstorbene Ex-Partner bereits länger als 36 Monate Rente erhalten, reicht ein einfacher Antrag bei der Rentenversicherung nicht aus, um Rentenpunkte zurückzuholen. Betroffene müssten dann den Weg zum Familiengericht gehen, erklärt Rentenberater Rudi F. Werling. Er ist mit seiner Pforzheimer Kanzlei bundesweit auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs tätig.

    "Um die volle Altersrente nach dem Tod des Ex-Partners zurückzuerhalten, ist es wichtig, den Einzelfall individuell zu prüfen", sagt Werling. Dazu benötige man die alten Unterlagen aus dem früheren Scheidungsverfahren. Bestimmte Faktoren würden gute Erfolgsaussichten bieten: "Zum Beispiel, wenn die Ehe zwischen 1977 und 2010 geschieden wurde und der Versorgungsausgleich auf dem bis 31. August 2009 geltenden Recht beruht." Weitere Voraussetzung sei, dass es zwischenzeitlich wesentliche Wertänderungen im Rentenrecht gegeben hat.

    "Das ist meist der Fall, wenn während der Ehe vor 1992 Kinder geboren wurden oder Beamtinnen und Beamte nach der Scheidung eine Kürzung ihres Ruhegehaltssatzes erfahren haben", erklärt der Rentenberater. Auch wenn bei der Scheidung eine Betriebsrente oder berufsständische Versorgung geteilt wurde, müsse genauer geprüft werden.

    Wie es zu Wertänderungen kommt und was man tun sollte

    Der Versorgungsausgleich basiert auf dem zum Zeitpunkt der Scheidung geltenden Recht. Statistisch gesehen werden Ehen in der Regel nach etwa 15 Jahren geschieden, bis zum Rentenbeginn können dann noch Jahre oder sogar Jahrzehnte vergehen. In dieser Zeitspanne kann viel geschehen: beispielsweise Änderungen in den Berechnungsvorschriften oder unvorhergesehene Lebensereignisse wie Krankheit oder vorzeitige Dienstunfähigkeit.

    Deshalb sei es wichtig, den Versorgungsausgleich nicht nur zum Zeitpunkt der Scheidung, sondern auch nach dem Tod eines Partners von einem Experten prüfen zu lassen. "Von einem ablehnenden Bescheid der Rentenversicherung sollte sich niemand abschrecken lassen", rät Rudi F. Werling. Er unterstützt bundesweit Betroffene, die bei den Familiengerichten ihren Versorgungsausgleich neu berechnen lassen.

    Klage erfolgreich: 600 Euro mehr Rente

    Dass der Gang vors Gericht nicht aussichtslos ist, zeigt der Fall des Seniors aus Würzburg. "Eine Rückholung der Rentenpunkte lohnt sich fast in jedem Fall, denn Rentenpunkte aus damaligen Jahren sind heute eine schöne Summe in Euro", sagt der 87-Jährige. Er und sein Anwalt hatten Erfolg mit der Klage vor dem Familiengericht in Würzburg. Als Ergebnis stieg seine Rente um etwa 600 Euro monatlich.

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