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WÜRZBURG: Heißer Tipp: „Spiegel überm Klo“

WÜRZBURG

Heißer Tipp: „Spiegel überm Klo“

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    Für Heidrun Mergler unfassbar: An der Wand, an der bisher das Küchenbuffet stand, wurde eine 1,80 Meter hohe Heizung installiert: im Eck zwischen Schrank und Vorhang.
    Für Heidrun Mergler unfassbar: An der Wand, an der bisher das Küchenbuffet stand, wurde eine 1,80 Meter hohe Heizung installiert: im Eck zwischen Schrank und Vorhang. Foto: Foto: THERESA MÜLLER

    Eine alte Frau kommt nicht mehr alleine in ihrer Wohnung zurecht. Mutter und Tochter beklagen die Umbau- und Wärmeschutzmaßnahmen der vergangenen Monate. Die hätten Gewohntes zerstört, brachten Ärger und eine Mieterhöhung. Noch immer läuft die Renovierung in dem Innenstadthaus in der Domerschulstraße.

    Die kleine Wohnung ist eng. Wohnzimmer und Mini-Küche sind fast eines, getrennt nur durch eine schmale Wand mit großem Durchgang. Schlafzimmer, Flur, Balkon: Auf diesen 54 Quadratmetern, die früher für eine ganze Familie reichen mussten, lebt heute noch die 81-jährige Mutter von Heidrun Mergler. Seit über 50 Jahren.

    In den vergangenen Monaten musste die alte Frau viel Bautätigkeiten hinnehmen. Weil Dreck und Staub, das Verlegen neuer Heizrohre und der Umbau des Bades nicht mehr zumutbar waren, nahm zwischendurch die Tochter ihre Mutter bei sich auf, sechs Wochen lang, bis das Gröbste überstanden war. Die alte Dame ist schwerhörig. Deshalb kümmert sich Tochter Heidrun nach wie vor um sie.

    Heidrun Mergler macht das Vorgehen der Bauleute manchmal fassungslos. Im Wohnzimmer zum Beispiel wurde der neue Heizkörper nicht mehr unter dem Fenster, sondern in einer Nische hinter dem Küchenbuffet angebracht. Wegen der sehr kleinen Küche steht das Küchenbuffet ohnehin ums Eck im Wohnzimmer. Bisher befand es sich dort an der Außenwand. Doch hier ist nun die neue, 1,80 Meter hohe Heizung installiert. Deshalb musste dieser Küchenschrank einige Zentimeter verschoben werden und ragt nun in den Küchendurchgang hinein.

    Auf ihr Veto erhielt Mergler von den Bauleuten den Vorschlag, sie möge doch den Schrank anderswo hin stellen. Das wäre für die alte Frau schwierig. Sie müsste jeweils Brotkasten, Toaster, Wasserflaschen und Geschirr durch die Wohnung tragen. Was für einen jungen Menschen ein Klacks wäre, wäre für die alte Frau eine tägliche Schinderei.

    Der Wohnzimmervorhang hängt noch wie früher an seiner Schiene über Balkontür und Fenster. Er ist somit genau vor die neue Heizung gequetscht, sodass der Heizkörper im Winter Schrank und Vorhang erwärmt, die Wohnung jedoch nur „ausgebremst“ heizt.

    Sauer ist die Tochter auch wegen der Umbauten im Bad. In der neuen Dusche „kriegt man Platzangst“, sagt sie. Außerdem wurde der bisherige Spiegelschrank entfernt. Bauleute hätten dazu geraten, das Spiegelschränkchen über der Toilette aufzuhängen, schildert Heidrun Mergler. Dann brachten die Handwerker einen großen, breiten Spiegel über dem Waschbecken an, „aber keine Ablage“, ärgert sie sich. „Die Toilette selbst wurde so niedrig angebracht, dass nun wieder ein Aufsatz aus dem Sanitätshaus verwendet werden muss“, weil die Mutter sonst nicht mehr alleine aufstehen kann. „Dabei hatten wir erst zwei Jahre vorher eine 170 Euro teuere höhere Toilette beschafft“, berichtet die Tochter.

    Im Haus wurde von Gas auf Fernwärme umgestellt. Die Merglers kauften zwangsläufig einen Herd, der mit Strom gespeist wird. Den alten Herd hätten die Bauarbeiter samt der darin befindlichen Pfannen entsorgt, so Mergler.

    Heidrun Mergler übt noch weitere Kritik, „ich kann gar nicht alles aufzählen“, so überfahren fühlt sie sich. Sie vermutet, „dass ein Auszug meiner Mutter ohne weiteres in Kauf genommen wird, wenn sie dort nicht mehr zurecht kommt und sich nicht mehr zu Hause fühlt.“ Ausgerechnet ein kirchlicher Träger, setzt Mergler noch eins drauf, ist für ein solches Vorgehen verantwortlich.

    Architekt Johannes Zull vom Bau ausführenden Bruno Werk erläutert die Sanierung. Die Außenwand wurde gedämmt, neue Fenster eingesetzt. 25 Wohnungen würden in dem Haus renoviert, „alle erhielten neue Leitungen. Alle bekamen neue Heizkörper.“ Bei unterschiedlichem Grundriss der Appartements habe man in einigen die Heizung wieder unterm Wohnzimmerfenster anbringen können. In der Mergler'schen Wohnung hätten die Arbeiter aber den Estrich aufbohren müssen, um die Rohre unter dem Niveau der Balkontür zu verlegen. „Wir haben die Leute 'eh schon geplagt“, sagt er, „wir wollten ihnen nicht noch mehr Dreck und Bohrarbeiten zumuten“. Er sagt aber ganz klar: „Das sind keine behindertengerechten Wohnungen“.

    „In der neuen Dusche kriegt man Platzangst!“

    Heidrun Mergler zum Umbau im Haus ihrer Mutter

    In der Wand über dem Waschbecken liegt jetzt - neu - „die Wasserstation und dahinter der Zähler“. Der neue Spiegel sei so aufgehängt, dass er sich „notfalls abnehmen lässt“. Das wäre, so Zull, bei dem zuvor angebrachten Spiegelkästchen nicht möglich gewesen.

    Die neuen WC's wurden schon relativ hoch gesetzt, erklärt der Architekt. Doch „es ist eine Mietwohnung. Der nächste Mieter könnte ein Kind haben“. Eine Toilette sollte dann auch für den Nachwuchs zu erklimmen sein. Selbst über die Briefkastenanlage, die jetzt nach außen verlegt wurde, seien Beschwerden aus dem Haus gekommen, man könne morgens nicht mehr im Schlafanzug die Zeitung holen...

    Die Miete werde um 1,20 Euro pro Quadratmeter erhöht, bestätigt Christine Hehn (Bruno-Werk). Die Obergrenze liege bei 6,50 Euro. Der ganze Umbau, so Architekt Zull, koste 1,5 Millionen Euro.

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